Dass dies alles hinter verschlossenen Türen stattfindet, macht die Sache für den Abgesandten aus Warschau nur unwesentlich angenehmer. Seit zweieinhalb Jahren wirft die EU-Kommission der polnischen Regierung vor, mit ihrer Justizreform den Rechtsstaat auszuhöhlen. Immerhin führen Brüssel und Warschau mittlerweile einen Dialog – in der Sache hat sich indes seitdem so gut wie nichts geändert.
Gewaltenteilung in Gefahr
Mit dem Verhör erreicht nun das kurz vor Weihnachten durch die Kommission eingeleitete Disziplinar-Verfahren eine neue Stufe. Der nächste Schritt wäre, von Seiten der EU-Mitgliedsstaaten festzustellen, dass die polnische Regierung in der Tat Rechtsstaat und Gewaltenteilung gefährdet. Das wäre eine deutliche Botschaft. Hierfür ist eine Vier-Fünftel-Mehrheit nötig. Bevor nicht klar ist, ob die zustande kommt – 22 Staaten müssten zustimmen – dürfte keiner das Wagnis eingehen, eine Abstimmung zu riskieren.
Ganz am Ende des mehrstufigen Strafverfahrens gegen Warschau – das Deutschland und Frankreich unterstützen - kann theoretisch gar der Entzug des Stimmrechts stehen. Doch da dies alle EU-Staaten billigen müssten und Ungarn sich bereits auf die Seite Polens geschlagen hatte, dürfte sich dieses Instrument am Ende als stumpf erweisen.
Nur wer die Spielregeln einhält, bekommt EU-Gelder
Daher hatte insbesondere die Bundesregierung parallel zu dem Strafverfahren darauf gedrungen, die Verteilung von EU-Hilfsgeldern für wirtschaftlich schwache Regionen in Europa künftig an die Wahrung demokratischer Spielregeln zu knüpfen. Die Kommission schlägt genau das für den nächsten EU-Haushalt ab 2021 vor. Doch bis dies beschlossen und umgesetzt ist, dürfte es noch eine ganze Weile dauern.