Haschar ist eigentlich eine starke Frau, eine Kämpferin. Die junge Syrerin hat sich alleine auf den gefährlichen Weg nach Europa gemacht – ihr Mann habe bessere Chancen, ihre drei Kinder allein zu ernähren, sagt sie. Ihre Hoffnung: Ihre Familie, die in der Türkei ist, nach Deutschland zu holen – mit einem halben oder Dreivierteljahr Wartezeit hatten sie gerechnet. Doch alles ist nicht so einfach:
"Ich bin im Oktober 2015 nach Deutschland gekommen. Im November 2016 habe ich einen Brief bekommen – sie haben mir eine Aufenthaltserlaubnis gegeben, aber nur für ein Jahr. Mit dieser einjährigen Aufenthaltserlaubnis kann ich meine Familie nicht nachholen, ich habe einen Rechtsanwalt beauftragt, der hat eine Klage eingereicht. Vor 14 Monaten. Momentan habe ich eine Fiktionsbescheinigung, die alle sechs Monate verlängert wird. Ich habe keine Entscheidung, keine Aufenthaltserlaubnis, keinen Pass." Haschar
Denn ihren syrischen Pass – den hat sie für ihren Asylantrag abgegeben, und die deutschen Behörden können ihn momentan nicht mehr finden. Und dass sie persönlich verfolgt wurde, kann sie nach Ansicht des Bundesamtes nicht belegen – deshalb hat sie nur subsidiären Schutz bekommen.
Haschar kämpft mit psychsichen Problemen
Mit diesem Status kann sie ihre Familie nicht nachholen. Jedenfalls bis März. Dann läuft der Stopp des Familiennachzugs für Geflüchtete mit subsidiärem Schutz aus. Wenn ihn nicht die neue Regierung verlängert. Haschar vermisst ihre Familie – und ihre Familie vermisst sie. Die Kinder rufen sie immer wieder an und weinen, sagt sie. Und ihre Freundin Linn erzählt, was Haschar nicht so genau ausführen kann:
"Sie hat viele Medikamente eingenommen. Ihr Mann hat mich angerufen und sagte, bitte, Haschar antwortet nicht, bitte schnell gehen. Und ich bin mit meinem Mann schnell gefahren und die Haschar war auf dem Boden und wir haben die Notfall angerufen, die schnell gekommen sind. Und Haschar ist zwei Monate in einem Krankenhaus geblieben." Linn
Während Haschar wegen der Trennung von ihrer Familie mit psychischen Problemen kämpfte, konnte sich Linn auf ihren Deutschkurs, auf ihre Integration konzentrieren. Die Syrerin ist im August 2015 nach Deutschland gekommen, mit ihrer Familie lebt sie in der Nähe von Regensburg. Ihr Mann hat mittlerweile einen guten Job bei einem großen Versicherungsunternehmen, sie selbst ist auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz als Erzieherin.
Auch für Linn war die Zeit der Trennung traumatisch
Doch zuvor war Linn 14 Monate allein mit ihren beiden Töchtern in der Türkei, bis sie und die Kinder über den Familiennachzug ihrem Mann nach Deutschland folgen konnte. Eine der Töchter ist behindert und konnte in der Türkei nicht behandelt werden –deshalb hat sich ihr Mann zur gefährlichen Flucht übers Meer entschlossen. Und wurde dann in Deutschland als Flüchtling anerkannt. Aber bis dahin war es nicht leicht, sagt Linn.
"Ich möchte nicht diese Zeit nachdenken. Das war sehr schlimm. Schwierige Zeit. Meine Kinder immer fragen nach Papa und ich muss auch meine Kinder stützen und helfen. Ach, ist schlimm. Und auch in der Türkei, das ist nicht mein Land. Auch die Sprache war schwierig. Ich habe Türkisch gelernt." Linn
Dazu kam die Unsicherheit – obwohl ihr Mann anerkannt wurde, war ihr und vielen anderen Angehörigen gar nicht klar, ob sie irgendwann ein Visum für Deutschland bekommen würde. Sie hatte damals in der Türkei das Gefühl, es gebe gar keine festen Regeln dafür, sagt sie.
"Ich habe keine Hoffnung mehr"
Manche Familien warteten sechs Monate. Andere zwei Jahre. Linn hofft, dass sich die Politiker einigen, dass ab März alles wieder wie früher ist. Und ihre Freundin Haschar ihre Familie nach Deutschland holen kann. Selbst, wenn ihre Klage bis dahin noch nicht durch ist. Und auch Haschar hat die Diskussion darüber verfolgt:
"Ich habe gehört, dass vielleicht ab März auch mit subsidiären Schutz der Familiennachzug möglich ist . Aber das ist so unsicher. Ich habe keine Hoffnung mehr, ich war früher so zuversichtlich, aber ich bin immer enttäuscht worden." Haschar