Der französische Präsident wird bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen in Deutschland indirekt mit am Tisch setzen. Denn eine künftige Bundesregierung kann nicht einfach die Vorstellungen von Deutschlands wichtigstem Partner ignorieren. Egal, von welchen Parteien sie gebildet wird.
Genau deshalb dürfte das Timing von Emmanuel Macron kein Zufall gewesen sein. Zwei Tage nach der Bundestagswahl bekräftigte er seine Forderung: Um in Klimaschutz, Wirtschaftförderung oder die Sicherung der Außengrenzen zu investieren, brauche Europa Geld. Die Eurozone brauche einen gemeinsamen Haushalt.
Macron will Euro-Finanzminister
"Worum es geht, ist die Reduzierung der Arbeitslosigkeit, die einen von fünf jungen Europäern betrifft." Emmanuel Macron
Mit dem Geld sollten aber nicht alte Schulden abbezahlt oder die finanziellen Probleme einzelner Euroländer gelöst werden. Frankreichs Präsident wünscht sich außerdem einen europäischen Finanzminister, ein Parlament für die Eurozone und eine Steuer auf Finanzgeschäfte, deren Erträge in Entwicklungshilfe fließen sollen.
Was könnte mit "Jamaika" klappen?
Um all das in Brüssel durchsetzen zu können, bräuchte Macron Unterstützung aus Deutschland. Doch mit den Vorstellungen einer möglichen "Jamaika"-Regierung in Berlin sind seine Ideen, wenn überhaupt, nur teilweise vereinbar.
Am besten kommen Macrons Pläne bei den Grünen an. Die forderten im Wahlkampf ökologische und soziale Standards für ganz Europa, einen gemeinsamen Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit, eine EU-Arbeitslosenversicherung sowie einen Zukunftsfonds im EU-Haushalt inklusive. eines Steuerpakts. Dass Deutschland dann mehr Geld für Europa zahlen müsst: für die Grünen kein Problem.
Özdemir: "Spannende Überlegungen"
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, die Bundesregierung müsse die Vorschläge sorgfältig prüfen. Es seien "spannende Überlegungen" dabei.
"Es macht ja keinen Sinn, dass wir eine gemeinsame Währungsunion haben, aber nicht auch eine gemeinsame Finanzpolitik, die auch die politische Union stärkt." Cem Özdemir
Aber die Grünen müssten sich mit FDP und Union einigen.
CDU und CSU bedingt kompromissbereit
In ihrem gemeinsamen Regierungsprogramm kündigten CDU und CSU an: "Wir sind bereit, mit der neuen französischen Regierung die Euro-Zone schrittweise weiterzuentwickeln, zum Beispiel mit der Schaffung eines eigenen Währungsfonds." Auch die von Macron gewünschte Finanztransaktionssteuer schaffte es ins Unionsprogramm.
Soweit, so kompromissbereit. Dann allerdings kommen die roten Linien: Der Stabilitätspakt müsse eingehalten, Schulden dürfen nicht vergemeinschaftet werden. Von einem Euro-Finanzminister dürfte die CSU nicht begeistert sein. Schließlich steht in deren Bayernplan der CSU: "Neue EU-Insitutionen sind der falsche Weg".
Horst Seehofer, der CSU-Chef, betonte beim ersten Treffen der CSU-Landesgruppe nochmal die Linie seiner Partei.
"Beim Euro gilt für uns der Grundsatz: strikte Stabilität, also auch die Stabilitätskriterien." Horst Seehofer, Parteivorsitzender der CSU
Werden diese nicht eingehalten, müssten aus Sicht der CSU Sanktionen folgen - keine Transfer- oder Schuldenunion. Schon der Bayernplan klingt also ganz anders als der französische Präsident.
FDP lehnt gemeinsamen Haushalt strikt ab
Und dann kommt noch die FDP. Die wünscht sich zwar ein starkes Frankreich, hält aber wenig von Emmanuel Macrons Ideen. Finanztransaktionssteuer? Nein. Ein gemeinsamer Haushalt für die Eurzone? Nicht mit den Liberalen.
"Einem Haushalt der Eurozone, der zu einer Art automatisiertem Finanzausgleich in Europa beitragen könnte, würden wir nicht zustimmen können. Dauerhaft würden Mitglieder der Eurozone zu Zahlern und dadurch zu gefühlten Verlierern werden. Das würde den Gegnern unserer europäischen Gemeinschaftswährung und der Europäischen Union in die Karten spielen." Christian Lindner
Mit der FDP kein großer Wurf
Immerhin: Einen Euro-Finanzminister, der sich vor allem darum kümmert, dass die Mitgliedstaaten solide haushalten, den könnten sich die Freien Demokraten vorstellen. Mehr Geld für Investitionen im Haushalt der Europäischen Union - nicht der Eurozone - wäre mit der FDP wohl ebenfalls machbar, oder eine Aufwertung der Europäischen Investitionsbank.
Der große Wurf, den sich Emmanuel Macron wünscht, wäre das allerdings nicht.