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EU-Parlament in Strassburg

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EU-Parlament stimmt ab - Sind die Tage der Sommerzeit gezählt?

EU-Parlament stimmt ab - Sind die Tage der Sommerzeit gezählt?

Über Sinn und Nutzen der Zeitumstellung wurde schon viel gestritten: Wissenschaftler haben sich widersprochen und sogar die Fraktionen sind tief gespalten. Heute stimmt das EU-Parlament über die Abschaffung der Zeitumstellung ab. Von Malte Pieper

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Wenn der Abgeordnete Dieter Koch im Moment im Europaparlament morgens sein Mailfach öffnet, dann ist es proppenvoll. Der CDU-Mann aus Weimar wird geradezu bestürmt von den Gegnern der Zeitumstellung. "Macht endlich was!“, rufen sie dem Vizevorsitzenden des zuständigen Ausschusses zu.

"Betroffen sind oft kranke Menschen, solche mit psychischen Problemen … und dann natürlich diejenigen, die im technischen Bereich arbeiten. Also zum Beispiel Flugzeiten umstellen, Flugzeuge umleiten müssen … bei der Bahn und überall dort, wo es technische Probleme gibt, von den Landwirten und ihren Tieren oder Eltern mit Kindern mal ganz zu schweigen." Dieter Koch, CDU

Die EU-Kommission prüft vor sich hin

Er verweist auf Studien, wonach unter anderem die Zahl der Verkehrsunfälle unmittelbar nach der Zeitumstellung steigt, weil die Menschen morgens eben doch noch nicht wieder so fit sind, wie sie sein sollten. Einen ganzen Arbeitsbericht habe das Europaparlament zusammengestellt, während die EU-Kommission seit Jahren vor sich hin prüfe. Koch sagt, er sei seit über 25 Jahren im Europaparlament, aber solch einen Ansturm von Bürgeranfragen habe er noch nicht erlebt“. Ganz ähnlich läuft es bei seinem sächsischen Kollegen Hermann Winkler (CDU) aus Leipzig:

"Beim Thema Zeitumstellung kann ja nun auch jeder mitreden: Zum einen, weil er es schon selbst am eigenen Leib erfahren hat. Zum zweiten, weil er glaubt Fachmann oder Fachfrau zu sein!" Hermann Winkler CDU

Als einen Experten sieht sich auch Winklers Kollege Werner Langen (CDU). Nur dass er zu einem ganz anderem Schluss kommt. Langen wiederum hat Umfragen zur Hand, wonach 80 Prozent der Deutschen gar keine Probleme mit dem Zeitumstellen haben:

"Für mich ist es unvorstellbar, dass sich die schweigende Mehrheit in Deutschland von einigen wenigen Ideologen so beeinflussen lässt!" Werner Langen, CDU

Grüne und Rechtspopulisten

Auch die CDU ist gespalten. Wie alle Fraktionen im Europaparlament. Da sind plötzlich Konservative und Kommunisten einer Meinung oder Grüne und Rechtspopulisten. Für Langen ist klar: Es geht gar nicht mehr um das Argument vom Anfang, also Energie einsparen. Das habe ja erwiesenermaßen nichts gebracht. Für Langen zählt etwas ganz anders: Es muss abends lange hell bleiben!

"Sonnenschein ist gesund! Künstliches Licht hat nur ein Prozent der heilenden Wirkung wie die Sonne selbst. Das wird hier alles unter den Tisch gekehrt, weil man nicht in der Lage ist, zwei Mal im Jahr die Zeit um eine Stunde zu ändern!" Werner Langen, CDU

Ein Stück weit Psychologie

Ganz anders sein Thüringer Kollege Dieter Koch. Er kämpft seit langem gegen die Zeitumstellung. Wenngleich er einräumen muss, so klar sei die Faktenlage nun auch wieder nicht.

"Es gibt Studien, die das eine wie das andere herausbekommen. Ich denke, da muss man einfach dem einen oder dem anderen glauben … und es ist einfach ein Stück weit Psychologie." Dieter Koch, CDU

Und für den Thüringer steht deshalb fest: Wenn es schon 80 Prozent der Deutschen eigentlich egal ist, weil sie keine Probleme mit dem Umstellen haben, dann sollten wir wenigstens was für die restlichen 20 Prozent machen, deren Biorhythmus im März und Oktober verrückt spielt.

Noch langwierige Verhandlungen

Ob Dieter Koch oder sich durchsetzen kann, oder Werner Langen, das ist offen. Die Mehrheiten sind äußerst unübersichtlich. Doch selbst wenn sich das Europaparlament heute Mittag klar für ein Ende der Zeitumstellung aussprechen sollte, bis tatsächlich etwas passiert, könnte es noch dauern. Denn dann ist erst einmal die EU-Kommission am Zug und danach folgen noch möglicherweise langwierige Verhandlungen mit den Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten.