Beim Absturz eines Frachtflugzeugs des deutschen Postdienstleisters DHL ist in Litauen mindestens ein Mensch ums Leben gekommen.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2024
Videobeitrag

Beim Absturz eines Frachtflugzeugs des deutschen Postdienstleisters DHL ist in Litauen mindestens ein Mensch ums Leben gekommen.

Videobeitrag
>

DHL-Frachtflugzeug abgestürzt – was wir wissen und was nicht

DHL-Frachtflugzeug abgestürzt – was wir wissen und was nicht

Der Absturz des DHL-Frachtflugzeugs in Litauen wirft viele Fragen auf: Könnte ein russischer Anschlag dahinterstecken oder war es menschliches Versagen? Die genauen Hintergründe sind bislang unklar. Was bekannt ist – und was im Dunkeln liegt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Ein im Auftrag des Postdienstleisters DHL in Leipzig gestartetes Frachtflugzeug ist am frühen Morgen in der Nähe des Flughafens der litauischen Hauptstadt Vilnius abgestürzt. Erst im August wurde vor Brandsätzen gewarnt, die Unbekannte über Frachtdienstleister verschicken könnten. Noch sind die Hintergründe des Absturzes am frühen Morgen aber völlig unklar. Eine Übersicht.

Abgestürztes DHL-Flugzeug: Was ist passiert?

Das Flugzeug vom Typ Boeing 737-400 war im Auftrag des Postdienstleisters DHL unterwegs und am frühen Morgen in Leipzig gestartet. Nach DHL-Angaben handelte es sich um eine Maschine der Fluggesellschaft Swift Air auf dem Weg zum Flughafen von Vilnius. Nach Informationen der örtlichen Behörden waren vier Menschen an Bord. Eine Person kam ums Leben, die drei weiteren Insassen wurden verletzt und ins Krankenhaus gebracht.

Die Auswertung der Kommunikation zwischen dem Piloten und dem Tower deutet einem Bericht des litauischen Rundfunks zufolge nicht auf einen Notfall oder andere Unregelmäßigkeiten beim Landeanflug hin. Es sei "eine routinemäßige Kommunikation, ein einfacher Sinkflug" gewesen, sagte ein Luftfahrtexperte. Das Flugzeug habe versucht zu landen und die Landebahn nicht erreicht, sagte Polizeichef Arunas Paulauskas. Etwa einen Kilometer vor dem Flughafen wurde dann laut DHL eine Notlandung eingeleitet.

Wie war die Lage am Unfallort?

Nach Angaben des Rettungsdienstes wurden die Einsatzkräfte um 5.31 Uhr informiert. Der Unfallort liegt in einem Stadtteil von Vilnius namens Liepkalnis. Die Lage am Unfallort war am frühen Morgen unübersichtlich. Zahlreiche Einsatzkräfte waren im Einsatz. Ein Journalist des litauischen Rundfunks berichtete, dass viele Teile des Flugzeugs herumgeschleudert worden seien.

Einige Trümmerteile trafen auch ein Wohnhaus, in dem drei Familien lebten. Alle zwölf Bewohner sind nach Angaben des Rettungsdienstes in Sicherheit. Auf Bildern war zu sehen, wie Rauch an einem Wohnhaus zwischen Bäumen aufsteigt. Laut den Rettungskräften war das Feuer um 7.33 Uhr unter Kontrolle.

Was ist über den Toten und die Verletzten bekannt?

Beim Absturz des Frachtflugzeugs wurde ein spanischer Staatsbürger getötet. Das sagte ein Vertreter der Polizeibehörde der litauischen Nachrichtenagentur Elta. Die übrigen Insassen des Flugzeugs – ein Deutscher, ein weiterer Spanier und ein Litauer – seien verletzt worden. Zum gesundheitlichen Zustand der Verletzten machten die Behörden zunächst keine weiteren Angaben. Zum Alter der Insassen gebe es noch keine gesicherten Informationen, erklärte die Polizei.

