Es ist ein Satz, der es in sich hat: Zwischen den Koalitionspartnern der Ampel ist vereinbart, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Was technisch klingt, hat große Auswirkungen auf Immobilieneigentümer. Denn einfach eine reine Gas- oder Ölheizung einbauen, das geht ab 2024 nicht mehr. Ein komplettes Gasheizungsverbot ist das aber nicht und niemand muss kommendes Jahr funktionierende Gas- oder Ölheizungen verschrotten lassen.
Im Moment arbeiten das Bundeswirtschafts- und das Bauministerium an einem Gesetz. Es soll ein Baustein sein, um die Klimaziele, die der Gebäudesektor im Moment reißt, in Zukunft einhalten zu können. Ein Referentenentwurf, der BR24 vorliegt, zeigt, in welche Richtung die Überlegungen gehen. Es ist ein Zwischenstand, der noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt ist. Er zeigt, was auf Hausbesitzer zukommen könnte.
Diese Regeln sollen ab 2024 gelten
Beim Neubau soll es ab 2024 vor allem drei Möglichkeiten geben, die Regel zu erfüllen. Entweder das Haus wird an ein Wärmenetz (Fern- oder Nahwärme) angeschlossen, oder es wird eine elektrisch betriebene Wärmepumpe eingebaut oder eine Stromdirektheizung.
Wird die Heizung bei einem schon bestehenden Gebäude ausgetauscht, kann neben den gerade genannten Möglichkeiten, auch eine Biomasseheizung, zum Beispiel Holzpellets, eingebaut werden oder eine Gasheizung, die dann aber mit grünem Gas, zum Beispiel Wasserstoff oder Biomethan betrieben werden muss. Außerdem sind Hybridheizungen möglich, die zum Beispiel zu einem kleinen Teil mit Gas betrieben werden können und den Rest macht eine Wärmepumpe.
Übergangsfristen bei Havarien
Wenn eine Heizung plötzlich kaputt geht, soll es Übergangsfristen geben. Man kann dann zum Beispiel eine gebrauchte Gasheizung einbauen, und muss innerhalb einer Frist diese durch eine andere Heizung ersetzen. Im Moment stehen im Entwurf dafür drei Jahre Frist. Darüber werden die Koalitionspartner aber voraussichtlich noch intensiv verhandeln.
Aus Regierungskreisen heißt es, dass es Härtefallregelungen geben soll. Außerdem werde der Einbau von erneuerbaren Heizungen mit Förderungen sozial begleitet.
Gebäudesektor reißt Klimaziele
Es wird also kompliziert für Eigentümer und oft wahrscheinlich teuer. Deutschland hat aus Sicht des grün geführten Klimaschutzministerium unter Robert Habeck aber gar keine andere Wahl. Denn die Klimabilanz im Gebäudebereich ist verheerend, die Klimaziele werden gerissen. Dafür sind auch die Heizungsanlagen verantwortlich. Ohne ein schnelles Umsteuern im Bereich der Gebäudewärme "kann Deutschland weder die Klimaziele erreichen noch die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen rasch reduzieren", heißt es im Entwurf.
Ab 2045, so heißt es, sollen Heizungen komplett mit erneuerbaren Energien etwa aus Wind und Sonne laufen. Wer vorher eine Heizung ersetzt oder repariert, muss diese Frist im Kopf behalten.
FDP: Vorschlag überfordert viele
Widerstand gegen die Pläne kommt vom Koalitionspartner FDP. Deutschland müsse den Gebäudesektor klimafit machen, sagt auch Daniel Föst. Das sei aber nur möglich, wenn die Bundesregierung die Menschen mitnehme. "Was Habeck jetzt vorgelegt hat, das überfordert viele," findet der bayerische FDP-Politiker. Auch die FDP hat der 65 Prozent Vorgabe zugestimmt, aber Föst betont, 65 Prozent, wo es möglich ist. "Es ist nicht überall möglich," sagt er. Auf einzelne kämen hohe Investitionen zu. Diesen Menschen müsse man helfen.
Der Präsident des Eigentümerverbands Haus- und Grund, Kai Warnecke, hält Habecks Pläne für realitätsfern. Die 65-Prozent-Vorgabe sei weder von technischer noch personeller Seite umsetzbar. Noch seien genug Heizungen, wie etwa Wärmepumpen vorhanden. "Der Klimaschutzminister denkt ans Klima aber nicht an die Menschen in diesem Land," sagt Warnecke.
Energieberater rät von reinen Öl- und Gasheizungen ab
Anders sehen das viele Energieberater. Es gebe keine Alternative dazu, jetzt zu handeln, sagt Jürgen Leppig, Vorsitzender der Interessensvertretung der Energieberaterinnen und Energieberater. Denn in nicht mal 25 Jahren will Deutschland klimaneutral sein. Wenn jetzt noch vielfach fossile Heizungsträger eingebaut werden, die im Schnitt 30 Jahre halten, sei das Ziel nicht zu schaffen.
Wovon Leppig, der seine Energieberaterfirma im unterfränkischen Marktheidenfeld hat, abrät: "Ich würde jetzt auf keinen Fall noch schnell Hals über Kopf, eine neue Öl- oder Gasheizung holen," sagt der Energieberater. Da könne es passieren, dass einem der Spaß daran über Steuern und die steigende CO2-Bepreisung verdorben werde.
Fachverband Heizungstechnik: "Ganz schwierige Aufgabe"
Habecks Pläne sind für den Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern "völlig überraschend gekommen", wie Hauptgeschäftsführer Wolfgang Schwarz BR24 sagte. Bis zum Jahr 2045 sämtliche Öl- und Gasheizungen auszutauschen, hält Schwarz für eine "ganz schwierige Aufgabe". Die Installationszeit für alternative Heizsysteme sei deutlich länger als bei Öl- oder Gasheizungen. Man müsse den eineinhalbfachen bis doppelten Zeitraum rechnen, um alle Systeme zu erneuern.
Auch die im Gesetzentwurf der Ampelregierung enthaltene Vorgabe, dass neue Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssten, hält Schwarz für schwer realisierbar. "Es gibt im Moment gar nicht die Möglichkeit, diese 65 Prozent einzuhalten. Man kann das kombinieren, man kann einen Öl- oder Gaskessel mit einer erneuerbaren Komponente wie zum Beispiel einer solarthermischen Anlage auf dem Dach versehen. Oder man könnte Mengen an Wasserstoff in das Gasnetz einspeisen oder die sogenannten E-Fuels, synthetische Heizöle, beimischen", sagte der Hauptsgeschäftsführer des Fachverbands.
Eine pauschale Empfehlung für eine umweltfreundliche Heizlösung könne der Fachverband nicht geben. Es komme auf die häuslichen Gegebenheiten der Hausbesitzer an, so Schwarz. Möglich wären Holzheizungssysteme wie Hackschnitzel oder Pellets sowie die Wärmepumpe.

Wolfgang Schwarz, Hauptgeschäftsführer Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern
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