Der Münchner Erzbischof und Kardinal Michael Faulhaber weiht Missionsfahrzeuge am Flughafen München. Um 1935.
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Der Münchner Erzbischof und Kardinal Michael Faulhaber weiht Missionsfahrzeuge am Flughafen München. Circa 1935

    Faulhaber nannte Attentat auf Hitler "ruchloses Verbrechen"

    Die Tagebücher des Münchner Kardinals Michael Faulhaber während der NS-Zeit können nun komplett online gelesen werden. In ihnen beschreibt er unter anderem, wie er Hilfegesuche für deportierte Juden ablehnte.

    Erstmals ist eine kritische Edition der Tagebücher Michael Kardinal von Faulhabers aus den Jahren 1911 bis 1952 online zugänglich. Auf dem von Wissenschaftlern betriebenen Portal www.faulhaber-edition.de wurden die Einträge der Jahre 1942 bis 1944 freigeschaltet. In regelmäßigen Abständen sollen alle Texte und auch die Kommentare dazu online erscheinen.

    Faulhaber dementierte Verbindungen zu Widerständlern

    Darin äußert sich Faulhaber kritisch über den Widerstand gegen das Regime. "Heute alles nervös, weil das ruchlose Verbrechen, das Attentat auf den Führer bekannt wurde" schreibt er über den missglückten Anschlag Claus Schenk Graf von Stauffenbergs auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944. Etwa einen Monat nach dem Attentat wird Faulhaber durch einen Mitarbeiter der Gestapo verhört, der ihm vorwirft, er habe Verbindungen zu den Verschwörern des 20. Juli gehabt. Diesen Vorwurf weist Faulhaber als ehrenrührig zurück. Tatsächlich hatte ihn im Frühjahr 1943 Carl Goerdeler aufgesucht. Darüber findet sich in seinem Tagebuch allerdings nichts.

    Keine Hilfe für deportierte Juden

    Zur Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten schreibt Faulhaber, wie sich verzweifelte Angehörige deportierter Juden an ihn wandten und ihn fragten, "ob gar nichts zu machen sei". Er erwiderte knapp: "Leider nicht". Ein Diplomat bittet ihn, er solle "gegen die furchtbaren Judenmorde öffentlich auftreten". Faulhaber entspricht der Bitte nicht und sagt stattdessen, man solle keinen Anlass bieten, sich dem "Vorwurf vom Dolchstoß" auszusetzen, wie ihn die politische Rechte nach der Kriegsniederlage 1918 erhoben hatte.

    • Zum Artikel: Münchner Erinnerungszeichen: Auf den Spuren von NS-Opfern

    Schwierige Forschungsarbeit

    Die kritische Edition der Faulhaber-Tagebücher ist ein 2015 begonnenes interdisziplinäres Langzeit-Projekt von Historikern, Theologen und Informatikern. Die Federführung liegt beim Münchner Institut für Zeitgeschichte und dem Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der Universität Münster. Zu den besonderen Herausforderungen für die Forscher zählt, dass Faulhaber die Gabelsberger-Kurzschrift verwendete, eine Form der Stenographie, die heute nur noch wenige beherrschen. Die Tagebücher erstrecken sich ab 1911 auf 42 Jahrgänge. Allein dieser Umfang gilt für eine solche Quelle als außergewöhnlich. Bisher sind in der Datenbank 6.962 Dokumente zugänglich.

    Mit Material aus der KNA.

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