Die USA wollen sich vor der WHO um eine Aussetzung der Patente von Impfstoffen einsetzen. Das setzt die EU unter Druck.
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Die USA wollen sich vor der WHO um eine Aussetzung der Patente von Impfstoffen einsetzen. Das setzt die EU unter Druck.

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Debatte um Aussetzung der Impfstoff-Patente: Druck auf EU steigt

Die USA wollen vor der Welthandelsorganisation (WTO) die Aussetzung der Patente für Corona-Impfstoffe erreichen. Der Druck auf die Europäische Union steigt, Kommissionschefin von der Leyen zeigt sich "offen für eine Debatte" - doch die läuft längst.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigt sich offen für eine Debatte über den US-Vorstoß zur Aussetzung von Corona-Impfstoffpatenten. "Die Europäische Union ist bereit, jeden Vorschlag zu diskutieren, der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht", sagte von der Leyen.

USA-Vorstoß: WHO-Chef spricht von historischer Entscheidung

Die USA hatten zuvor ihre Entscheidung verteidigt. Man stehe hinter dem Schutz geistigen Eigentums, die Pandemie sei aber eine globale Krise, die außerordentliche Schritte erfordere, erklärte die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, sprach von einer "historischen Entscheidung" der USA. Damit könne der globalen Ungleichheit bei der Verteilung der Impfstoffe begegnet werden, um gemeinsam daran zu arbeiten, "diese Pandemie zu beenden", schrieb er auf Twitter. Hilfsorganisationen, darunter zum Beispiel Ärzte ohne Grenzen, hatten zuvor vehement eine Aussetzung der Patente gefordert.

Von der Leyen setzt auf Exportfreigabe

Man müsse sehen, wie der US-Vorschlag diesem Ziel dienen könne, sagte von der Leyen. "Kurzfristig rufen wir jedoch alle Länder mit Impfstoffproduktion auf, Exporte zu erlauben und alles zu vermeiden, was Lieferketten stören könnte." Von der Leyen betonte in ihrer online übertragenen Rede für eine Konferenz in Italien: "Um es klar zu sagen, Europa ist die einzige demokratische Region der Welt, die Exporte im großen Maßstab erlaubt." Bisher seien mehr als 200 Millionen Dosen Corona-Impfstoff in den Rest der Welt geliefert worden. Das sei fast so viel, wie hier in der EU verabreicht worden sei. Die EU sei die Apotheke der Welt.

In Genf streiten Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) seit Wochen über das Thema. Am Donnerstag standen weitere Beratungen an. Industrienationen, in denen die großen Pharmakonzerne ansässig sind, lehnten bislang eine Aussetzung des Patentschutzes aber ab. Der Weltpharmaverband IFPMA nannte die US-Entscheidung am Mittwoch "enttäuschend". Hilfsorganisationen bejubelten sie hingegen.

Zum Artikel: Warum die Impfstoff-Produktion so kompliziert ist

Aufhebung des Patentschutzes nur mit langfristiger Wirkung?

Die EU-Kommission verwies bisher auf die Komplexität der Produktion von Corona-Impfstoffen. Selbst nach Aufhebung des Patentschutzes würde es noch mindestens ein Jahr dauern, bis andere Firmen tatsächlich produzieren könnten, sagte Industriekommissar Thierry Breton noch am Montag. Zunächst müsse es Priorität haben, "alle bestellten Impfstoffe so schnell wie möglich zu liefern."

Die EU ist einer der wichtigsten Produktionsstandorte für Corona-Impfstoffe weltweit. Rund die Hälfte der Impfdosen aus EU-Produktion werden in den Rest der Welt exportiert. Die USA haben ihrerseits ein Exportverbot für Corona-Impfstoffe verhängt.

Aktien von Curevac und Biontech brechen ein

Die Sorge vor einem teilweisen Wegfall von Erlösen mit Corona-Impfstoffen hat die Aktien der Hersteller am Donnerstag schwer belastet. Die Kurse der Impfstoffentwickler Curevac und Biontech brachen um mehr als zehn Prozent ein.

Die Aktien von Astrazeneca legten in London hingegen zu. Das Unternehmen hatte bereits früh angekündigt, mit seinem Impfstoff keinen Gewinn erzielen zu wollen. Im ersten Quartal hatte die Impfstoffherstellung sogar etwas auf dem Ergebnis gelastet.

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