Die geflüchteten Menschen werden in Wohncontainern und Turnhallen untergebracht – oder wie im Landkreis Regensburg auf einem Schiff. So groß ist der Zuzug inzwischen, dass Städte und Gemeinden händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten suchen. Und das schon seit Monaten. Jetzt haben die Länderchefs in Berlin darüber beraten, wie die Situation verbessert werden kann. Sie sehen in erster Linie die Bundesregierung gefordert.
Niedersächsischer Ministerpräsident: "Vom Bund muss mehr kommen"
Rund 16 Milliarden Euro werden die Länder in diesem Jahr wohl für die Unterbringung geflüchteter Menschen ausgeben. Davon geht der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Stephan Weil, aus. Vorletztes Jahr seien es noch neun Milliarden Euro gewesen, so der SPD-Politiker. Für den niedersächsischen Ministerpräsidenten ist klar: "Vom Bund muss mehr kommen."
Söder: "Ja zu Hilfe, Nein zur Überforderung der Kommunen"
So sieht es auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Er fordert "100 Prozent mehr Geld vom Bund". Schließlich hätten sich auch die Kosten für die Länder verdoppelt, schreibt der CSU-Chef auf Twitter. "Wir sagen Ja zu Hilfe, aber Nein zur Überforderung der Kommunen." Außerdem ist bei diesem Spitzentreffen in Berlin von einer "Fifty-fifty-Regelung" die Rede, bei der Bund und Länder die nötigen Mittel jeweils zur Hälfte bereitstellen würden.
Konkrete Ergebnisse wohl erst im Mai
Konkrete Forderungen zur Kostenaufteilung tauchen im gemeinsamen Beschlusspapier der Länderchefs allerdings nicht auf. Weil verweist darauf, dass es sich nur um einen "Zwischenbeschluss" handele. Mit greifbaren Ergebnissen zur Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung wird erst für Mai gerechnet. Dann wollen die Ministerpräsidenten mit dem Kanzler übers Geld verhandeln. Diesmal ist Olaf Scholz nicht dabei – wie schon beim zurückliegenden Spitzentreffen zur Flüchtlingspolitik im Bundesinnenministerium.
Scholz: Bund trägt "allergrößten Teil" der Flüchtlingskosten
Allerdings nutzt der Kanzler am Vormittag einen Auftritt im Bundestag, um diese Botschaft zu platzieren: Der Bund trage schon jetzt den "allergrößten Teil" der Kosten für Unterkunft und Verpflegung geflüchteter Menschen. Berlin habe Ländern und Kommunen im vergangenen Jahr mehr als 3,5 Milliarden Euro gezahlt, in diesem Jahr würden noch einmal 2,75 Milliarden fließen.
Hinzu kommt laut Scholz das Bürgergeld, das Menschen aus der Ukraine bekommen können. Allerdings hat allein Bayern im vergangenen Jahr laut Staatsregierung knapp 1,5 Milliarden ausgebeben, um Flüchtlinge zu versorgen.
In diesem Jahr bisher 54.000 Erstanträge auf Asyl
Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass sich der Finanzierungsbedarf noch vergrößern könnte. Mehr als 54.000 Menschen haben in den ersten beiden Monaten dieses Jahres erstmals Asyl in Deutschland beantragt. Das geht aus Zahlen des Bundesamts für Migration hervor. Ein Anstieg um fast 85 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. In Bayern wurden in Januar und Februar insgesamt rund 8.200 Erstanträge auf Asyl gestellt.
Flüchtlingspolitik: Miltenberger Landrat schreibt Brief an Kanzler
Angesichts solcher Zahlen sehen sich viele Kommunen am Limit. Der Miltenberger Landrat Jens Marco Scherf macht schon lange auf Probleme vor Ort aufmerksam. Jetzt hat der Grünen-Politiker erneut einen Brief nach Berlin geschickt, direkt an den Kanzler. Zusammen mit dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer schreibt Scherf, dass die Kommunen "aufgrund der großen Zahl neu zugewanderter Personen bis an ihre Grenze belastet und teilweise schon überlastet werden".
Kommunen warnen vor negativen Folgen für Kitas und Schulen
Aus Sicht der beiden Kommunalpolitiker verschärft der Zuzug in seiner jetzigen Form die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Außerdem warnen sie davor, Kitas und Schulen zu überfordern. Denn auch Kinder von Geflüchteten müssen ja betreut werden. Und sie sehen die Gefahr, dass die Bund-Länder-Gespräche "zu reinen Finanzverhandlungen werden". Nötig sei außerdem "mehr Ordnung und Struktur in der Flucht- und Migrationspolitik".
Darauf pochen auch die Länder. Sie sind dafür, Abschiebungen von Menschen ohne Bleiberecht zu erleichtern. Im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz steht, dass der Bund verstärkt an entsprechenden Vereinbarungen mit Herkunftsländern arbeiten soll. Diese weigern sich bisher oft, abgelehnte Asylbewerber bei sich aufzunehmen. Auch das soll beim nächsten Treffen mit dem Kanzler geklärt werden. Die Gespräche heute: lediglich eine Etappe auf dem Weg zu einer Einigung – Wiedervorlage im Mai.
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