Bei einer "Querdenken"-Demo hält eine Teilnehmerin eine gebastelte Toilettenpapierrolle mit der Aufschrift "Grundgesetz" (Archivbild 21.11.20)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Hauke-Christian Dittrich

Bei einer "Querdenken"-Demo hält eine Teilnehmerin eine gebastelte Toilettenpapierrolle mit der Aufschrift "Grundgesetz" (Archivbild 21.11.20)

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Gegner der Corona-Politik gründen Parteien

Die Proteste gegen die Corona-Politik sind politisch nicht auf einen Nenner zu bringen. Aus der Bewegung sind die Parteien "Die Basis" und "Wir2020" entstanden. Wer ist das? Und was wollen sie? Der #Faktenfuchs ist den Fragen nachgegangen.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Demos gegen Corona-Maßnahmen, Protestaktionen von Geschäftsleuten oder die #allesdichtmachen-Kampagne mit Videoclips von Schauspielerinnen und Schauspielern: Über Kritik und Protest gegen die Corona-Politik haben Medien vielfach berichtet. "Querdenker" ist zum Schlagwort und Sammelbegriff geworden. Die Bewegung ist sehr vielschichtig und reicht politisch von links bis rechtsextrem. Weil etliche Akteure politisch nicht zuzuordnen sind, hat der Verfassungsschutz eine neue Kategorie geschaffen, die "verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates".

In dieser Gemengelage haben sich zwei Parteien herausgebildet, die dieses Jahr auch für den Bundestag kandidieren: die "Basisdemokratische Partei Deutschland", kurz "Die Basis", und "Wir2020". Wir schauen uns an, wer diese Parteien sind und was sie wollen. Und wir blicken auf ihre Herkunft aus der Protestbewegung, über die in der Corona-Zeit viel berichtet worden ist und die in Teilen extremistische Tendenzen hat.

Um was für Parteien geht es?

Bei "Die Basis" und "Wir2020" handelt es sich um zwei Kleinstparteien [siehe auch unten das Update vom 10.07.2021] in der deutschen Parteienlandschaft. Insgesamt gibt es derzeit 116 Parteien in Deutschland. "Die Basis" ist die größere der zwei Protestparteien und wie Paul Zschocke von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) sagt, im Aufbau von Strukturen und der Professionalisierung ein Stück weiter als die andere. Nach Angaben des "Basis"-Pressesprechers, David Claudio Siber, hat die im Juli 2020 gegründete Partei bisher 25.000 Mitglieder (Stand 23.06.2021). "Wir2020" haben sich 4.600 Mitglieder (12.06.2021) angeschlossen.

Beide Protestparteien wollen bei der Wahl zum Bundestag antreten. Über die Zulassung entscheidet der Bundeswahlausschuss und gibt das Ergebnis am Freitag, 9. Juli, bekannt.

Update vom 10.07.2021: Bei den vom Bundeswahlausschuss zur Bundeswahl zugelassenen Parteien sind zwei "Wir2020" zugelassen. Eine davon schreibt sich mit großem "R", also "WiR2020". Das "Wir2020" mit kleinem "r" ist in der Reihenfolge des Bewerbungseingangs die letzte und im aktuell vom Bundeswahlleiter online gestellten "Verzeichnis der Parteien und politischen Vereinigungen, die gemäß § 6 Absatz 3 Parteiengesetz beim Bundeswahlleiter Parteiunterlagen hinterlegt haben" (Stand 09.06.2021) nicht enthalten. Somit sind es nun drei Parteien, die aus den Corona-Protesten hervorgegangen sind und an der Bundestagswahl teilnehmen können. Im Folgenden wird zur besseren Unterscheidbarkeit das große "R" in den Namen eingefügt. Der Stand des Artikels im Übrigen nicht geändert. Ergänzung vom 17.09.2021: "Wir2020" und "WiR2020" sind zwar zur Bundestagswahl zugelassen, nehmen aber nicht teil.

Gab es nicht schon andere Protestparteien?

