BR24: Was bezwecken diese Posts? Welche Strategie steckt dahinter?
Lang: Offenkundig wird damit beabsichtigt, die politische Linke zu diskreditieren, indem man sie mit den Nationalsozialisten in eine Ecke stellt. So wie es aussieht, kommen die Posts von rechtsaußen. Und da hängt man sich selbst eine weiße Weste um, wenn man die Nationalsozialisten in das gegnerische, also linke Lager schiebt.
BR24: Die Aussage, die Nazis seien links gewesen, überrascht. Was ist eigentlich rechts, was ist links? Lässt sich beides so einfach trennen?
Lang: Das ist oft gar nicht so einfach zu beantworten. Es kursieren ganz unterschiedliche Definitionen, die jeweils andere Schwerpunkte setzen. Antikapitalismus oder auf sozialen Ausgleich bedachte Politik zum Beispiel gilt allgemein als links, Nationalismus als rechts. Aber: Natürlich gab es Nationalismus auch in linken Diktaturen, soziale Alimentierung und antikapitalistische Tendenzen in rechten. Da überlappt sich vieles.
BR24: Kann man dann überhaupt sagen, die Nazis seien rechts oder links gewesen?
Lang: Ja, das kann man. Die Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung ist die Ungleichwertigkeit der Menschen, die schließlich zum Rassenwahn des NS-Regimes geführt hat. Das ist das genaue Gegenteil des linken Gleichheitsideals.
BR24: Einige User behaupten, die Nazis seien deshalb links gewesen, weil die NSDAP den Sozialismus in ihrem Namen trug und als Arbeiterpartei firmierte…
Lang: Es geht hier um einen nationalen oder "deutschen" Sozialismus. Träger waren eben nicht wie auf der linken Seite die Arbeiter, sondern das sogenannte Volksganze, das die Nationalsozialisten wiederum unter rassistischen Gesichtspunkten definierten. Wer nicht dazugehören durfte, genoss nicht einmal die gleichen Rechte.
BR24: Sie sagten, in rechten Diktaturen gibt es auch linke Elemente. Was wäre das in Bezug auf den Nationalsozialismus?
Lang: Als die Nazis noch nicht an der Macht waren, existierte in der Tat ein Flügel, der sich antikapitalistisch und revolutionär gab. Man wollte auf diese Weise die Linke für sich gewinnen. Hitler ließ die Leitfigur, Gregor Strasser, aber 1934 liquidieren. Und das bedeutete auch das Ende dieser Strömung. Nach der Machtübernahme wollte Hitler "sein Volk" selbstverständlich bei Laune halten – auch durch soziale Gefälligkeiten. Diese Wohltaten änderten aber nichts an dem grundsätzlich rechtsextremen Charakter des Regimes.