Am Dienstag wurde in Krakau für Leopard-Lieferungen in die Ukraine demonstriert.
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Am Dienstag wurde in Krakau für Leopard-Lieferungen in die Ukraine demonstriert.

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"Der Leopard ist befreit": Reaktionen auf Panzer-Entscheidung

Die Bundesregierung hat sich entschieden: Deutschland liefert Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine. Politiker von Grünen und der FDP sind zufrieden, Kritik kommt von AfD und Linken. Die Union kritisiert das lange Zögern des Kanzlers.

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Die Frontlinie in der Ostukraine hat sich seit Wochen kaum noch bewegt. Die Ukraine möchte wieder in die Offensive kommen und weiteres Gelände zurückzuerobern. Dabei kann Kiew auch auf die ersehnten Leopard 2 setzen. Nach langem Zögern hat die Bundesregierung entschieden, die Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern. Sie erlaubt die Weitergabe auch anderen Ländern.

Strack-Zimmermann: Eine "erlösende Nachricht"

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), bilanzierte: "Die Entscheidung war zäh, sie dauerte viel zu lange, aber sie ist am Ende unausweichlich. Dass Deutschland die Lieferung seines Panzers Leopard 2 durch Partnerländer freigibt und auch selbst liefert, ist eine erlösende Nachricht für das geschundene und tapfere ukrainische Volk." Die Entscheidung bedeute einen wichtigen Schritt in der Zurückdrängung des brutalen Angriffs Russlands auf ein unschuldiges Land, sagte sie am Dienstag der dpa in Berlin.

Merz attackiert Scholz

Unionsfraktionschef Friedrich Merz begrüßte die Entscheidung, warf Kanzler Olaf Scholz (SPD) aber zugleich Zögerlichkeit vor. "So bleibt das Bild eines Getriebenen, der zu lange gezögert hat." Von einer "überfälligen Entscheidung" sprach auch der Außenexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU): "Es ist zu hoffen, das sie nicht zu spät kommt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Nun muss die Ampel-Regierung schnell für Ausbildung ukrainischer Soldaten sorgen."

Aus Sicht des CSU-Politikers Thomas Erndl, stellvertretender Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, ist es wichtig, "dass wir jetzt eine europäische Allianz anführen, damit die Ukraine eine signifikante Anzahl von Leopard 2 erhält und die Ausbildung sofort beginnt".

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sprach von einem "psychologischen Signal" an das Land. Die Panzer "bringen natürlich nicht die Wende an sich", sagte Kiesewetter im "heute journal" des ZDF. Aber die Lieferung zeige der Ukraine, dass sie - auch mithilfe der anderen Waffenlieferungen - den Krieg gegen Russland gewinnen könne.

Freiheit für Europa dank Leopard?

Insbesondere Kanzler Scholz stand in der Frage der Leopard-Lieferungen seit Wochen in der Kritik - vorgeworfen wird ihm ein zu zögerliches Vorgehen. Auch in der eigenen Koalition gab es Unmut. Neben der FDP äußerten sich auch die Grünen zufrieden über die jetztige Entscheidung.

"Die Meldungen, Leopard-Panzer auch von Deutschland aus in die Ukraine zu schicken, sind eine sehr positive Nachricht", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Grüne), schrieb auf Twitter: "The Leopard's freed!" ("Der Leopard ist befreit"). "Jetzt kann er hoffentlich schnell der Ukraine bei ihrem Kampf gegen den russischen Angriff und für die Freiheit der Ukraine und Europas helfen."

Kritik von AfD und Linken

Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte die Leopard-Entscheidung der Bundesregierung als gefährlich. "Die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern, womit ein weiteres Tabu fällt, führt uns potenziell näher an den Dritten Weltkrieg als Richtung Frieden in Europa", sagte Bartsch. "Die Entscheidung, Deutschland weiter zur Kriegspartei zu machen, hat in der Bevölkerung keine Mehrheit." Leopard-Panzer seien der Auftakt "in eine mögliche Rutschbahn Richtung Katastrophe". Den Rufen nach Kampfpanzern würden Rufe nach Kampfflugzeugen und mehr folgen.

Von einer "unverantwortlichen und gefährlichen" Entscheidung sprach die AfD. Fraktionschef Tino Chrupalla erklärte: "Deutschland droht dadurch direkt in den Krieg hineingezogen zu werden. Durch die Lieferung von Panzern aus Beständen der Bundeswehr werden unsere Streitkräfte weiter geplündert." Damit setze der Kanzler die Sicherheit Deutschlands und seiner Bürger aufs Spiel, bilanzierte er.

Militärexperte: Scholz hat sich durchgesetzt

Scholz habe sein Ziel erreicht, betonte dagegen der Militärexperte Carlo Masala im BR24-Interview. Dem Kanzler sei es wichtig gewesen, nur dann Kampfpanzer aus deutscher Produktion an die Ukraine zu liefern, wenn die USA zugleich Panzer lieferten: "Damit hat er das erreicht, was seine Motivation war: Das Risiko bei einer möglichen Gegenreaktion zu teilen, dass auch die Amerikaner bei einer möglichen Gegenreaktion der Russischen Föderation mit an Bord wären." Die Ukraine werde eine Anzahl an Panzern unterschiedlicher Modelle bekommen, deutsche Leopard-Panzer und amerikanische Abrams, was die Schlagkraft der ukrainischen Truppen erhöhen werde.

Die Amerikaner hätten eingesehen, dass sie die europäische Panzerlieferung nur dann in Bewegung setzen können, wenn sie selber Panzer lieferten. Insofern habe ein Sinneswandel auf Seiten der USA stattgefunden, so Masala.  Entscheidend sei, dass die Panzer schnell geliefert würden, da sowohl Russland als auch die Ukraine Frühjahrsoffensiven angekündigt hätten. Masala geht davon aus, dass die Ukraine die Panzer einsetzen werde, um die südliche Front von der östlichen zu teilen. Die Panzer könnten aber auch an strategisch wichtigen Punkten eingesetzt werden, um Land zurückzuerobern. Um besetztes Territorium zurückzugewinnen braucht es Masala zufolge die Trias aus Schützenpanzern, Kampfpanzern und Infanterie. "Der Leopard-Panzer ist den sowjetischen Typen, die in der Ukraine herumfahren, bei weitem überlegen. Hier wird Qualität der Quantität der Russischen Föderation entgegengesetzt."

Selenskyj dankbar für Panzer-Lieferungen

Vornehme Zurückhaltung statt ungezügelter Freude: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich betont zurückhaltend zu Berichten über die Freigabe aus Berlin zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an sein Land. Er sei dankbar, doch gehe es nicht um 15 Panzer, der Bedarf sei viel größer, sagte er am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Sein Kanzleichef Andrij Jermak freute sich dagegen erkennbar. Außenminister Dmytro Kuleba deutete die nächste große Diskussion an - nämlich über den Wunsch der Ukraine nach modernen Kampfflugzeugen aus westlicher Produktion.

Melnyk lobt Scholz für "Panzer-Doppelwumms"

Der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk hat die deutsche Entscheidung für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern als historisch gewürdigt. Auch wenn sie mit Verspätung erfolge, sei sie "ohne jeden Zweifel ein wahrer Durchbruch sowie ein Gamechanger für die Ukraine auf dem Schlachtfeld", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. "Das wird in die Geschichte eingehen." Dass Scholz scheinbar sogar dabei geholfen habe, die USA von der Lieferung ihrer M1-Abrams-Panzer zu überzeugen, sei sogar "ein Panzer-Doppelwumms", sagte Melnyk.

Mit Informationen von dpa, Reuters AFP

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