Sowohl "Die Basis" mit Sitz in Berlin als auch "WiR2020" haben ihre Wurzeln in der Bewegung "Widerstand2020". "Widerstand2020" selbst zur Partei zu formen, ist nach Beobachtung von Paul Zschocke gescheitert. Es habe wohl formale Fehler gegeben. Ob 'Widerstand2020' noch existiert, hat der #Faktenfuchs bei der Mitbegründerin Victoria Hamm angefragt, aber bislang keine Antwort erhalten".

Update vom 08.07.2021: Victoria Hamm hat uns noch geantwortet. Ob 'Widerstand2020' noch existiert, könne sie nicht beantworten. Sie sei bereits drei Wochen nach Gründung wieder ausgetreten."

Der Name "Wir2020" kann zu Verwirrungen führen. Denn es gibt nicht nur das in der Liste des Bundeswahlleiters (Stand 09.06.2021) geführte "WiR2020". Diese Partei hat derzeit ihren Sitz in Bad Homburg und wird laut Parteivorsitzender Antje Bartels "nach vollzogener Umstrukturierung" in Frankfurt am Main ansässig sein. Die Webadresse ist wir2020partei.eu. Laut des WiR2020-Webseitenartikels zum Bundesparteitag vom 12.06.2021 war Manuel Köppl früher Vorstand der Partei, befindet sich mit dem jetzigen Vorstand im Streit und hat eine "Parallelpartei gleichen Namens gegründet".

Dieses parallele "Wir2020" ist mit Stand vom 9.6.21 keine eingetragene Partei, führt aber das Wort "Partei" im Logo und der Webadresse wir2020-partei.de. Aktuell (2.7.21) steht Andreas Burkhardt aus Hamburg im Impressum und ist Vorstandvorsitzender. Anfragen vom #Faktenfuchs blieben bisher unbeantwortet. Als eines der Gründungsmitglieder nennt dieses "Wir2020" den mit Corona-Desinformation in Erscheinung getretenen Arzt Bodo Schiffmann. Er fungierte, wie die Archivseite vom 1. November 2020 zeigt, früher auch als Verantwortlicher für den Webseiteninhalt von wir2020-partei.de.

Wer sind die Kandidaten?

"Die Basis" zieht mit bekannten Corona-Skeptikern in den Wahlkampf. Einige davon haben bereits die Faktencheck-Redaktionen beschäftigt. Zum Beispiel:

  • Der emeritierte Mikrobiologe Sucharit Bhakdi, der mit seiner Frau Karina Reiß für Nordrhein-Westfalen kandidiert, hielt zum Beispiel schon in einem Brief an die Bundeskanzlerin im März 2020 die Gefährlichkeit des Virus für überschätzt und die Politik für Panikmache. Seine Thesen allerdings waren oft nicht wissenschaftlich belegt - wie dieser #Faktenfuchs darlegt.
  • Der Lungenarzt und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg, der in Mecklenburg-Vorpommern kandidiert und ebenfalls von Panikmache sprach und falsche Behauptungen verbreitete - wie zum Beispiel, dass das Virus nicht neu sei und die Folgen nicht schlimmer als in jeder Grippesaison seien. Wodarg stellte später den Verdacht in den Raum, dass eine Covid-19-Impfung vielleicht unfruchtbar machen könnte, wofür es keine Belege gibt.
  • Die Immunologin und Würzburger Professorin Ulrike Kämmerer, die für Thüringen kandidiert. Kämmerer hatte – wie die Faktenchecker von Mimikama darlegen - in einem Youtube-Video zusammen mit Wodarg behauptet, dass der PCR-Test keine Infektion nachweisen könne. Doch wie dieser #Faktenfuchs ausführt, bedeutet ein positiver PCR-Test eine Infektion, auch wenn damit nicht intakte Viren festgestellt werden und die Frage, wie ansteckend jemand ist, damit nicht beantwortet wird.
  • In Berlin kandidiert die Rechtsanwältin Viviane Fischer. Im Januar 2021 hat der MDR über eine Mailaktion an Alten- und Pflegeheime berichtet, vor der das Thüringer Gesundheitsministerium warnte. Das Schreiben sei gespickt mit Halbwahrheiten und Falschaussagen zu Corona-Impfungen – verschickt von der Berliner Rechtsanwältin.

