Das US-Militär hat in den vergangenen Tagen drei rätselhafte Flugobjekte vom Himmel geholt.
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John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses

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Flugobjekte waren vermutlich nicht auf Spionage-Mission

Das US-Militär hat in den vergangenen Tagen drei Flugobjekte vom Himmel geholt, die weiter Rätsel aufgeben. Eine Verbindung zu chinesischer Spionage gibt es bei ihnen aber offenbar nicht. Gewissheit könnte eine Bergung der Trümmerteile bringen.

Die US-Regierung sieht nach dem Abschuss von drei mysteriösen Flugobjekten bislang keinen Hinweis auf eine Verbindung zu chinesischer Spionage. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, sagte, bislang weise nichts darauf hin, dass die Objekte, die von US-Kampfjets Ende vergangener Woche über dem US-Bundesstaat Alaska, über Kanada und über dem Huronsee abgeschossen wurden, Teil von Chinas "Spionageballon-Programm" gewesen seien oder dass sie "definitiv" ausländischer Spionage gedient hätten. Am 4. Februar schossen die USA bereits ein weiteres Objekt ab, das sie als chinesischen Spionageballon einstuften.

Flugobjekte womöglich harmlose Forschungs-Ballons

Bei den über den USA und Kanada abgeschossenen Objekten könnte es sich um "Ballons" handeln, "die ganz einfach mit kommerziellen oder Forschungseinrichtungen verbunden und deswegen harmlos waren", sagte Kirby weiter. Dies könnte sich als der "führende Erkläransatz" herausstellen, an dem die Geheimdienste derzeit arbeiteten. Man könne außerdem ziemlich sicher ausschließen, dass es sich um Objekte der US-Regierung handele, so Kirby weiter.

Damit grenzte das Weiße Haus die drei Flugobjekte, die zwischen Freitag und Sonntag über den USA und Kanada vom Himmel geholt worden waren, klar von einem mutmaßlichen Spionageballon aus China ab, den die Luftwaffe Anfang Februar vor der Küste des Staats South Carolina abgeschossen hatte.

Bergung bisher nicht möglich

Allerdings sind die zuletzt abgeschossenen Objekte bislang nicht geborgen worden. "Wir haben sie noch nicht gefunden", sagte Kirby. Er begründete dies mit den "ziemlich harten" meteorologischen und geografischen Bedingungen vor Ort. Es könne einige Zeit dauern, bis die Trümmer schließlich geborgen werden können. Eines der Objekte war vor Alaska auf Meereis gekracht, ein anderes liegt am Grunde des Huronsees.

Bislang gebe es aber keine Hinweise dafür, dass die Objekte Teil des größeren Überwachungsprogramms seien, das mit dem mutmaßlichen chinesischen Spionageballon in Verbindung gebracht werde, sagte Kirby.

USA begründen raschen Abschuss

Das Weiße Haus versuchte nun außerdem eine Erklärung dafür zu geben, dass es in kurzer Zeit plötzlich mehrere Abschüsse von Flugobjekten gab: Das Luftverteidigungskommando Norad habe die Radarsysteme nach dem Vorfall mit dem mutmaßlichen chinesischen Spionageballon angepasst, sagte Kommunikationsdirektor Kirby. Die Empfindlichkeit der Systeme sei erhöht worden, um mehr Objekte zu identifizieren, die langsam und klein seien sowie hoch fliegen würden.

Mit dieser Erläuterung will die Regierung möglicherweise eine aufkommenden Kritik an ihrem Vorgehen entgegentreten. Zunächst hatte Washington unter Verweis auf Sicherheitsbedenken gewartet, bis der mutmaßliche chinesische Spionageballon große Teile des US-Luftraums überflogen hatte, ehe Kampfflugzeuge ihn abschossen. Andererseits schickte das Militär dann rasch Kampfjets vom Typ F-22 mit Wärmesuchraketen, um rasch Objekte vom Himmel zu holen, die sich nun womöglich als harmlos entpuppen.

Hat die Regierung überreagiert?

Damit stand die Frage im Raum, ob die Regierung nach harscher Kritik der Republikaner an der aus deren Sicht zu langsamen Reaktion auf den mutmaßlichen Überwachungsballon aus China in den jüngsten Fällen überreagiert haben könnte. "Wenn man etwas sieht, muss man es nicht immer abschießen", sagte der republikanische Senator Lindsey Graham vor Reportern.

Zudem musste US-Generalstabschef Mark Milley auch noch eingestehen, dass die erste Rakete, die am Sonntag über dem Huronsee auf eines der Flugobjekte abgefeuert worden sei, ihr Ziel verfehlte. "Ja, der erste Schuss ging daneben", sagte er - das Vertrauen in die Luftverteidigung erhöht das nicht.

Flugobjekte über Alaska und Kanada abgeschossen

Fragen gibt es auch noch zum Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über der US-Ostküste am 4. Februar. Was genau der Ballon ausgekundschaftet haben soll, ist ebenso ungeklärt wie die Frage, ob er beim Flug über US-Militäranlagen Signale übermittelte. US-Geheimdienste gehen inzwischen offenbar davon aus, dass der Ballon ursprünglich Kurs auf das amerikanische Außengebiet Guam nahm, das als strategischer Standort für die US-Streitkräfte gilt. Offenbar sei er von seiner eigentlichen Flugbahn abgekommen und habe letztlich das US-Festland überflogen.

China hat bestritten, dass es sich um einen Spionageballon handelte. Die Regierung in Peking spricht von einem abgedrifteten Wetterballon. Die USA weisen diese Darstellung entschieden zurück. Zuletzt konnten US-Einsatzkräfte einen Sensor sowie Elektronikteile des abgeschossenen Ballons aus dem Atlantik bergen.

USA werfen China umfassende Spionage vor

Die USA beschuldigen China, mit Ballons ein Überwachungsprogramm zu betreiben und mehr als 40 Länder ins Visier genommen zu haben. Das chinesische Außenministerium bezeichnete das Eindringen des abgeschossenen chinesischen Ballons in den US-Luftraum als "völlig unerwartetes und isoliertes Ereignis", das durch "höhere Gewalt" passiert sei. Zu den anderen danach gemeldeten Flugobjekten habe er "keine Informationen", sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin.

Gerüchte über Treffen von Wang und Blinken

Angesichts der angespannten Stimmung zwischen Peking und Washington gab es Gerüchte über ein mögliches Treffen zwischen Chinas oberstem Außenpolitiker Wang Yi und US-Außenminister Antony Blinken am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt. China bestätigte eine solche Zusammenkunft nicht. Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass Blinken eine solche Begegnung in Erwägung ziehe. Es wäre das erste Spitzentreffen der höchsten Außenpolitiker beider Länder, nachdem Blinken Anfang des Monats einen geplanten Besuch in China wegen des mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über den USA kurzfristig abgesagt hatte.

Mit Informationen von AFP, AP und dpa

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