Das Finanzministerium hat beispielhaft ausgerechnet, was genau die staatlichen Hilfen finanziell für die Bürger bringen.
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Das Finanzministerium hat beispielhaft ausgerechnet, was genau die staatlichen Hilfen finanziell für die Bürger bringen.

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Inflation und Energie: Was bringen die Entlastungspakete?

Gas, Strom, Lebensmittel – alles wird momentan teurer. Die Bundesregierung will die steigenden Preise durch Entlastungspakete abfedern. Aber wie gut gelingt das? Dazu wurden nun beispielhafte Rechnungen erstellt. Ein Überblick.

Die Bundesregierung will mit Entlastungspaketen die Kosten durch steigende Energiepreise und Inflation abfedern. Das Finanzministerium hat deshalb beispielhaft ausgerechnet, was genau die Entlastungspakete I und II finanziell für die Bürger bringen.

Ob die Entlastungen die zusätzlichen Belastungen durch höhere Preise und Gasumlage ausgleichen können, ist allerdings von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Das hängt stark vom Gasverbrauch und eigenen Stromsparen ab - und davon, wie gut die Wohnung saniert ist, ob man ein Auto nutzt und wie kalt der Winter wird.

Entlastungspakete: Wer könnte wie viel bekommen?

Ein Single, der jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit pendelt und 61.500 Euro brutto verdient, bekommt laut Finanzministerium rund 425 Euro durch die Hilfspakete. Die steuerlichen Entlastungen machen 146 Euro aus, von der Energiepreispauschale bleiben ihm nach Steuern 185 Euro. Vom Tankrabatt profitiert er (bei gelegentlichen Ausflügen mit dem Auto) mit rund 59 Euro, die Abschaffung der EEG-Umlage macht bei durchschnittlichem Stromverbrauch 35 Euro aus.

Eine Rentnerin mit einer Rente von rund 1.000 Euro im Monat, Wohngeld und einem Auto für Einkäufe und Familienbesuche erhält nach Rechnung des Ministeriums rund 362 Euro. Sie bekommt den Heizkostenzuschuss von 270 Euro, profitiert mit rund 57 Euro vom Tankrabatt und mit rund 35 Euro von der Abschaffung der EEG-Umlage.

Eine Doppelverdiener-Familie mit zwei Kindern und Jahresgehalt von zweimal rund 35.000 Euro hat laut Ministerium fast 1.150 Euro extra. Die steuerlichen Entlastungen machen inklusive Pendlerpauschale 232 Euro aus, von der Energiepreispauschale bleiben nach Steuern 430 Euro auf dem Familienkonto. Dazu kommt ein Kinderbonus von 200 Euro. Der Tankrabatt schlägt bei monatlich rund 2.500 Kilometern mit 210 Euro zu Buche, die Abschaffung der EEG-Umlage bringt 76 Euro.

Ein Grundsicherungsbezieher mit monatlich 449 Euro Grundsicherung, vollständig übernommenen Miet- und Heizkosten und ohne Auto hat laut Ministerium rund 235 Euro Entlastung. Sie setzen sich zusammen aus 200 Euro Einmalzahlung für Sozialleistungsempfänger und 35 Euro durch die Abschaffung der EEG-Umlage.

Eine Selbstständige, die viel mit dem Auto unterwegs ist und ein zu versteuerndes Einkommen von 42.000 Euro im Jahr hat, bekommt laut Ministerium 463 Euro raus. Darin sind 69 Euro durch den höheren Grundfreibetrag, 160 Euro durch den Tankrabatt und 39 Euro durch die Abschaffung der EEG-Umlage. Von der Energiepreispauschale bleiben ihr 195 Euro.

Eine Studentin mit Bafög und 450-Euro-Job profitiert laut Ministerium mit 615 Euro. Der Rechnung zufolge bekommt sie die volle Energiepreispauschale von 300 Euro, dazu 230 Euro Heizkostenzuschuss. Durch das 9-Euro-Ticket spart sie rund 50 Euro Semesterticket, die Abschaffung der EEG-Umlage bringt ihr 35 Euro.

Gas-Verbrauch sinkt um 15 Prozent im Halbjahr

Unterdessen ist Deutschlands Gas-Verbrauch im ersten Halbjahr deutlich gesunken. Mit 497 Milliarden Kilowattstunden seien 14,7 Prozent weniger Erdgas verbraucht worden als im Vorjahreszeitraum, erklärte der Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW). Aber auch bereinigt um Temperatureinflüsse lag der Verbrauch im ersten Halbjahr rund acht Prozent niedriger als 2021.

Einen Effekt könnte laut BDEW die schwächere wirtschaftliche Entwicklung gehabt haben. Besonders deutlich war der Rückgang demnach im Juni. Hier lag der Gasverbrauch nach vorläufigen BDEW-Zahlen um 22,6 Prozent und damit fast ein Viertel unter dem des Vorjahresmonats.

Die Stromerzeugung aus Gas ist bereits seit Mitte des Jahres 2021 rückläufig. Im ersten Halbjahr 2022 ist in Gaskraftwerken rund zwölf Prozent weniger Strom erzeugt worden als im Vorjahreszeitraum. Es gebe aber in Haushalten gerade zur Winter-Saison etwa durch ein Senken der Heiztemperatur um ein oder zwei Grad noch Raum für weitere Einsparungen.

Norwegen kann nicht mehr Erdgas liefern - Habeck: kein Rückschlag

Die Bundesregierung ist derweil auf der Suche nach Gas-Alternativen. Nach Russland ist Norwegen der zweitgrößte Gaslieferant für Deutschland und die EU. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hat das norwegische Energieministerium die Förderlizenzen für drei große Offshore-Felder angepasst, sodass dort noch mehr Erdgas gefördert werden kann. Die Produktions- und Pipelinekapazitäten sind derzeit allerdings maximal ausgelastet und kommen an ihr Limit.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht darin keinen Rückschlag. "Norwegen hat seine Kapazitäten ein bisschen gesteigert, aber mehr geht eben kurzfristig nicht", so der Grünen-Politiker. Es sei auch ein klares Signal, dass sich Deutschland nicht nur auf die bekannten Lieferwege verlassen könne. Es seien alternative Infrastrukturen nötig, sagte Habeck mit Blick auf geplante eigene Flüssigerdgas-Terminals in Deutschland.

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