Es sei schon auffällig, dass es innerhalb der Corona-Bewegung eine starke Orientierung auf einzelne Personen gebe, findet Jan Nowak von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern. "Es sind quasi Szene-Promis entstanden." Das seien häufig Personen, die aufgrund ihres Berufs für besonders kompetent gehalten werden, die Pandemie-Lage zu beurteilen - zum Beispiel Ärzte, Anwälte, Polizisten. "Aber das sind nicht unbedingt die Personen, die - das ist mein bisheriger Eindruck - in der Partei Funktionen übernehmen", so Nowak. "Ich denke, da wird dann gehofft, mit diesen Personen Wahlkampf zu machen, wie aussichtsreich das auch immer ist." Diese Szene-Promis würden dann auf den Wahllisten weit oben stehen.

Der Bundesvorstand von "Die Basis" wird in einer Doppelspitze von Diana Osterhage, einer ehemaligen Heilpraktikerin, und Andreas Baum geführt, der nach dem Studium von Maschinenbau und Betriebswirtschaft in der Automobilindustrie arbeitete und danach einen Fernkurs zum Heilpraktiker begonnen hat.

"WiR2020" kandidiert ohne solch bekannte Gesichter und auch ohne Direktkandidaten, wie die Partei-Vorsitzende Antje Barthels sagt. Die Partei kandidiert in sechs Bundesländern, wobei sie zehn Landesverbände hat.

Aus welcher Protest-Strömung kommen die Parteigründer?

Die Strömungen innerhalb der Corona-Protestbewegung gruppiert Zschocke von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) in fünf Milieus, die sich zum Teil überschneiden:

1. Die Initiatoren der anfänglichen Proteste wie die Gruppierung "Nicht ohne uns". Diese seien dem linken Milieu der 70er- und 80er-Jahre zuzuordnen.

2. Verschwörungsgläubige, die von der amerikanischen Bewegung QAnon beeinflusst und stark antisemitisch sind.

3. Auf extrem rechter Seite Neonazis und Reichsbürger, die sich bei den Coronaprotesten neue Milieus erschließen wollen.

4. Menschen, die nur schwer links oder rechts einzuordnen sind und sich in erster Linie dadurch auszeichnen, dass sie gegen eine wissenschaftlich orientierte Medizin sind und sehr individuelle Vorstellungen von Gesundheit und der Verantwortung dem eigenen Körper gegenüber haben.

5. Sehr stark ökonomisch Orientierte, die sich zum Teil in den anderen Milieus wiederfinden. Zschocke würde von Protestbewegungs-Unternehmern sprechen. Beispiele sind Busunternehmen, die zu Demos fahren, oder Rechtsanwälte wie der Verein "Klagepaten", der sich auf juristische Auseinandersetzungen rund um die Maske über Corona-Demos bis hin zur Impfpflicht spezialisiert hat.

"Die Gründungsfiguren der Protestparteien sind eher diesem Milieu der ökonomisch Interessierten zuzuordnen", sagt Zschocke. Wenn Parteien aufgebaut werden und sich Strukturen bilden, gehe es auch um das persönliche Weiterkommen. Beide Parteien – "Die Basis" und Wir2020 – seien aus dem gescheiterten Versuch von Widerstand2020 entsprungen. "Diese Spaltung und personelle Wechsel zeigen auch, dass es viel um Posten und Pöstchen geht", so Zschocke weiter.

Geht die Protestbewegung in die Parteien über?

Jan Nowak von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern geht etwas anders heran und sieht in der ganzen Heterogenität der Protestbewegung zwei verbindende Momente: erstens "einen Chauvinismus, jede noch so kleine Verhaltens-Einschränkung zum Wohle der Gesellschaft aggressiv abzuwehren", was mit dem stark individualistisch geprägten Freiheitsbegriff einhergehe. Und zweitens ein "massives Verschwörungsdenken, das häufig strukturell antisemitisch konnotiert ist". Er sieht die aus der Protestbewegung heraus entstandenen Parteien grundsätzlich als Fortführung des Protests auf der Straße und in den sozialen Netzen.

"Auffällig ist tatsächlich", so Nowak, "dass diese Häutung, diese Transformation hin zur Partei schon dazu geführt hat, dass die Parteien jetzt teilweise unkritischer rezipiert werden in der Öffentlichkeit." In lokaler Berichterstattung über die Gründung von Ortsverbänden habe er bemerkt, dass die Kontinuität von der Protestbewegung hin zur Partei häufig mit keinem Wort erwähnt werde.

