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Horst Seehofer, Angela Merkel und Martin Schulz bei der Bekanntgabe der Sondierungsergebnisse

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Flüchtlingsobergrenze: Was wurde bei der Sondierung vereinbart?

Die Einigung von Union und SPD auf ein gemeinsames Papier heißt noch lange nicht, dass man sich auch einig ist. Bei der Begrenzung der Zuwanderung sieht die CSU ihr Ziel erreicht. Die SPD widerspricht. Wer hat Recht? Von Benny Riemer

Das, wofür die CSU so lange gekämpft hat, steht jetzt schwarz auf weiß im Sondierungspapier. Oder doch nicht? Fakt ist: Das Wort "Obergrenze“ taucht nicht auf. Es heißt dort zusammengefasst, dass die durchschnittlichen Zuwanderungszahlen die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen werden.

Die CSU sieht darin ihre Forderung 1:1 umgesetzt. Der Mittelwert, 200.000, ist genau das, womit die Christsozialen in die Sondierungsgespräche gegangen waren. Ihnen war schon immer wichtig, dass es eine konkrete Zahl gibt.

SPD-Chef sieht keine Obergrenze

Martin Schulz deutet das, was im Sondierungspapier steht, anders. Schon am Freitag, als das Sondierungspapier erst ein paar Stunden alt war, bestritt er, dass man sich auf die "Obergrenze“ geeinigt habe.

„Wir nehmen zur Kenntnis, dass in den vergangenen Jahren aus verschiedenen unterschiedlichen Gruppen Zuwanderung in Höhe von 180.000 bis 220.000 erfolgt ist. Wenn jetzt mehr kommen, 260.000, dann kommen eben mehr.“ Martin Schulz

In der Vereinbarung heißt es tatsächlich, dass das Grundrecht auf Asyl und die Genfer Flüchtlingskonvention unangetastet bleiben sollen. Wie kann eine Begrenzung dann also in der Realität funktionieren? Die Antwort darauf bleibt das Sondierungspapier schuldig.

Schummelvorwürfe aus der SPD

Gerade in punkto Zuwanderung gibt es in möglichen Koalitionsverhandlungen noch viel zu reden: Beinahe wären im Sondierungspapier nämlich die Worte "Residenzpflicht“ und "Sachleistungsprinzip“ aufgetaucht – beides CSU-Forderungen zur Flüchtlingsunterbringung, die SPD-Chef Schulz offenbar erst im letzten Moment gesehen und gestrichen hat.

Parteivize Stegner wirft der CSU im Interview mit mehreren Zeitungen vor, geschummelt zu haben, die Formulierungen also unabgesprochen eingefügt zu haben: „Die dachten wohl, morgens um vier Uhr merken die das nicht mehr.“

CSU weist Vorwürfe zurück und will nachbessern

CSU-Generalsekretär Scheuer betonte, Martin Schulz sei nachträglich mit mehreren Änderungen gekommen – der einen habe man nachgegeben. Fraktionschef Kreuzer gibt in diesem Punkt auch noch nicht auf: Er sei wie vor der Auffassung, dass man in den Aufnahmezentren mit dem Sachleistungsprinzip arbeiten sollte und abgelehnte Asylbewerber von dort auch wieder zurückführen müsse.

Die Sozialdemokraten dürften da kaum gesprächsbereit sein. Fest steht jedenfalls: Sollte der SPD-Parteitag nächste Woche grünes Licht für Koalitionsverhandlungen geben, müssen spätestens dann Details besprochen werden. Danach sollten wir wissen, ob es eine Art Flüchtlingsobergrenze geben wird oder nicht. Bis dahin bleibt dieses sensible Thema wohl Auslegungssache.