Der mächtige Landesverband aus Nordrhein-Westfalen macht Druck, weil er mit den Ergebnissen der Sondierungen nicht zufrieden ist. Mehr als 600 Delegierte entscheiden heute über Verhandlungen mit der Union, die dann schon in wenigen Tagen beginnen könnten. Die Führungsriege der SPD wirbt eindringlich für Verhandlungen. Doch der Widerstand gegen eine Neuauflage der großen Koalition kommt aus vielen Ecken, nicht nur von den Jusos.
"Substanzielle Veränderungen"
Die NRW-SPD fordert in einem Antragsentwurf, bei den Verhandlungen mit der Union müsse die SPD bei drei Punkten "substantielle Verbesserungen" erzielen: 1. Bei der Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen. 2. Bei einer erweiterten Härtefallregelung beim Familiennachzug. 3. Bei dem Ausstieg aus der 2-Klassen-Medizin, zum Beispiel durch höhere Honorare für Ärzte, die Kassenpatienten behandeln.
Parteichef Martin Schulz erklärt, es werde noch diskutiert, inwieweit diese Forderungen noch einfließen könnten. Er habe solche Überlegungen in der vergangenen Woche auch selber angestellt.
"Wir haben die Bürgerversicherung nicht erreicht, aber das heißt nicht, dass wir nicht an einer Verbesserung bei der Zwei-Klassen-Medizin arbeiten wollen." Martin Schulz, SPD-Parteivorsitzender
Viele Delegierte noch unentschlossen
Die bayerische SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen bemüht sich diplomatisch, Druck rauszunehmen.
„Ich glaube, wir müssen wegkommen von dem Begriff 'Nachbesserungen'. Das sind keine Nachbesserungen sondern der erste Schritt waren Sondierungen - ein Abtasten - und der nächste Schritt sind Koalitionsverhandlungen. Jetzt wird man noch mal auch Dinge ansprechen, müssen, wo die Union keine Antworten drauf gibt. Dass beispielsweise junge Menschen in unserem Land, fast 40 Prozent, von einem befristeten Job in den anderen stolpern, und die Union gibt keine Antwort darauf.“ Natascha Kohnen, SPD, Parteivorsitzende Bayern
Wie die 78 bayerischen Delegierten abstimmen, lässt sich schwer vorhersagen. Rund ein Drittel ist offenbar entschlossen, für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen zu stimmen, ein Drittel ist klar dagegen, und ein Drittel will sich erst auf dem Parteitag endgültig entscheiden. Wenn es tatsächlich zu Koalitionsverhandlungen kommt, ist der Weg allein damit aber noch nicht frei. Einem ausgehandelten Koalitionsvertrag müssen noch die SPD-Mitglieder zustimmen.