Die Parteianhänger und die nach rechts offene Protestbewegung

In der Studie "Politische Soziologie der Corona-Proteste", geleitet von Oliver Nachtwey an der Uni Basel, wird die Protestbewegung als "nach rechts offen" beschrieben. Bezogen auf Querdenkerinnen und Querdenker heißt es, dass der Nationalsozialismus seltener verharmlost werde als in der Gesamtbevölkerung. Viele seien "neu-politisiert" und entsprächen in ihrer Grundeinstellung nicht dem Bild einer rechten Bewegung. "Allerdings handelt es sich klar um eine Bewegung, die nach rechts offen ist und über ein beträchtliches immanentes Radikalisierungspotenzial verfügt", wie auf Seite 54 der Grundauswertung vom 17.12.2020 zu lesen ist.

Nowak sieht eine Kontinuität von der Protestbewegung hin zu den Parteien – auch wenn es natürlich keine Eins-zu-eins-Abbildung des personellen Spektrums gäbe. Das liege zum Beispiel daran, dass die AfD an vielen Orten integraler Bestandteil dieser Protestbewegung gewesen sei und deren Anhängerinnen und Anhänger seiner Einschätzung nach in den allermeisten Fällen der Partei treu bleiben und nicht wechseln. "Gleichwohl gibt es auch innerhalb der Partei 'Die Basis' zum Beispiel Personen aus der rechten und extremen Rechten, die dort versuchen, ihre Themen stark zu machen – was in der Protestbewegung auch schon gut geklappt hat", sagt Nowak und legt den Fokus noch auf eine andere Gruppe.

Auffällig sei eine starke Häufung von Anhängerinnen und Anhängern der Alternativmedizin, der Naturheilkunde und Homöopathie. Viele Impfgegner, Ernährungsberater und Life-Coaches würden sich innerhalb dieser neu gegründeten Parteien die Klinke in die Hand geben. "Es ist ein großes, irrationales Potenzial, das sich dort sammelt", sagt Nowak, "in den Wurzeln häufig esoterisch und eben dann in der Verlängerung auch antiaufklärerisch bis reaktionär." Wenn man sich die Geschichte der esoterischen Bewegung zumal in Deutschland anschaue, seien Überschneidungen zur völkischen Bewegung von Anfang an zu beobachten gewesen.

Wie beziehen die Parteien Stellung zu Extremismus?

Frank Roedel, stellvertretender Vorsitzender des bayerischen Landesverbands der "Basis", betont, dass die "Basis" sich ideologiefrei und extremismusfrei aufstelle. "Das finden Sie übrigens auch in unserer Satzung, dass wir jede Form von Extremismus ablehnen", so Roedel. "Wir vertrauen darauf, dass wenn eine gewisse Masse erreicht ist, sich tatsächlich der Schwerpunkt immer in der Mitte der politischen Landschaft bewegen wird."

"Die Basis" selbst verortet ihre Mitglieder politisch als links-Mitte. Angaben, die mit den Mitgliedsanträgen erhoben werden, ergeben laut dem Partei-Sprecher Siber folgendes Bild: "Nach politischen Vorerfahrungen haben wir einen sehr großen Anteil 'Piraten' und einen guten Anteil 'Die Partei'. Dann haben wir extrem viele Grüne, sehr viele von der SPD, sehr viele von 'Die Linke', einige CDU, so gut wie gar niemanden von der AfD und Menschen, die grundsätzlich noch nicht in politischen Parteien aktiv waren." Siber selbst war vorher bei den Grünen in Flensburg, wurde aber 2020 nach einer Rede bei einer Anti-Corona-Demo aus der Ratsfraktion ausgeschlossen. Nachfolgend trat er bei den Grünen aus.

