Benban im Süden Ägyptens - hier in der Wüste scheint fast immer die Sonne. Der richtige Standort für ein wirklich großes Solarkraftwerk. Das Solarkraftwerk in Benban, dessen letzter Bauabschnitt vor einem Jahr ans Netz ging, steht - was die installierte Leistung angeht - laut Ägyptens Energieminister Mohamed Shaker weltweit an vierter Stelle.
1.460 Megawatt liefert die Anlage - so viel wie ein Atomkraftwerk. Millionen Solarpaneele stehen auf dem Wüstensand auf einer Fläche von sechs mal sechs Kilometern. Das entspricht der Fläche einer Großstadt. Die gewonnene Energie wird nicht nach Europa exportiert. Nein, Ägypten braucht den Strom selbst. Ähnliche Solarkraftwerke stehen in Marokko, in Dubai, in Saudi-Arabien.
"Man könnte fast sagen: da explodieren die Projekte.", sagt Paul van Son, Chef der Firma Desert Energy mit Sitz in München und Dubai und ergänzt: "Erneuerbare Energien ist ganz eindeutig die Zukunft für diese Region." Der holländische Energiemanager Paul van Son war auch Mitbegründer der Firma Desertec.
Umstrittenes Projekt: Stromausfall im eigenen Land, dafür Strom für Europa?
Er sieht das Desertec-Projekt nicht als gescheitert an. Desertec hatte aber damals im Jahr 2008 so eine Art Geburtsfehler. Denn vor gut 14 Jahren sei man in Europa zu sehr auf Strom aus den eigenen Ländern fokussiert gewesen. In Ländern wie Marokko oder Ägypten kam die ursprüngliche Desertec Idee nicht gut an, nämlich quasi vor der eigenen Haustür riesige Solarkraftwerke zu bauen, sie aber nicht selbst nutzen zu können.
Denn der gewonnene Strom sollte ja nach Europa geschickt werden, während im eigenen Land, in Marokko oder Ägypten wegen der schlechten Netze dauernd der Strom ausfällt. Desertec wirkte für manche Kritiker wie ein Projekt aus der Kolonialzeit. So hat Dii Desert Energy die Strategie geändert.
"Man kann nicht aus einem Gebiet exportieren, das noch nicht dafür fertig ist. Man muss erst dafür sorgen, dass die lokale Stromversorgung funktioniert, auch der Energiemix hauptsächlich emissionsfrei ist." Paul van Son, Desertec
Die Firma Dii Desert Energy will genau diese Entwicklung fördern. Sie tritt dabei nicht selbst als Investor auf. Es geht nicht um EIN Riesenprojekt, sondern es geht um viele verschiedene Projekte, erneuerbare Energie im Sonnengürtel von Marokko bis zu den Golfstaaten zu nutzen. Dii Desert Energy sieht sich als Möglichmacher, der Projekte und auch Regierungen anschieben, die Energiewende zu beschleunigen, so van Son.
Abu Dhabi selbstbewusst: "Hauptstadt der Nachhaltigkeit"
Die Firma Dii Desert Energy mit ihrem Sitz in München und Dubai ist nur eine von vielen Unternehmen dieser Branche in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nicht nur in Europa, sondern auch in arabischen Ländern wird an der Technologie zur Nutzung erneuerbarer Energien geforscht. Zur jährlich stattfindenden Konferenz für Nachhaltigkeit in Abu Dhabi reisen immer mehr Minister und sogar Regierungschefs an, was der Energieminister der Emirate, Suhail al-Masruei, so interpretiert:
"Das zeigt, dass Abu Dhabi zur Hauptstadt aller Arten der Energiegewinnung wird und nicht nur Hauptstadt der Ölindustrie ist. Wir sind inzwischen der weltweit gefragteste Ort, wenn es um Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien geht."
Sonnenergie in Wüste extrem günstig zu haben
Längst sind die Emirate wie Dubai oder Abu Dhabi im Wettstreit mit Saudi-Arabien, wer die Nummer Eins ist bei erneuerbaren Energien in der arabischen Welt. Öl ist endlich, die Sonne nicht, und Sonnenenergie lässt sich in der Wüste besonders günstig gewinnen zu extrem niedrigen Preisen. Der saudische Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman spricht sogar von einem Weltrekord bei einem der sieben Solarkraftwerke, die im Königreich Saudi-Arabien derzeit gebaut werden.
"Es kostet in diesem Solarkraftwerk lediglich 1,04 US-Cent, eine Kilowattstunde Strom zu produzieren. Meine Kollegen hier im Energiesektor und ich, wir sagen der Welt: wir sind der günstigste der fähigste und der effizienteste Energiestandort weltweit." Saudi-Arabiens Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman
Das klingt selbstbewusst. Strom erzeugen für Kosten von rund einem Cent pro Kilowattstunde. Das ist günstig, da bleibt Spielraum zum Geldverdienen, ähnlich wie heute beim Erdöl. Paul van Son von Dii Desert Energy unterstreicht, dass Saudi Arabien es verstanden habe, die Wende und den Übergang auf emissionsfreie Energieträger zukunftsweisend für Saudi Arabien einzuleiten.
Energiewende auf arabisch mit dem Ziel, auch nach dem Ölzeitalter noch Energie zu exportieren. Vielleicht in 20 oder 30 Jahren oder sogar viel schneller als wir uns das heute träumen lassen, so van Son. Die Vision von Desertec würde sich dann doch noch erfüllen. Und wir in Deutschland könnten unseren Energiehunger mit Strom aus der Wüste stillen.
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