Dieses Archivbild vom 10. Februar 1994 zeigt eine Luftaufnahme des damaligen französischen Flugzeugträgers "Foch", der von dem Versorger "Meuse" in der Adria begleitet wird.
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Das Archivbild vom 10. Februar 1994 zeigt den französischen Flugzeugträger "Foch". Später wurde er von Brasilien gekauft und "São Paulo" genannt.

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Geisterschiff vor Brasilien versenkt - Umweltschützer entsetzt

Brasiliens Marine hat ein seit Monaten umherirrendes und mit giftigen Asbestplatten ausgestattetes Geisterschiff in brasilianischen Gewässern versenkt. Umweltschützer befürchten unabsehbare Schäden für Meer und Küstengemeinde.

Trotz anhaltender Proteste von Umweltschutzorganisationen ist in Brasilien ein höchst maroder früherer Flugzeugträger im Atlantik versenkt worden. "Die brasilianische Marine ging mit der erforderlichen technischen Kompetenz und Sicherheit vor", hieß es in einer Mitteilung der Marine. Das sechs Jahrzehnte alte Kriegsschiff sei am Freitagnachmittag (Ortszeit) etwa 350 Kilometer vor der Küste des Landes "kontrolliert" versenkt worden.

Ausgemusterter Flugzeugträger versenkt

Demnach sollten damit logistische, operative, ökologische und wirtschaftliche Verluste für den brasilianischen Staat vermieden werden. Der ausgemusterte Flugzeugträger "São Paulo" war in ein Gebiet 350 Kilometer vor der brasilianischen Küste gebracht worden, das rechtlich noch zu Brasilien gehört. Dort ist das Meer rund 5.000 Meter tief. Umweltschutzorganisationen sprachen von der Gefahr "unermesslicher Schäden" für Ökosysteme im Meer und Bewohner von Küstenregionen.

Schiff trieb seit mehreren Monaten auf dem Meer

Das frühere Kriegsschiff war vor der Versenkung monatelang im Atlantik herumgeirrt. Die Ankündigung Brasiliens, es zu versenken, hatte zu heftigen Protesten geführt. Aus dem Verteidigungsministerium in Brasília hieß es, für die Versenkung sei die "sicherste Gegend" gewählt worden. Umweltorganisationen sprachen hingegen von einem "Umweltvergehen". Robin Wood bezeichnete den ehemaligen Flugzeugträger "São Paulo" als "30.000 Tonnen schweres Giftpaket".

Auch die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft hatte eine Vielzahl von Gerichtsverfahren angestrengt, um die Versenkung noch zu verhindern. Noch in dieser Woche hatte die Behörde erklärt, der Flugzeugträger enthalte derzeit 9,6 Tonnen Asbest sowie "644 Tonnen Tinte und andere gefährliche Materialien". Die Nichtregierungsorganisation Basel Action Network hatte den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva aufgefordert, die "gefährliche" Versenkung sofort zu stoppen. Lula hatte vor seinem Amtsantritt Anfang Januar eine umweltpolitische Kehrtwende im Vergleich zu seinem rechtsradikalen Vorgänger Jair Bolsonaro versprochen.

Umweltschützer: Versenkung bricht drei internationale Verträge

Nach der Versenkung veröffentlichten das Basel Action Network und die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Sea Shepherd eine gemeinsame Erklärung, in der sie Brasilien vorwarfen, durch die Versenkung "drei internationale Verträge" verletzt und der Meeresumwelt sowie Küstenbewohnern "unermesslichen" Schaden zugefügt zu haben. Es hätte "umweltpolitisch verantwortungsvolle" Alternativen zur Versenkung gegeben, erklärte Leandro Ramos, Programmdirektor von Greenpeace Brasilien. Doch erneut sei der Schutz der Ozeane vernachlässigt worden.

Das Schiff stand unter dem Namen "Foch" 37 Jahre lang in den Diensten der französischen Marine. Im Jahr 2000 wurde es von Brasilien gekauft und in "São Paulo" umbenannt. Das Schiff bereitete bald Probleme, seine Modernisierung wäre jedoch zu teuer gewesen - zumal ein Brand im Jahr 2005 seinen Zustand weiter verschlechterte. Brasilien beschloss, das Schiff loszuwerden. Das türkische Unternehmen "Sök" hatte es 2021 ersteigert. Doch als sich das 265 Meter lange Schiff aus Rio de Janeiro kommend dem Mittelmeer näherte, widerrief die Türkei die Erlaubnis zum Anlegen. Es wurde zurück nach Brasilien gebracht, wo ihm das Anlegen wegen des Umweltrisikos ebenfalls untersagt wurde.

Brasilien: Besser gezielt versenken als ungeplant kentern lassen

Die brasilianischen Behörden argumentierten, es sei besser, das Schiff gezielt zu versenken, als ein ungeplantes Kentern zu riskieren. Der Marine zufolge seien dabei "die Sicherheit der Schifffahrt und der Umwelt" sowie die "Abmilderung der Folgen für öffentliche Gesundheit, Fischerei und Ökosysteme" berücksichtigt worden.

Ein Gericht hatte kurz vor der Versenkung dem Nachrichtenportal G1 zufolge noch einen Eilantrag gegen das Vorhaben mit der Begründung abgelehnt, ein ungeplantes Kentern könnte die Umwelt noch stärker belasten oder die Besatzung gefährden. Der Richter nannte die Situation demnach "tragisch und bedauerlich".

Mit Informationen von dpa und AFP.

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