Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im August 2022 im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss "Cum-Ex" der Hamburgischen Bürgerschaft
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im August 2022 im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss "Cum-Ex" der Hamburgischen Bürgerschaft

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Cum-Ex-Skandal: Union will Untersuchungsausschuss im Bundestag

Welche Rolle spielte der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz im Skandal um die Warburg-Bank? Diese und andere Fragen soll nach dem Willen der Unions-Fraktion im Bundestag ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss klären.

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Der parlamentarische Untersuchungsausschuss gilt als das schärfste Schwert der Opposition. Hier mussten sich bereits der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) in der Visa-Affäre oder der frühere Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in der Maut-Affäre verantworten. Nun soll nach dem Willen von CDU und CSU auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aussagen. Es geht – einmal mehr – um Hamburger Banken und ihre Verflechtung mit der Politik.

Viele offene Fragen im Warburg-Skandal

Warum wollte die Stadt Hamburg im Jahr 2016 die Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen aus den Cum-Ex-Geschäften von der Warburg-Bank verjähren lassen? Wer trägt die Verantwortung für die Entscheidungen? Und wie kam es überhaupt dazu? All das soll der Parlamentarische Untersuchungsausschuss klären. Man nehme sich vor, in alle Richtungen zu ermitteln, heißt es dazu bei der Union.

Im Visier sind der Bundeskanzler, sein Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), der ein langjähriger Weggefährte des Kanzlers aus Hamburg ist, und der aktuelle Bürgermeister der Hansestadt, Peter Tschentscher (SPD). Natürlich könne man Olaf Scholz nicht zu einer Aussage zwingen, aber man erhoffe sich neue Erkenntnisgewinne.

Man werde es nicht so machen, wie Scholz es gerne hätte, nämlich einen Schlussstrich unter die Aufklärung dieser Steueraffäre ziehen, sagte Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. Der Bundeskanzler entziehe sich der normalen parlamentarischen Befragung, die offenen Fragen wolle man in einem geordneten Verfahren aufklären.

Scholz und sein Erinnerungsvermögen

Scholz hatte sich in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach mit den Gesellschaftern der Warburg-Bank, Christian Olearius und Max Warburg, getroffen. Damals liefen gegen beide Gesellschafter Ermittlungen wegen der umstrittenen und heute illegalen Cum-Ex-Geschäfte. Scholz konnte sich nach eigenen Angaben zumindest an ein Treffen mit Olearius erinnern. An zwei weitere Treffen sowie ein Telefonat, das er mit Olearius geführt hatte und das er initiiert hatte, hingegen zunächst nicht.

Der damalige Bundesfinanzminister und heutige Bundeskanzler hat bereits mehrfach in der Sache ausgesagt: im Finanz-Ausschuss des Bundestags in seiner Zeit als Bundesfinanzminister und zuletzt im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Stadt Hamburg im August 2022. Der Bundeskanzler erklärte damals, er habe als Hamburger Bürgermeister auf das Steuerverfahren Warburg keinen Einfluss genommen. Und auch, dass er sich an die konkreten Inhalte der Gespräche nicht erinnere. Der Hamburger Untersuchungsausschuss versucht seit zweieinhalb Jahren, Licht in die Affäre zu bringen.

SPD: "Durchsichtiges politisches Manöver"

Bei der SPD wundert man sich hingegen über den Zeitpunkt – und die Absicht hinter dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte in einer ersten Stellungnahme, der CDU/CSU gehe es nicht um Erkenntnisgewinn, sondern um die Verbreitung längst widerlegter Behauptungen und Unterstellungen. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses in Hamburg habe sehr eindrücklich bestätigt: "Es gab keine politische Einflussnahme auf ein Steuerverfahren in Hamburg."

Von den Grünen kam nur ein kurzes Statement: Der Union stünden selbstverständlich alle parlamentarischen Instrumente zur Verfügung, wenn sie Sachverhalte aufarbeiten möchte, schrieb Bruno Hönel, Mitglied im Finanzausschuss.

Das Thema Cum-Ex bleibt Scholz weiter erhalten

Jüngst hatte die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft erklärt, sie sehe keinen Anfangsverdacht gegen Scholz wegen uneidlicher Falschaussage. Dieser Vorwurf war von dem Anwalt Gerhard Strate im Zusammenhang mit früheren Aussagen Scholz‘ erhoben worden. Dadurch, dass die Union einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einrichtet, wird das Thema Cum-Ex Olaf Scholz dennoch weiter verfolgen. Der Ausschuss soll in der ersten Parlamentswoche nach den Osterferien beantragt werden. Es gilt als sicher, dass die Union die dafür notwendige Mehrheit von einem Viertel der Abgeordneten erreicht. Voraussichtlich könnte er dann noch vor der Sommerpause seine Arbeit aufnehmen.

Was ist Cum Ex?

Bei sogenannten Cum-ex-Transaktionen handelt sich um hochkomplexe Bankgeschäfte, bei denen Banken untereinander mit Aktienpaketen rund um einen Dividendenstichtag handeln. Ziel war es, sich vom Finanzamt Kapitalertragssteuern zurückerstatten zu lassen, die tatsächlich nie gezahlt wurden.

Inzwischen ist höchstrichterlich geklärt, dass solche Geschäfte strafbar sind. 2016 gab es dazu noch unterschiedliche Auffassungen und keine endgültige juristische Klärung. Vor diesem Hintergrund entschied die Hamburger Steuerverwaltung Ende 2016 letztlich, auf eine Rückforderung gegenüber der Privatbank Warburg in Höhe von 47 Millionen Euro zu verzichten.

Der Finanzskandal um die Hamburger Warburg-Bank zieht weitere Kreise.
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Der Finanzskandal um die Hamburger Warburg-Bank zieht weitere Kreise.

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