Blick auf den Eingang der Warburgbank
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Warburg Bank und der "Cum-Ex"-Skandal

    "Cum-Ex": Staatsanwaltschaft fordert 190 Millionen Euro zurück

    Die Staatsanwaltschaft Bonn hat Zahlungsaufforderungen in Höhe von rund 190 Millionen Euro an die Warburg-Bank und einen Aktienhändler verschickt. Hintergrund ist ein erstes rechtskräftiges Urteils wegen strafbarer "Cum-Ex"-Geschäfte.

    Die Staatsanwaltschaft Bonn hat die Warburg-Bank und einen Aktienhändler im Zusammenhang mit "Cum-Ex"-Geschäften zur Rückzahlung von rund 190 Millionen Euro an die Staatskasse aufgefordert. Justizsprecher Sebastian Buß sagte am Donnerstag, es handele sich um die Umsetzung des ersten rechtskräftig gewordenen Urteils des Landgerichts Bonn in der "Cum-Ex"-Affäre. Zuvor hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet.

    In dem im Juli 2021 vom Bundesgerichtshof bestätigten Urteil war die Bank zur Rückzahlung von mehr als 176 Millionen Euro verpflichtet worden, der Aktienhändler zur Zahlung von 14 Millionen Euro, von denen er drei Millionen bereits hinterlegt hat. Die zwei angeklagten Börsenhändler wurden außerdem zu Bewährungsstrafen verurteilt.

    "Cum-Ex": Investoren nutzten Steuerschlupfloch

    Bei "Cum-Ex"-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den deutschen Staat über Jahre hinweg um Geld zu prellen. Rund um den Dividendenstichtag schoben mehrere Beteiligte Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.

    Mehrere Staatsanwaltschaften und Gerichte bundesweit ermitteln seit Jahren, um einen der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte aufzuklären. Im vergangenen Jahr entschied der Bundesgerichtshof, dass "Cum-Ex" eine Straftat waren.

    Widerspruch von der Warburg-Bank

    Von der Warburg-Bank war zunächst laut dpa keine Stellungnahme zu erhalten. Das "Handelsblatt" berichtete aber, dass das Geldinstitut Widerspruch angekündigt habe. "Mit den durch Warburg geleisteten Rückzahlungen an das Finanzamt in Hamburg sind die wegen der sogenannten Cum-Ex-Aktiengeschäfte der Warburg Bank für die Jahre 2007 bis 2011 vom Finanzamt festgesetzten Steuern vollständig beglichen", zitierte das Blatt einen Sprecher der Bank.

    "Cum-Ex" und die Politik

    Die Affäre um die "Cum-Ex"-Geschäfte der Warburg-Bank hat außerdem eine politische Komponente. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war zwischen 2011 und 2018 Erster Bürgermeister in Hamburg, 2016 verzichtete die dortige Finanzbehörde auf eine Rückforderung von 47 Millionen Euro durch das Institut im Zusammenhang mit der Steuerpraxis. Die Hintergründe dieser Vorgänge in der Hansestadt versucht seit 2020 ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft aufzuklären.

    Scholz bestreitet politische Einflussnahme bei der Warburg Bank

    Zurzeit flammt das Thema wieder auf und Scholz musste sich auch in seiner Sommerpressekonferenz am Donnerstag den Fragen der Journalisten dazu stellen. Er wies erneut jede Verantwortung in der Steueraffäre zurück. "Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat", sagte der Kanzler. "Ich bin sicher, dass diese Erkenntnis nicht mehr geändert werden wird." Eine Woche vor seiner erneuten Befragung im Untersuchungsausschuss betonte er: "All die Steuern, die der Staat verlangt hat, hat er auch eingezogen."

    Kanzler ungewohnt energisch nach Journalisten-Behauptung

    Als ein Journalist am Donnerstag behauptete, die Banker hätten nach einem Treffen mit Scholz "geklautes" Geld behalten dürfen, widersprach der Kanzler ungewohnt energisch: "Sie würden diese Tatsachenbehauptung nicht erhärten können, wenn Sie es müssten", sagte Scholz mit warnendem Unterton. "Bedenken Sie das, wenn Sie so was sagen." Die Vorwürfe gegen seine Person wies er zum wiederholten Mal zurück: "Sie können sich darauf verlassen, dass ich nicht zu den Leuten zähle, die so was machen."

    Damaliger SPD-Bundestagsabgeordneten im Fokus

    Die umstrittenen Treffen sollen unter anderem vom damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs angebahnt worden sein. Aus Ermittlungsakten geht nach Angaben von Mitgliedern des Hamburger Untersuchungsausschusses hervor, dass in einem Schließfach von Kahrs mehr als 200.000 Euro Bargeld gefunden wurden.

    Auf die Frage, was er über das Geld wisse, antwortete Scholz am Donnerstag: "Nichts." Über die mögliche Herkunft des Geldes äußerte er sich ebenfalls nicht: "Keine Ahnung - ich nehme an, Sie wissen das eher als ich." Darüber hinaus erklärte der Kanzler, derzeit auch keinen Kontakt zu Kahrs zu haben. Ohne einen genauen Termin zu nennen, sagte Scholz, das letzte Telefonat müsse schon "ewig" her sein.

    Mit Material von dpa und AFP.

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