Was ist der Grund für den Absturz?

Warum die Maschine abstürzte, war zunächst unklar. Der Absturz sei "höchstwahrscheinlich auf einen technischen Fehler oder ein menschliches Versagen zurückzuführen", sagte Polizeichef Paulauskas. Auch andere Ursachen – wie etwa einen Terroranschlag – könne er aber nicht ausschließen. Auch der Chef des litauischen Spionageabwehrdienstes, Darius Jauniskis, sagte: "Wir können die Möglichkeit von Terrorismus nicht ausschließen. Aber im Moment können wir keine Schuldzuweisungen machen oder mit dem Finger auf jemanden zeigen, weil uns solche Informationen fehlen."

Ein Sprecher von DHL in Litauen sagte, der Konzern habe eigene Untersuchungen eingeleitet. Es gebe bislang keine Hinweise, dass eines der Pakete an Bord der Maschine verdächtig gewesen sei. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schließt neben einem technischen Unglück auch die Möglichkeit eines absichtlich herbeigeführten Absturzes nicht aus. Die Ministerin betonte am Rande eines Treffens der G7-Außenminister in Italien mehrfach, dass die Behörden in Deutschland und Litauen bei ihren Ermittlungen derzeit alle Möglichkeiten prüften. "Das unterstreicht, in was für Zeiten wir leben." In Europa habe es in jüngster Zeit mehrfach "hybride Angriffe" auf einzelne Personen oder Infrastruktur gesehen, sagte Baerbock.

Wie geht es jetzt weiter?

Aus Kreisen der deutschen Sicherheitsbehörden hieß es, man sei in engem Austausch mit nationalen und ausländischen Kollegen. Deutsche Ermittler beteiligen sich auch selbst an der Suche nach der Unfallursache. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung werde die Ermittlungen vor Ort in Litauen unterstützen, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums in Berlin. Ab dem Abend würden Kollegen dort im Einsatz sein. 

Nach litauischen Angaben sollen von deutscher Seite vier Experten entsandt werden. Auch Spanien werde zwei Ermittler abstellen, die ebenfalls in Kürze in Litauen eintreffen würden, sagte Laurynas Naujokaitis, der Leiter der beim litauischen Justizministerium angesiedelten Stelle für Untersuchungen von Verkehrsunfällen und Zwischenfällen.

Wie wahrscheinlich ist ein Terroranschlag?

Ende August war bekannt geworden, dass deutsche Sicherheitsbehörden vor "unkonventionellen Brandsätzen" warnen, die von Unbekannten über Frachtdienstleister verschickt werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundeskriminalamt (BKA) verschickten einen entsprechenden Warnhinweis an Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche. Im Juli soll ein aus dem Baltikum verschicktes Paket im DHL-Logistikzentrum in Leipzig einen Brandsatz enthalten und Feuer gefangen haben.

Könnte Russland hinter einer möglichen Sabotage stecken?

In der Warnmeldung von BfV und BKA kam das Wort Russland nicht vor. Dennoch wird in Sicherheitskreisen ein Zusammenhang mit den zunehmenden Fällen russischer Sabotage in Deutschland nicht ausgeschlossen.

Außenministerin Annalena Baerbock erhob nach dem Absturz keine direkten Vorwürfe gegen einzelne Personen oder Staaten. Mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin fügte sie jedoch hinzu: "Der russische Präsident wird uns nicht den Gefallen tun, dass er Rücksicht nimmt, dass jetzt Weihnachten vor der Tür steht oder gar in Deutschland die Bundestagswahl."

Mit Informationen von dpa und Reuters

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"BR Regional-Update": Die Bayern-1-Regionalnachrichten im personalisierten Remix aus Ihrer Wunschregion – jederzeit und von jedem Ort in Bayern. Jetzt ausprobieren!