Die EU-Staaten wollen nach Angaben aus diplomatischen Kreisen Bosnien-Herzegowina den Status eines Beitrittskandidaten verleihen. Die Europaminister der 27 Mitgliedstaaten votierten in Brüssel einstimmig für eine entsprechende Vorlage der EU-Kommission, wie es in den Kreisen hieß.
Endgültig abgesegnet werden muss der Beschluss noch von den Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel am Donnerstag. Die EU-Kommission hatte den Kandidatenstatus für das Balkanland im Oktober empfohlen, dieser ist an Reformen bei Justiz und Verwaltung geknüpft. Bevor die Beitrittsverhandlungen formell aufgenommen werden, muss Bosnien daher entsprechende Reformen umsetzen, wie es in Brüssel hieß.
Bisher sieben Staaten mit Kandidatenstatus
Bisher sind insgesamt sieben Länder offiziell EU-Beitrittskandidaten: die Türkei, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und Albanien sowie die Ukraine und Moldau, denen die EU diesen Status im Juni gewährt hatte. Bis zu einer Aufnahme aller Länder können aber noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen.
Bundesregierung lobt Reformbereitschaft
Für die Bundesregierung erklärte Europa-Staatsministerin Anna Lührmann vor Journalisten, Berlin empfehle den Kandidatenstatus für Bosnien-Herzegowina, da das Land "enorme Reformanstrengungen" unternommen habe. Die politischen Akteure im Land zeigten, dass sie "deutlich bereit sind, auf dem Weg in die EU auch die nötigen Reformen anzustoßen".
Lührmann unterstrich insbesondere die Wahlen von Staatspräsidium und Parlament in Bosnien Anfang Oktober. Es sei gelungen, diese "in einem fairen und freien Umfeld abzuhalten, um eine Regierung zu bilden".
Betrugsvorwürfe bei Wahlen
Bosnien-Herzegowina wartet schon lange auf diese Entscheidung der EU. Das Land hatte seinen Beitrittsantrag am 15. Februar 2016 gestellt. Allerdings gab es immer wieder Zweifel an der politischen Stabilität des Vielvölkerstaates.
So waren in der Republika Srpska, der serbischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowinas, die jüngsten Wahlen von Betrugsvorwürfen gegen den serbisch-nationalistischen Hardliner Milorad Dodik überschattet. Dodik, der als Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, wurde nach einer Neuauszählung schließlich Ende Oktober als Sieger bestätigt.
Ein Signal der EU an Putin
Die mangelnde Stabilität in Bosnien-Herzegowina gilt seit Längerem als problematisch: Seit einiger Zeit gibt es Abspaltungsbestrebungen in der Republika Srpska. Russland wird vorgeworfen, diese Bestrebungen zu unterstützen.
Die nun auf den Weg gebrachte Gewährung des EU-Beitrittskandidatenstatus für Sarajevo wird daher auch als Signal an Kreml-Chef Putin gewertet - ebenso wie bei den entsprechenden Entscheidungen zugunsten der Ukraine und Moldaus. Ein Diplomat sprach nach der heutigen Entscheidung denn auch von einem "diplomatischen Signal mit Blick auf die gegenwärtige geopolitische Situation".
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