Nach monatelangem Ringen haben sich die EU-Staaten auf einen Gaspreisdeckel geeinigt. Danach kann dieser ab einem Preis von 180 Euro pro Megawattstunde ausgelöst werden, wie es in dem von den EU-Energieministern am Montag in Brüssel gefassten Beschluss heißt. Der Mechanismus kann demnach ab dem 15. Februar aktiviert werden. Deutschland stimmte nach Angaben von drei EU-Vertretern für den Kompromissvorschlag. Die Bundesregierung hatte lange Zeit generelle Bedenken gegen ein solches Vorgehen geäußert.
Deutsche Bedenken sorgten für Verzögerung
Befürchtet wurde, dass bei einem Deckel Flüssigerdgas nicht mehr nach Europa kommen könnte. Bei einem Mangel würden dann Verteilungskämpfe unter den Staaten ausbrechen, die die EU vor eine Zerreißprobe stellen würden. Der tschechische Energieminister Jozef Sikela äußerte sich dennoch als amtierender Ratspräsident im Vorfeld des Treffens am Montag zuversichtlich, dass eine Einigung gelingen würde. Er verwies darauf, dass auch die Staats- und Regierungschefs am vergangenen Donnerstag eine Einigung verlangt hätten.
Sikela machte mit Blick auf Deutschland deutlich, dass notfalls auch Staaten überstimmt werden könnten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bekräftigte bei seiner Ankunft in Brüssel die Skepsis der Bundesregierung. "Ich glaube, dass unsere Bedenken begründet sind", sagte der Grünen-Politiker. "Wir wissen aus bisherigen Markteingriffen, dass wir sehr vorsichtig sein müssen, nicht das Gute zu wollen und das Schlechte auszulösen."
Tschechien mit Kompromissvorschlag
Tschechien hatte für die Sitzung einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt: Danach soll der Deckel greifen, wenn der Gas-Preis drei Tage über 188 Euro pro Megawattstunde und zudem 35 Euro über dem Weltmarktpreis für Flüssiggas (LNG) liegt. Nachdem der Mechanismus in Kraft gesetzt wäre, müsste der Preis stets 35 Euro über dem LNG-Weltmarktpreis liegen, nicht aber unter 188 Euro fallen. Sollte es aber zu einem Gas-Mangel in der EU oder einem Mitgliedsstaat kommen, wird der Deckel wieder aufgehoben, heißt es in dem Papier, das die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte.
Derzeit liegt der Gaspreis deutlich unter 180 Euro, im Sommer notierte er allerdings noch bei zeitweise 350 Euro. Experten halten es für möglich, dass er nach einem harten Winter wieder auf über 200 Euro steigt, wenn die Staaten zum Frühjahr ihre Speicher füllen müssen. Habeck betonte, der Preis allein sei nicht entscheidend. Es komme darauf an, wie er eingebettet sei. Kritisch sehe er es, wenn es keine einstimmige Entscheidung gebe. Möglich gewesen wäre ein Beschluss mit sogenannter qualifizierter Mehrheit. Dann hätten nur 15 der 27 Staaten dafür stimmen müssen, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren.
Habeck: Gefahr bei Gaspreisdeckel wurde reduziert
Im Anschluss an die Abstimmung erklärte Habeck, dank verschiedener Sicherheitsmaßnahmen habe Deutschland zugestimmt. "Wir haben jetzt sehr viele Instrumente definiert, die die Gefahr eines unbedachten Effekts deutlich reduzieren", sagte Habeck am Rande eines Sondertreffens der für Energie zuständigen EU-Minister in Brüssel. Wenn dann Gas zurückgehe, wenn rationiert werden müsse oder wenn der Handel zurückgehe, werde der Mechanismus wieder ausgesetzt.
Zudem soll der Mechanismus erst ab dem 15. Februar in Kraft treten, wie aus einer Mitteilung hervorgeht. "Wir haben eine lange Phase der Beobachtung", sagte Habeck. "Sollte sich herausstellen, dass ein Markteingriff nicht opportun ist, dann hoffe ich, dass wir die politische Kraft finden, das auch noch mal in Frage zu stellen."
EU-Preisbremse gilt nur im Großhandel
Das EU-Vorhaben betrifft grundsätzlich Großkunden, die am TTF handeln - nicht Endverbraucher, wie etwa bei der Gaspreisbremse der Bundesregierung. Verbraucherpreise werden aber indirekt durch die Preise im Großhandel beeinflusst.
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