Die Parteivorsitzende von WiR2020 sagt, dass sie sich gerade im Abgrenzungsprozess von der Parallel-Gruppierung von Wir2020 befänden. "Da ist dann ein falscher Bundesadler auf der Seite und womöglich stellt man Verbindungen zu den Reichsbürgern her. Damit haben wir nichts tun", sagt Antje Barthels im Gespräch mit BR24. Wenn man bestimmte Menschen ausgeschlossen habe, sei man sie aber noch nicht los, fährt sie fort. Es sei jetzt ein Befriedungsprogramm einberufen worden, um mit Mediation zu einer Einigung zu gelangen. "Gegen radikale Strömungen grenzen wir uns stark ab", so Barthels, die seit 20 Jahren als Tanzpädagogin und Tanztherapeutin arbeitet. Und gleichzeitig übe sich die Partei im achtsamen Umgang mit anderen.

Was sind die politischen Ziele?

Beide Parteien nennen auf ihren Webseiten als erstes Ziel die Freiheit und beteuern, dass sie sich im Rahmen des Grundgesetzes bewegen beziehungsweise sich als dessen Verfechter sehen. Beide wollen unter anderem den Mittelstand vor nachteiligen Maßnahmen schützen. Ein friedliches und freundliches Miteinander ist Thema in den Selbstdarstellungen beider Parteien. Dabei setzen sie etwas unterschiedliche Schwerpunkte.

Die "Basis" stellt schon die in ihrem Namen enthaltene Basisdemokratie heraus, wonach Bürgerinnen und Bürger mehr Mitspracherecht bekommen sollen. Das Wissen der vielen möchten sie unter dem Motto "Schwarmintelligenz" in ihre Entscheidungen einbinden, nennen den achtsamen Umgang mit sich selbst und anderen ihr Leitbild und wollen Machtbegrenzung realisieren.

"WiR2020" setze sich für Rüstungsabbau ein und stehe für Vielfalt, wie Barthels sagt. "Es gibt nicht nur die Schulmedizin, alternative Methoden sollen gleichgestellt werden", so die Parteivorsitzende weiter, die gerade erst drei Wochen im Amt ist. "Die Menschen sollen sich entscheiden können." Das gelte auch bei Schulen. Derzeit gebe es viele Hürden, eine freie Schule einzurichten. Auf ihrer Webseite betont die Partei auch die "freie Impfentscheidung". Der bayerische Landesverband wendet sich auf seiner Webseite gegen eine Covid-19-Impfung für Kinder.

Aus den Selbstdarstellungen sprechen Motive und Vorwürfe, die aus der Protestbewegung gegen die Corona-Maßnahmen bekannt sind: Die Corona-Maßnahmen müssten vom Parlament und nicht nur von Ministerrunden getragen werden, die Einschränkung in der Ausübung der Freiheiten sei unverhältnismäßig und das Grundgesetz werde missachtet, die Meinungsfreiheit sei in Gefahr.

Umkämpfte Begriffe "Freiheit" und "Demokratie"

"Freiheit" und "Demokratie" sind laut Zschocke hoch umstrittene und umkämpfte Begriffe, die nicht davor gefeit seien, instrumentalisiert zu werden. Bei den Protestparteien liege der Fokus sehr stark auf individuellen Freiheiten und dem Recht, tun und lassen zu können, was man wolle. Als Beispiel nennt Zschocke das Masketragen: "Die Idee, mit dem Masketragen andere zu schützen, wird bei diesem Ansatz negiert."

"Die Basis" möchte über eine digitale Lösung möglichst viele Meinungen einholen, über die Methode des "Konsensierens" die Lösung des geringsten Widerspruchs herausfinden und eine möglichst direkte Demokratie, bei der die Bürgerinnen und Bürger über viele Themen direkt entscheiden. Das Ziel sei, alle Bürger verbindlich zu beteiligen - wie es Pressesprecher Siber formuliert.

Basisdemokratie und Minderheitenrechte

"Das Demokratieverständnis, das die Protestparteien propagieren, läuft Gefahr, demokratische Verfahren auf die Durchsetzung einer Mehrheitsmeinung zu reduzieren", sagt der Politikwissenschaftler Zschocke. "Auch direktdemokratische Abstimmungsmethoden wie zum Beispiel Volksabstimmungen können missbraucht werden, um Minderheitenschutzrechte auszuhebeln", ergänzt der Politikwissenschaftler an der HSFK und Vorstandsmitglied im Verein "Engagierte Wissenschaft".

