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Oberbürgermeister M. Horn nach Angriff

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Freiburg-Attacke: Was heißt eigentlich "leicht verletzt"?

Zahn raus und Nase gebrochen: Trotzdem sprach die Polizei nach dem Angriff auf den neuen Freiburger Oberbürgermeister von einer "leichten Verletzung". Ein User auf Twitter wunderte sich: Ist das nicht völlig untertrieben? Von G. Wolenik

Was heißt bei BR24 eigentlich 'leicht verletzt?'", fragt ein Nutzer mit dem Namen "PilgramsWords" empört bei Twitter. Er bezieht sich auf einen Tweet von BR24 unmittelbar nach der Attacke auf den neuen Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn, der auf einer Wahlparty angegriffen worden war.

Leicht verletzt, schwer verletzt – das denken sich nicht Journalisten selbst aus, die Einstufung geht vielmehr auf die Polizei zurück. Wird ein Mensch stationär in der Klinik aufgenommen und bleibt dort mindestens 24 Stunden, gilt er als schwer verletzt, so BR-Polizeireporterin Lena Deutsch. Wenn jemand lediglich ambulant behandelt werden muss, egal ob vor Ort oder im Krankenhaus, gilt er als leicht verletzt.


Was heißt eigentlich leicht verletzt? | Bild: Screenshot (Twitter)

Die Polizei muss sich, wenn sie Mitteilungen an die Medien herausgibt, auf die Angaben der Einsatzkräfte vor Ort verlassen. In dringlichen Fällen - wie beim Angriff auf den Freiburger Oberbürgermeister - handelt es sich um erste, schnelle und subjektive Einschätzungen. Das heißt nicht, dass die Angaben nicht später korrigiert werden können.

"Sozusagen pillepalle"

So war es zum Beispiel im Fall der Attacke auf den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, auf den auch User "PilgramsWords" anspielt. Hollstein wurde mit einer Verletzung am Hals ins Krankenhaus gebracht - und galt zunächst als "schwer verletzt". Hollstein konnte aber dann doch noch am selben Tag das Krankenhaus verlassen. Seine Verletzung galt dann also offiziell "nur" noch als leicht.

Im Fall von Martin Horn hieß es nach ersten Polizeiangaben, dass er vom Rettungsdienst behandelt werden musste. Trotz augenscheinlicher Gesichtsverletzungen - er hatte einen Nasenbeinbruch - war denn auch ein stationärer Krankenhausaufenthalt nicht notwendig. Vielmehr kehrte er am Abend noch zu seiner Wahlparty zurück. Leicht verletzt also, dabei blieb es in diesem Fall. Übrigens: Von "sozusagen pillepalle" sprach etwa auch Martin Horn selber in seinem Facebook-Video, das er kurz nach seiner Behandlung veröffentlichte.

Was ein Mediziner zu der Kategorisierung sagt

Vor dem Hintergrund dieses Falls ist die Verwunderung des Twitter-Nutzers verständlich: Denn ob ein Nasenbeinbruch eigentlich eine leichte oder schwere Verletzung sein soll - das dürfte jeder Mensch anders beurteilen, je nach Schmerzempfinden.

Und auch Mediziner betonen: Die Kategorisierung der Polizei sagt nicht immer was über die eigentliche Schwere der Verletzung aus. Tobias Benthaus, Arzt am Uniklinikum München, gibt auf BR24-Anfrage zu Bedenken, dass auch eine vermeintlich leichte Verletzung für Betroffene schwerwiegende Folgen haben kann. Er verweist auf Traumata, die ein Opfer noch lange nach einem Unglück begleiten können.