Im Labor von Bavarian Nordic in Martinsried
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Im Labor von Bavarian Nordic in Martinsried

    EU bestellt über 100.000 Dosen Affenpocken-Impfstoff

    Die EU hat beim dänisch-deutschen Unternehmen Bavarian Nordic 110.000 Impfdosen gegen Affenpocken bestellt. Der Impfstoff ist in Martinsried bei München entwickelt worden und als einziges Vakzin zumindest in einigen Ländern bereits zugelassen.

    Die Europäische Union hat angesichts des gegenwärtigen Virusausbruchs 110.000 Impfdosen gegen Affenpocken. Eine entsprechende Vereinbarung wurde mit dem dänischen-deutschen Biotech-Unternehmen Bavarian Nordic getroffen.

    Lieferung soll rasch beginnen

    Die Lieferung des Impfstoffes Imvanex an die EU-Staaten könne ab Ende Juni erfolgen, erklärte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Rande eines Treffens der EU-Gesundheitsminister in Luxemburg. Nach Angaben von Bavarian Nordic soll die Auslieferung sofort beginnen und in den nächsten Monaten abgeschlossen sein.

    Impfstoff wurde in Bayern entwickelt

    Bavarian Nordic ist auf die Herstellung von Impfstoffen spezialisiert ist. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich im dänischen Hellerup, der Produktionsstandort in Kvistgård, entwickelt wurde der Pocken-Impfstoff jedoch in den Laboratorien in Martinsried bei München.

    EU will Zulassung auf Affenpocken ausweiten

    In der EU ist Imvanex seit 2013 als Impfstoff gegen Pocken zugelassen. Das Vakzin ist besser verträglich als ältere Pockenimpfstoffe und kann bei Menschen ab 18 Jahren eingesetzt werden. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA führt derzeit Gespräche mit Bavarian Nordic über die Erweiterung der Zulassung auch auf Affenpocken. In den USA und Kanada ist das Vakzin bereits gegen Pocken und Affenpocken zugelassen.

    Lauterbach kündigt zeitnahe Impfstoffdosen-Ankunft an

    Einige EU-Staaten, darunter auch Deutschland und Spanien, haben schon eigene Bestellungen bei Bavarian Nordic aufgegeben. Wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Nacht zum Mittwoch auf Twitter erklärte, sollen die ersten 40.000 bereits "morgen" eintreffen. "Jetzt kann die Auslieferung an die Bundesländer beginnen.

    Noch ist die Begrenzung des Ausbruchs möglich", schrieb Lauterbach auf dem Kurznachrichtendienst. Für den weiteren Jahresverlauf sind zusätzlich 200.000 Impfdosen bestellt. Auf diese Weise wolle man auf alles vorbereitet sein, auch wenn eine Impfung der breiten Bevölkerung gegen Affenpocken vorerst nicht geplant ist.

    Derzeit 229 Fälle in Deutschland

    Der erste Fall von Affenpocken in Deutschland war vor gut drei Wochen bekannt geworden. Inzwischen ist die Zahl der beim Robert Koch-Institut (RKI) erfassten Affenpocken-Nachweise in Deutschland auf mehr als 200 gestiegen. Das RKI gab die Patientenzahl am Dienstag auf seiner Webseite mit 229 an, nach rund 190 am Vortag.

    Besonders viele Patienten mit Affenpocken gibt es in Berlin, hier wurden alleine 142 Fälle registriert. Das RKI schätzt die "Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland" aber "nach derzeitigen Erkenntnissen als gering ein".

    Ausbreitung verläuft langsam

    Es gebe immer noch vereinzelte Übertragungen, "aber der Ausbruch hat eher nicht die Eigenschaft, exponentiell wachsende Fallzahlen zu entwickeln", erklärte dazu Timo Ulrichs, Experte für Globale Gesundheit an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. Eine sexuell übertragbare Infektionserkrankung breite sich langsamer aus als eine, bei der Erreger durch die Luft übertragen werden.

    Die Fälle in Deutschland ließen sich durch verschiedene Maßnahmen gut begrenzen. Dazu gehörten eine flächendeckende und gute Aufklärung über Übertragungswege und Schutzmöglichkeiten - dies entspreche im Wesentlichen den Safer-Sex-Regeln - sowie gezielte Impfungen.

    1.300 Fälle außerhalb Afrikas registriert

    Affenpocken treten hauptsächlich in West- und Zentralafrika auf und verbreiten sich nur sehr selten in anderen Ländern, was die gegenwärtige Entwicklung ungewöhnlich macht. Seit Mai wurden Affenpocken bei Hunderten Menschen in zahlreichen Ländern außerhalb Afrikas nachgewiesen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO beziffert diese Fälle derzeit auf fast 1.300 - die meisten davon bei Männern, die Sex mit Männern haben.

    Übertragung nur durch engen Kontakt

    Eine Übertragung der Affenpocken von Mensch zu Mensch ist laut Robert Koch-Institut selten und nur bei engem Kontakt möglich. Sie kann durch Kontakt mit den typischen Hautveränderungen stattfinden oder auch durch ausgeschiedene Atemwegssekrete und Speichel.

    Ob Affenpocken durch Sperma oder Vaginalsekret verbreitet werden können, ist laut RKI noch nicht abschließend geklärt, scheint aber möglich. In Italien wurden jüngst bei wenigen Patienten erstmals Fragmente des Affenpockenvirus im Sperma nachgewiesen, Wissenschaftler erklärten, dies könne darauf hindeuten, dass das Virus über Sperma eine andere Person infizieren kann.

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