Georg Gänswein, der Privatsekretär des verstorbenen Papstes Benedikt XVI., präsentiert während einer Lesung in einem Café sein Buch mit dem Titel "Nichts als die Wahrheit".
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Georg Gänswein, der Privatsekretär des verstorbenen Papstes Benedikt XVI.

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Ex-Papst-Sekretär Gänswein und sein Vatikan-Enthüllungsbuch

Kurz nach dem Tod Benedikts XVI. hat dessen Privatsekretär ein Buch über sein Leben mit dem früheren Papst veröffentlicht. Selbst bei Fans sorgte das für Kritik. Am Mittwoch ist das Buch "Nichts als die Wahrheit" auch in Deutschland erschienen.

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Der Titel ist Programm. Wenn ein Autor "nichts als die Wahrheit" verspricht, dann ist das eine Problembeschreibung: Denn Georg Gänswein ist davon überzeugt, dass das Bild, das von Papst Benedikt gezeichnet wird, nicht immer der Wahrheit entspricht. Was also bleibt von diesem Jahrhundertleben? "Was bleibt von Papst Benedikt, ist sicherlich die Erinnerung an eine milde, überzeugende, klare Persönlichkeit", erklärte Gänswein bei der Buchvorstellung in München.

Applaus für Gänswein bei Buchvorstellung in München

Vor allem das Adjektiv "mild" dürfte Theologinnen und Theologen, die von Joseph Ratzinger einst gemaßregelt wurden, nicht als erstes über die Lippen kommen. Doch bei der Buchvorstellung im Münchener Salon Luitpold wurde nicht widersprochen, sondern kräftig applaudiert.

Lange Schlangen haben sich vor dem Büchertisch gebildet, an dem der Erzbischof aus Rom die ersten Exemplare seines Buches mit Widmungen versieht. Gänswein hat in Deutschland viele Fans - Katholikinnen und Katholiken, denen die aktuell in der deutschen Kirche diskutierten Reformen zu weit gehen: Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, Frauen am Altar – Stichwort: Synodaler Weg.

Schon Papst Benedikt XVI. hatte den Reformeifer des deutschen Katholizismus mit Argwohn beobachtet. Sein langjähriger Sekretär tut das auch. "Dass es Strömungen gibt, vielleicht sogar Überzeugungen, die also unter einem bestimmten Begriff mehr und mehr aus der Einheit mit der Universalkirche hinausführen. Diese Gefahr besteht", sagte Gänswein.

Noch keine offizielle Reaktion aus dem Vatikan

In diesem Punkt dürfte Benedikts langjähriger Sekretär einer Meinung mit Papst Franziskus sein. Ansonsten gilt das Verhältnis der beiden als getrübt - zuletzt sorgte seine Buchveröffentlichung kurz nach dem Tod Benedikts für Verstimmung. Zwar gab es keine offizielle Reaktion aus dem Vatikan. Dass der Papst aber in der nächsten Audienz von "Verleumdung", "Klatsch" und "Tratsch" sprach, werteten Beobachter als Kritik an Gänswein.

Schließlich geht es in seinem Buch ja auch um das nicht immer störungsfreie Miteinander des amtierenden und des emeritierten Papstes. Und die Dinge, die Franziskus anders macht als Benedikt, irritieren dessen Sekretär. Zum Beispiel, dass Franziskus nicht mehr im Apostolischen Palast wohnt, sondern im Gästehaus Santa Marta. "Schon der erste Punkt, dass Santa Marta da eine gewisse – ich will nicht sagen Störung – Neuorientierung ausgelöst hat. Dann viele andere kleinere Elemente – die haben das etwas verkompliziert", erklärt Gänswein.

Benedikt wusste von Gänsweins Buchplänen

Gänswein hat seine Buchpläne noch mit dem emeritierten Papst Benedikt besprochen. Der soll gesagt haben: "Gut, dann machen Sie es. Aber Sie haben die Verantwortung."

Für den Jesuitenpater und Autor Andreas Batlogg war das der falsche Rat. "Ich finde, dass Franziskus gütlich mit Benedikt umgegangen ist. Dass wir jetzt erfahren haben, dass der sich geärgert hat über verschiedene Dinge, interveniert hat, Gänswein da Botschafter war - ich denke, das gehört nicht in die Öffentlichkeit."

Botschafter – das wäre doch was. Mancher habe ihn ja schon als Papstbotschafter in Asien oder Afrika gesehen, scherzt Gänswein. Also möglichst weit weg.

Gänsweins kirchliche Zukunft ungewiss

Gerade eben hatte er einen Termin bei Papst Franziskus, da sei es auch um seine Zukunft gegangen. Mit 66 Jahren ist der Erzbischof ja für einen Kirchenmann im besten Alter. "Das ganz einfache Ergebnis ist: Papst Franziskus hat gesagt: 'Ich habe noch keine Entscheidung getroffen.' Insofern muss ich Sie vertrösten. Ich bin selbst neugierig. Ich weiß es nicht."

Kommt der ehemalige Papstsekretär zurück nach Deutschland? Das gilt als eher unwahrscheinlich. Da war die Buchvorstellung in München wohl ein Gastspiel, mehr nicht.

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