"Basis"-Sprecher Siber hält im Gespräch mit BR24 #Faktenfuchs dagegen: "Selbstverständlich gibt es auch die Möglichkeit der Minderheitenabfrage, wo insbesondere wenig vertretene Meinungen nochmals separat abgefragt und neu gewichtet werden, sodass auch Minderheiten und Personengruppen, die ansonsten wenig Gehör finden, stärker wahrgenommen werden." Die Basis würde auch nicht darauf hinarbeiten, das politische System Deutschlands zu ändern. Sie lehne das Parteiensystem nicht ab und stehe "fest, mit beiden Beinen auf dem Grundgesetz". Zur Parteienlandschaft solle nach seiner Aussage eine basisdemokratische Partei dazukommen.

Ablehnung des bestehenden Systems

Isabelle Borucki von der Uni Siegen, Lehrstuhl für politische Systeme, verweist im Gespräch mit dem #Faktenfuchs auf die oben erwähnte Basler Studie zur Corona-Protestbewegung in Deutschland und in der Schweiz. Danach üben die Protestteilnehmer eine überproportional hohe Kritik am politischen System - an der Regierung, etablierten Medien und Parteien. In der Studienauswertung von Dezember 2020 heißt es: "Charakteristisch für diese neue Bewegung ist eine starke Entfremdung von den Institutionen des politischen Systems, den etablierten Medien und – zumindest für Deutschland – den alten Volksparteien."

Führt die starke Ablehnung des Systems zu Umsturzfantasien, wie das netzpolitik.org und Der Spiegel in einer gemeinsamen Recherche zur "Basis" vereinzelt festgestellt haben, oder zu Hoffnungen auf eine "Revolution", wie einzelne Parteianhänger das äußern? "Selbstverständlich mag es einzelne Mitglieder geben, die schon den Wunsch hegen, vielleicht das aktuelle repräsentativ-demokratische System zu überwinden, hin zu einer reinen Basisdemokratie", antwortet Siber auf die Frage. Man dürfe sich hier aber keiner Utopie hingeben. Transformationsprozesse würden gerade im politischen System Jahrzehnte brauchen.

Im Messenger-Dienst Telegram finden sich nach #Faktenfuchs-Recherche auf Kanälen der "Basis" einzelne Aussagen wie diese: "Wir müssen uns nur leider vorerst in dieses von den Altparteien geschaffene System einordnen, um dann bei Erfolg parlamentarisch den Volk als Souverän wieder eine Stimme zu geben. Es ist also völlig gleich, wer bei uns wo steht." Oder in einer Antwort auf eine User-Frage: "Die große Herausforderung die wir bei der Basis haben, ist es, all die unterschiedlichen Menschen unter einen Hut zu kriegen. Von links bis konservativ, von grün bis liberal, von Ken Jebsen-Fans bis zu Leuten die ihn eben wie du ablehnen." Ken Jebsen wird mit seiner Plattform "KenFM" seit März dieses Jahres vom Verfassungsschutz beobachtet.

Fazit:

Aus der Protestbewegung gegen die Corona-Politik sind derzeit zwei Parteien hervorgegangen, die an der Bundestagwahl 2021 teilnehmen möchten. "Die Basis" und "WiR2020" sind Kleinstparteien, wobei "Die Basis" die größere davon ist und nach eigenen Angaben derzeit 25.000 Mitglieder hat. Für die Bundestagswahl hat "Die Basis" im Gegensatz zu "WiR2020" Szene-bekannte Corona-Skeptiker aufgestellt, die zum Teil durch irreführende oder falsche Behauptungen zum Virus oder zur Covid-Impfung aufgefallen sind. Die Protestbewegung, aus der die Parteien entstanden, sind nach einer Basler Studie nach rechts offen. Ein Mitarbeiter der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus sieht, dass aus der Protestbewegung ein großes Potential an wissenschaftsfeindlichen und verschwörungsideologischen Ansichten und einzelnen offen rechtsextremen Personen in die Parteien übernommen worden ist. "Die Basis" und die Partei "WiR2020" betonen, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.

r16-bundestagswahl-zulassung-kleinstparteien-100
Bildrechte: BR
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Welche Parteien werden zur Bundestagswahl zugelassen?

"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!