Wegen der Energiepreiskrise suchen Verbraucherinnen und Verbraucher weit häufiger Rat in Beratungsstellen als zuvor. "Viele Menschen sind verzweifelt", sagte die Vorsitzende der Verbraucherzentrale Bundesverband, Ramona Pop, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Sie fragen: Wie soll man tatsächlich über diesen Herbst und Winter kommen?" Es gebe viel mehr Anfragen als vor der Krise in der Energieberatung der Verbraucherzentralen. Beschwerden im Bereich Gas hätten sich im Vergleich zum Vorjahr versiebenfacht, beim Strom verdreifacht, teilte Pop mit.
Schock kommt mit der Nebenkostenabrechnung im Frühjahr
Die Gasumlage werde ein kleiner Teil der Preissteigerung sein. "Mit der Nebenkostenabrechnung im Frühjahr aber kommt erst die große Abrechnung", sagte Pop. Das dürfe bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern stark negativ zu Buche schlagen und kein einmaliges Ereignis bleiben, denn auch in den Jahren darauf würden die Energiepreise hoch bleiben.
- Zum Artikel: Die Gasumlage kommt - Was Verbraucher wissen sollten
Pop fordert mehr Entlastungen im Zuge der Gasumlage
Pop bekräftigte ihre Forderung nach kurzfristigen Entlastungen im Zuge der Umlage. Diese dürfe nicht ohne Entlastung fällig werden. "Im Herbst muss ein neues Entlastungspaket kommen", forderte Pop. Gerade für Menschen mit geringem Einkommen seien die vergangenen Monate eine Belastung gewesen. Manche Entlastungen wie das 9-Euro-Ticket würden bereits auslaufen. Die Bundesregierung dürfe sich nicht streiten, welche Entlastung vielleicht kommt, und gleichzeitig die Umlage voll durchschlagen lassen.
"Die großen Reformen beim Wohngeld und beim Bürgergeld kommen erst 2023", sagte die Verbraucherschützerin. Es sei gut, wenn diese strukturellen Verbesserungen kommen würden. Dann seien aber Übergangslösungen im Herbst nötig. Menschen mit geringem Einkommen müssten zielgerichtet entlastet werden. "Dabei sollte beim Thema Heizkosten angesetzt werden. Denn die Heizperiode beginnt bald. Und deutlich höhere Abschläge zeichnen sich ab", sagt Pop.
Da steigende Energiepreise bis in die Mittelschicht zu Belastungen zu führen drohten, wären aus Sicht von Pop weitreichende Entlastungen wünschenswert. "Doch der Finanzminister lässt ja durchblicken, dass aus seiner Sicht wenig leistbar ist." Umso wichtiger sei es, jenen mit dem höchsten Bedarf schnell zu helfen.
Verbraucherschützerin kritisiert Bundeskanzler Scholz
Pop kritisierte die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ins Leben gerufene konzertierte Aktion mit Arbeitgebern und Gewerkschaften. "Ob die konzertierte Aktion der richtige Ort ist, über weitreichende Maßnahmen zu sprechen, wage ich zu bezweifeln, weil dort nur ein sehr kleiner Kreis einbezogen ist", sagte sie. Der Verbraucherschutz sei beispielsweise nicht vertreten, auch andere Verbände nicht.
Es sei bedauerlich, dass die Bundesregierung kein umfassenderes Forum gesucht hat, um Maßnahmen breiter abzusprechen. Pop verwies auf Krisentreffen in manchen Ländern zum Energiesparen oder zu Unterstützungsmaßnahmen. "Da warten wir noch auf eine Einladung im Bund", betonte Pop.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!