Vor den Schlussberatungen zur Gaspreisumlage hat der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, die Bundesregierung und die Expertenkommission davor gewarnt, die geplante Subventionierung der Gas- und Strompreise zu niedrig anzusetzen. "Es ist jetzt wichtig drauf zu achten, dass die Gaspreisbremse - und übrigens auch die Strompreisbremse - nicht zu einer Luftnummer wird", sagte er der Rheinischen Post vom Samstag.
Werneke: "Orientierung an den Preisen des Jahres 2021"
"Zu meinen, Mieterinnen und Mieter - oder auch Bewohner von Häusern mit einer alten Bausubstanz - könnten in diesem Winter regelmäßig mehr als 20 Prozent des Energieverbrauchs einsparen, ist abenteuerlich." Werneke, der selbst Mitglied der Expertenkommission ist, forderte eine Preisgarantie für "Haushalte mit durchschnittlichen oder eher niedrigen Einkommen". Diese solle an den Strom-, Gas-, und Fernwärmepreisen des Jahres 2021 festgemacht werden. "80 Prozent des Verbrauchs der Vorjahre sollten für normale Haushalte von dieser Energiepreisbremse abgedeckt werden", sagte Werneke.
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Gaspreisbremse ist Teil des 200-Milliarden-Pakets
Die Gaspreisbremse ist wesentlicher Teil des vergangene Woche angekündigten 200 Milliarden Euro schweren "Abwehrschirms" der Ampel-Regierung in der Energiekrise. Hierbei soll ein "Basisverbrauch" bei Gas staatlich subventioniert werden. Die Details sind noch offen. In der Gas-Kommission diskutieren die Fachleute verschiedene Modelle. Die Beratungen sollen am Wochenende abgeschlossen werden, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) "rechnet mit der Vorlage für Montag", sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Freitag.
Linken-Fraktionschef ist gegen Einmalzahlung
In der Diskussion um Entlastungen bei den Gaspreisen sprach sich Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch gegen Einmalzahlungen aus und forderte einen Preisdeckel. Dieser solle die Gaspreise für den Grundverbrauch dauerhaft auf in etwa die Höhe des Vorjahresniveaus absenken, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Debatten über Einmalzahlungen seien der falsche Weg, "weil sie insbesondere für Betriebe und Teile der Industrie keine Lösung sind". Die Vorsitzende der Expertenkommission, Veronika Grimm, hatte zuvor Einmalzahlungen ins Spiel gebracht, um Sparanreize zu erhalten.
NRW-Ministerpräsident fordert schnelle Klarheit bei den Energiepreisen
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rief die Bundesregierung derweil dazu auf, "umgehend" Klarheit bei den Energiepreisen zu schaffen. "Es muss endlich klar sein, wie und wann die Energiepreisbremse und die anderen Entlastungen wirken", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Jeder Tag zähle. Er forderte ein "klares Signal", dass die Entlastungen als Folge des russischen Angriffskriegs auch notfalls rückwirkend gelten könnten.
Saarland-Ministerpräsidentin ist für unkomplizierte Entlastung für Verbraucher und Betriebe
Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger (SPD), sprach sich für möglichst unkomplizierte Entlastungen für Verbraucher und Betriebe in Existenznot aus. "Die Gaspreisbremse muss effektiv sein, möglichst einfach und verständlich und vor allem schnell diejenigen entlasten, die am Abgrund stehen - egal ob Verbraucher oder Unternehmen", sagte sie den Funke-Zeitungen. Wichtig sei das Signal, "dass es vorangeht und die Preise effektiv gedämpft werden".
Diakonie-Präsident Lilie warnt vor drohendem Zusammenbruch der sozialen Infrastruktur
Angesichts der steigenden Energiepreise hat der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, vor einem drohenden Zusammenbruch der sozialen Infrastruktur gewarnt. Bei den von Wohlfahrtsorganisationen betriebenen Hilfs- und Betreuungseinrichtungen sowie Beratungsstellen handele es sich in der Regel um gemeinnützige Institutionen, die aus rechtlichen Gründen kaum Rücklagen bilden dürften, sagte Lilie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstagsausgabe). Die Einrichtungen wüssten nun nicht, wie sie die gestiegenen Strom- und Gaspreise bezahlen sollten.
Die Einrichtungen stünden mit dem Rücken zur Wand und "können nicht noch Monate auf einen Energiepreisdeckel warten", sagte der Diakonie-Präsident. "Sollten soziale Einrichtungen schließen müssen, leiden darunter die Schwächsten der Gesellschaft, die gerade jetzt jede Unterstützung brauchen."
Krankenhausgesellschaft fordert Inflationsausgleich
Die Krankenhäuser beobachten neben den steigenden Energiekosten auch die zunehmende Zahl an Corona-Fällen mit Sorge. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, warnte angesichts beider Entwicklungen in der Rheinischen Post vom Samstag vor "bislang ungekannten wirtschaftlichen Risiken" für die Krankenhaus-Versorgung.
"Wir benötigen jetzt sofort einen Inflationsausgleich, denn ein Großteil der Krankenhäuser kann die gestiegenen Kosten nicht mehr aus Einnahmen und Rücklagen begleichen", sagte Gaß. "Sollte die Politik hier nicht bald entschieden handeln, werden wir zum Corona-Winter einen Winter der Krankenhaus-Insolvenzen erleben."
Quelle: afp
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