CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf der Ampel-Regierung "schwere Versäumnisse" bei der Ausstattung der Bundeswehr vor. "Wir haben alle bei dieser Zeitenwende-Rede von Bundeskanzler Scholz Aufbruchsstimmung gespürt", so Dobrindt in der Münchner Runde im BR Fernsehen, jedoch sei dieser Aufbruchsstimmung eine "eiskalte Ernüchterung gefolgt". Dobrindt bemängelte, dass auch ein Jahr, nachdem man die 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr im Grundgesetz verankert habe, noch "kein einziger Schuss Munition" bestellt worden sei. Er setze nun seine Hoffnungen in den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), "diese Fehler zu korrigieren", so Dobrindt.
Zeitlupen- statt Zeitenwende?
Auch für den Regensburger Politikwissenschaftler Prof. Stephan Bierling wurde das Versprechen der Zeitenwende bislang von der Bundesregierung nicht erfüllt. Er sprach mit Blick auf den Zustand der Bundeswehr von einer "katastrophalen Entwicklung". Statt einer Zeitenwende habe es in Deutschland eine "Zeitlupenwende" gegeben, so Bierling.
Für Haubitzen gibt es bis heute keinen Ersatz
Zustimmung für ihre Kritik erhielten sowohl Dobrindt als auch Bierling von Oberst a.D. Ulrich Kirsch, dem ehemaligen Vorsitzenden des Deutschen Bundeswehrverbands: Die Bundeswehr sei "ganz sicher nicht" verteidigungsfähiger als vor der von Bundeskanzler Scholz ausgerufenen Zeitenwende. Ganz im Gegenteil – man habe sogar mehr Gerät abgegeben, als man nachbeschafft habe. Dies sei, so Kirsch, eine dramatische Entwicklung. So habe die Bundeswehr beispielsweise eine zweistellige Anzahl an Panzerhaubitzen an die Ukraine abgegeben, dafür jedoch bis heute keinen Ersatz erhalten. Der Forderung nach mehr Waffen für die Bundeswehr widersprach Adelheid Rupp, die Vorsitzende der bayerischen Linken. Sie sehe vorrangig Defizite in der Verwaltung der Bundeswehr. Wenn ein Unternehmen eine Struktur wie die Bundeswehr hätte, wäre es pleite, so Rupp. Zudem sprach sie sich gegen Waffenexporte in die Ukraine und für Verhandlungen aus: "Wir wollen einen Waffenstillstand, wir wollen keine Waffenexporte – in kein Land", so Rupp.
Dobrindt will kein verpflichtendes allgemeines Jahr
Neben Ausrüstung fehlt es der Bundeswehr auch an Personal. Vereinzelt werden auch Rufe nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht laut. Alexander Dobrindt sieht das skeptisch: Ein verpflichtendes allgemeines Jahr, wie es Bundespräsident Steinmeier im vergangenen Jahr in die Diskussion gebracht hatte, lehnt der CSU-Landesgruppenchef ab. Dobrindt sagte: "Ich bin sofort dabei, wenn wir freiwillig mit großen Anreizen versuchen, Menschen für ein Jahr in allen möglichen Bereichen zu gewinnen. Verpflichtend wäre das eine ganz andere Situation." Zustimmung erhielt er dabei von Adelheid Rupp: "Ein Jahr für Deutschland kann es für mich nur auf Basis der Freiwilligkeit geben. Das müsste dann gezielt von der Politik gefördert werden."
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