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Cihan Yasarlar

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eSoccer statt "Killerspiele"

Seit Wochen ringen Sportverbände um ihre Haltung zu elektronischen Sportarten. Der DFB möchte sich nun dem eSport öffnen, stellt aber klar: Gewalthaltige Spiele sollen nicht unterstützt werden. Von Christian Schiffer

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Zündfunk am .

Zumindest beim elektronischen Fußball kann Red Bull Leipzig noch gewinnen. Während der Club in der Bundesliga gegen Hoffenheim am Wochenende kräftig unter die Räder geriet und zu Hause 2:5 verlor, läuft es auf der Spiel-Konsole richtig rund: Anfang April konnte der Red Bull Leipzig-Star Cihan Yasarlar im Computerspiel FIFA den amtierenden deutschen Meister schlagen und sich den Sieg in der prestigeträchtigen ESL Meisterschaft sichern. Dass Fußballervereine eSport-Stars wie Yasarlar unter Vertrag nehmen ist mittlerweile gar nicht ungewöhnlich, auch der 1. FC Nürnberg, Schalke 04, der VfL Wolfsburg oder Paris St. Germain betreiben eigene eSport-Teams.

Starkes Wachstum

Das Interesse der Vereine an den Controller-Virtuosen kommt nicht von ungefähr: 2017 wurden mit elektronischen Sportarten weltweit 655 Millionen US-Dollar umgesetzt. Das ist zwar immer noch weniger als die erste russischen Fußballliga einnimmt, aber dieses neue Sportsegment wächst rasant. Dieses Jahr soll der Umsatz circa 900 Millionen Dollar betragen, 2019 soll dann die Milliardenmarke übersprungen werden. Auch die Bundesregierung hat die Wichtigkeit des Themas erkannt. Im Koalitionsvertrag heißt es:

"Wir erkennen die wachsende Bedeutung der eSport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir eSport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen." Koalitionsvertrag von 14. März 2018

Die herkömmlichen Sportverbände stehen dem eSport zum Teil allerdings überaus reserviert gegenüber. Ende März bezeichnete DFB-Chef Reinhard Grindel eSport als "absolute Verarmung", Fußball gehöre auf den grünen Rasen meinte der 56-Jährige und habe mit anderen Dingen, "die computermäßig sind", nichts zu tun. Jetzt allerdings hat sich der DFB doch ein wenig bewegt und in Sachen elektronische Sportarten eine einheitliche Linie definiert. Der Verband möchte sich dem eSport öffnen - allerdings nur solchen Disziplinnen mit Fußballbezug, gemeint sein dürfte vor allem die beliebte FIFA-Reihe. Einen Begriff hat der DFB für diese Disziplinen auch schon parat, nämlich "eSoccer". Vor allem gewalttätige Spiele lehne man jedoch ab.

"Die Landesverbände stehen geschlossen hinter der Ablehnung von gewaltverherrlichenden Spielen auf der einen Seite und einem offenen Umgang mit digitalen Fußballformaten. Viele Jugendliche spielen vor oder nach dem Training auf dem Rasen an der Konsole Fußball, andere entdecken über diesen Weg ihre Leidenschaft für den Sport und wollen es selbst aktiv ausprobieren. Für all diese Jugendlichen sollen die Landesverbände und unsere Vereine die grundlegende Möglichkeit haben, Plattformen und Angebote zu schaffen." DFB-Vize Rainer Koch

Auf professionellem Niveau werden im eSport neben Fußball- und Autorennspielen vor allem Strategiespiele gespielt. Allerdings befinden sich auch First-Person-Shooter unter den beliebten Turnier-Spielen, beispielsweise Counter Strike, das in Deutschland als sogenanntes "Killerspiel" bezeichnet wurde. Bei den Asienspielen im Jahr 2022 werden eSport-Disziplinen erstmalig ihr Debüt als Demonstrationssportarten feiern, ob hierbei auch First-Person-Shooter eine Rolle spielen werden ist unklar, denn es steht noch nicht fest, welche Disziplinen genau vertreten sein werden.

eSport ist nicht gleich eSport

IOC-Präsident Thomas Bach hat sich unterdessen klar gegen eine Berücksichtigung von gewaltverherrlichenden Spielen bei Olympia ausgesprochen, dieser Teil des boomenden eSport-Segments stelle „eine rote Linie“ dar. Kritiker entgegnen , dass bei Olympia mit Boxen oder Sportschießen auch Sportarten Teil der Wettkämpfe sind, die nicht unbedingt in einer Tradition der Gewaltlosigkeit stehen. Dasselbe gilt übrigens auch für die Sportart, in der der Thomas Bach nach erfolgreich war. Der 64-jähige hatte 1976 eine Goldmedaille bei den olympischen Spielen in Montreal errungen - im Fechten.