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Facebook übt Transparenz bei politischer Werbung

Bei der US-Wahl 2016 konnten russische Akteure ungestört über soziale Medien Wähler beeinflussen. Jetzt hat Facebook seine Werbeplattform überarbeitet. Wer politisch werben will, wird bald genauer unter die Lupe genommen.

Facebook hat seine Werbeplattform überarbeitet, um irreführende oder versteckte politische Propaganda zu verhindern. Wer auf der Plattform in Zukunft für politische Inhalte werben will, muss seine Identität und seinen Standort preisgeben. Damit reagiert das Unternehmen auf die massive Kritik an der ungenügenden Kontrolle politischer Inhalte durch Facebook bei der US-Wahl 2016. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump war bekannt geworden, dass russische Akteure in großen Stil Wahlwerbung an US-Wähler ausgespielt hatten - und das offenbar mit dem Ziel, eine Wahl Trumps wahrscheinlicher zu machen.

Russische Wahlwerbung bei US-Wahl

Den deshalb anberaumten Auftritt von Unternehmensanwalt Colin Stretch im US-Kongress dürfte Facebook in ausnehmend schlechter Erinnerung haben. CEO Zuckerberg und sein Vize Sheryl Sandberg hatten sich entschuldigen lassen, stattdessen durfte ihr Anwalt unangenehme Fragen beantworten, wie zum Beispiel die des wortgewaltigen Senators Al Franken: "Wie konnte Facebook übersehen, dass Wahlwerbung, die in Rubel gezahlt wird, vermutlich aus Russland kommt?"

Dass die Einflussnahme im Wahlkampf nicht entdeckt wurde, lag auch daran, dass viele Anzeigen bei Facebook nur für die jeweils ausgewählte Zielgruppe sichtbar waren. Solche Dark Ads sind für normale Werbetreibende praktisch, etwa um zu verhindern, dass Konkurrenten die Werbung sehen. Für Geheimdienste, die unbemerkt Wahlen beeinflussen wollen, sind sie jedoch Gold wert.

Dark Ads werden effektiv abgeschafft

Mit den Neuerungen werden Dark Ads effektiv abgeschafft. Zwar kann Werbung auch in Zukunft nur an bestimmte Zielgruppen ausgespielt werden, wer sich dafür interessiert, kann jetzt jedoch alle Werbepostings jedes beliebigen Unternehmens einsehen, auch die Dark Ads. Dafür müssen Nutzer einfach auf die Facebookseite eines Unternehmens gehen und dort auf den Reiter "Seiteninfos und Werbung" klicken. In der Browserversion findet sich dieser im Kontextmenü auf der linken Seite, in der mobilen Version ist die Schaltfläche direkt unter dem Titelbild zu finden.

Achtung: Um auf der entsprechenden Unterseite die aktiven Werbeanzeigen der Firmen sehen zu können, müssen Adblocker für Facebook deaktiviert sein.

Politische Wahlwerbung soll sieben Jahre aufbewahrt werden

Politische Inhalte bekommen noch einmal eine Sonderbehandlung. Sie sollen in ein Archiv wandern, und unter diesem Link bis zu sieben Jahre aufbewahrt werden. Gleiches gilt auch themenspezifische Kampagnen und für Nachrichtenartikel, deren Reichweite über Facebook-Werbung erhöht wurde. Nutzer, die für derartige Angebote Werbung machen wollen, müssen sich in einem gesonderten Prozess bei Facebook registrieren. Politische Inhalte von nicht autorisierten Nutzern werden nicht veröffentlicht. Der dazugehörige Uploadfilter scheint allerding noch nicht ganz ausgereift zu sein.

Problem #Uploadfilter: nicht jedes Clinton ist politisch

Bloomberg News berichtet, dass etwa Werbeanzeigen aus Clinton im Bundeststaat Indiana abgelehnt worden, weil der Wortfilter dahinter einen Verweis auf die Politikerin Hillary Clinton vermutete. Und ein Waxing Studio durfte nicht werben, weil es sich um den "Bush" der Kundinnen kümmern wollte. Solche Beispiele sind Wasser auf die Mühlen derer, die Uploadfilter der Plattformen zum Beispiel beim Urheberrecht ablehnen.

Um politische Dark Ads aufzuspüren, mussten Forscher und Journalisten bislang Browser-Erweiterungen programmieren und Nutzer darum bitten, die ihnen ausgespielte Werbung weiterzuleiten. So fand der NDR etwa bei der Bundestagswahl heraus, dass der anonyme Blog "Greenwatch" per Dark Ads gezielt Stimmung gegen die Grünen machte. Auf deratige Tools könnten Forscher verzichten, wenn das geplante Archiv zuverlässig arbeitet.

Rollout zuerst in Ländern, in denen gewählt wird

Facebooks Archiv der politischen Werbeinhalte startete Ende Mai in den USA, demnächst soll es auch in Brasilien ausgerollt werden, wo im Oktober die Präsidentschaftswahlen anstehen. Die Frage, ob auch ein Deutschland-Start bald auf der Agenda steht, hat Facebook bislang nicht beantwortet. Produktchef Rob Leathern betonte bei einem Q&A des Unternehmens, dass dafür zuerst in jedem einzelnen Staat regulatorische Fragen beantwortet werden müssten und das Zeit in Anspruch nehme. Facebooks Co-Chefin Sandberg wies darauf hin, dass sich Facebook beim Rollout zunächst auf Länder konzentrieren will, in denen demnächst Wahlen anstehen. Deshalb stehe Brasilien aktuell oben auf der Liste. In Europa wählen in diesem Jahr noch Slowenien, Schweden, Luxemburg und Lettland. Auch in Bayern steht im Herbst eine wichtige Wahl an.