Die Betreiber der Erdgasspeicher gehen weiter davon aus, dass Deutschland den Winter ohne Gasknappheit gut überstehen kann, solange keine extrem niedrigen Temperaturen auftreten. Die Wahrscheinlichkeit einer Gasmangelsituation sei aufgrund verstärkter Verbrauchseinsparungen weiter gesunken, berichtete der Speicherverband Initiative Energien Speichern (Ines) in Berlin. Wenn die starken Verbrauchseinsparungen anhielten, werde "Deutschland gut durch den Winter kommen", sagte Ines-Geschäftsführer Sebastian Bleschke.
Keine Gas-Mangellage bei "normalen" Temperaturen
Der Einschätzung liegt die Fortschreibung eines Modells zugrunde, das unter anderem die als "normal" bewerteten Temperaturen des Jahres 2016 annimmt. In einem anderen Szenario mit besonders kalten Temperaturen, wie sie im Jahr 2010 auftraten, läge der Füllstand der Speicher Ende Februar bei null. Für Februar nimmt dieses Modell deshalb einen geringen Gasmangel an.
In allen betrachteten Szenarien sei es jedoch möglich, die Speicher rechtzeitig vor dem Winter 2023/24 umfangreich neu zu befüllen, betonte der Verband. Dafür sei "ein hohes LNG-Importaufkommen", vergleichbar mit einem Niveau wie es im November 2022 erreicht wurde, "ausreichend", hieß es weiter. Die Modelle setzen dabei die Inbetriebnahme mehrerer Flüssiggas-Terminals in Deutschland in diesem Winter voraus.
Deutscher Gasvorrat entspricht Erdgasverbrauch von Januar und Februar 2022
In dem Verband sind 14 Unternehmen vertreten, die insgesamt mehr als 90 Prozent der deutschen Gasspeicherkapazitäten repräsentieren. Derzeit sind die betreffenden Speicher zu etwa 95,5 Prozent gefüllt, wobei die Tendenz derzeit abnimmt, was im Winter aber üblich ist - Anfang November waren die Speicher zu 99 Prozent voll.
Die gespeicherte Menge entspricht etwa dem Erdgasverbrauch Deutschlands in den Monaten Januar und Februar 2022. Zu beachten ist dabei, dass die Speicher auch bei hoher Nachfrage dem Markt nur den kleineren Teil des Gasaufkommens zur Verfügung stellen. Der größere Teil wird ständig durch Pipeline-Importe sichergestellt, die derzeit vor allem aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien kommen.
Bundesnetzagentur mahnt zu mehr Sparsamkeit
Die Bundesnetzagentur erhält allerdings trotz der gefüllten Speicher ihren Appell zum Gassparen aufrecht. In der vergangenen Woche lag der Gasverbrauch in Deutschland nach Angaben der Behörde zwar 13 Prozent unter dem durchschnittlichen Verbrauch der letzten vier Jahre. Das Sparziel von 20 Prozent sei damit jedoch deutlich verfehlt worden. "Wenn das ein Ausreißer bleibt - okay, stecken wir weg. Die Gasspeicher sind gut gefüllt", sagte Behördenpräsident Klaus Müller im ARD-"Morgenmagazin". "Aber das sollte im Dezember, Januar, Februar wieder etwas besser werden."
Der Winter könne lange dauern, so Müller. Die Speicher müssten dann für den folgenden Winter wieder gefüllt werden, und eventuell müsse Deutschland im Notfall auch noch Nachbarländern aushelfen. Die Industrie müsse auf jeden Fall davor bewahrt werden, dass Gas rationiert werde. Seine dringende Bitte daher: "Lassen Sie uns nicht leichtfertig sein."
- Zum Artikel: "Bundesnetzagentur legt Indikatoren zur Gasversorgung vor"
Dringender Appell an Bürger und Industrie
Bereits am Donnerstag hatte Müller sowohl die Privathaushalte als auch die Wirtschaft zu mehr Spar-Eifer ermahnt. Bei den Haushalten lasse sich der relativ hohe Verbrauch zwar mit den niedrigen Temperaturen ansatzweise erklären, aber auch temperaturbereinigt liege der Verbrauch nur noch 16,5 Prozent unter dem Durchschnitt der letzten vier Jahre. Auch in der Industrie sei erstmals seit vielen Wochen zu viel Gas verbraucht worden.
Müller appellierte daher "dringend" an die Deutschen, Gas weiter sehr sparsam zu nutzen. Eine Gasmangellage scheine im Moment zwar in der Tat unwahrscheinlicher zu sein, aber die Gefahr sei nicht gebannt.
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