Eine führende Beamtin bei der Corona-Maskenbeschaffung Anfang März 2020 legte ihre für die ermittelnde Staatsanwaltschaft bestimmte Stellungnahme zu den Masken-Deals im Juni 2021 zunächst ihrem Vorgesetzten im Gesundheitsministerium vor. Dabei verschwand ein entscheidender Satz aus ihrer Antwort zur Vertrauenswürdigkeit des besonders teuren Emix-Masken-Angebotes.
In den Akten des Untersuchungsausschusses "Maske" findet sich ein interessantes Dokument - der ursprüngliche Entwurf der Stellungnahme der Beamtin an die Staatsanwaltschaft zum Maskengeschäft der Staatsregierung mit der Schweizer Handels-Firma Emix. Darin schreibt die Ministerialrätin Tanja Decker am 7. Juni 2021: "Aus meiner Sicht führten folgende Aspekte dazu, das Angebot der Fa. EMIX als vertrauenswürdig einzustufen." Und an erster Stelle von insgesamt vier Argumenten: "Frau Tandler hatte meine Kontaktdaten von MdEP Monika Hohlmeier erhalten."
Satz mit Tandler und Hohlmeier fehlt in endgültiger Stellungnahme
Decker zählt noch drei weitere Gründe auf, nämlich, dass es sich um FFP2-Masken des Markenherstellers 3M handle, dass das Schweizer Militär bereits solche Masken erhalten habe und die Lieferung binnen einer Woche möglich sei. Diese drei Argumente fanden ihren Weg dann auch in die am 18.6.2021 vom Gesundheitsministerium offiziell an die Staatsanwaltschaft geschickte Stellungnahme. Aber: Am 7.6.21 hatte Decker ihren Entwurf zunächst an ihren damaligen Vorgesetzten, Markus Theuersbacher geschickt, den Leiter der Zentralabteilung im Gesundheitsministerium.
Grüne: Ministerium darf Stellungnahmen nicht glätten
Dass danach gerade jener Satz mit den Namen der Franz-Josef Strauß-Tochter und CSU-Europaabgeordneten Hohlmeier und ihrer Jugendfreundin, der Tochter von Ex-CSU Generalsekretär Gerold Tandler, nicht mehr an erster Stelle als Argument für die Vertrauenswürdigkeit auftaucht, das kritisiert Florian Siekmann von den Landtagsgrünen und stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses "Maske". Es dürfe "natürlich" nicht sein, "dass in einem Ministerium, bevor gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgesagt wird, etwaige Aussagen, schriftliche Stellungnahmen, geglättet und um politisch brisante Punkte reduziert werden".
Was geschah zwischen Entwurf und endgültiger Aussage?
Tatsache ist, Tanja Deckers Entwurf wurde nach dem Kontakt mit ihrem damaligen Chef im Gesundheitsministerium, Markus Theuersbacher, verändert. In ihrer persönlich unterschriebenen Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft vom 17.6., die dem Schreiben des Gesundheitsministeriums beilag, fehlte dann aber besagter Satz mit Hohlmeier und Tandler. Deshalb hat auch der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses "Maske", Winfried Bausback von der CSU, noch Fragen. "Also, ich habe keine Kenntnis, was zwischen Entwurf und endgültiger Aussage geschehen ist", so Bausback zum BR. Er halte es deshalb für richtig, Theuersbacher noch mal in den Ausschuss zu bitten, "um hier Aufklärung zu erhalten".
Veränderung an Stellungnahme fiel im Untersuchungsausschuss auf
Aufgefallen ist der Unterschied zwischen dem Entwurf und der Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft, weil sich Tanja Decker vor dem Untersuchungsausschuss Mitte Mai zunächst nicht an ihre eigene Formulierung im Entwurf erinnern konnte. Mittlerweile hat sie aber deshalb ihre Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss offiziell korrigiert. Florian Siekmann (Grüne) fragt sich deshalb "in wieweit man hier wirklich alle Details aktiv gegenüber der Staatsanwaltschaft und auch der Öffentlichkeit, transparent machen wollte. Wäre der Entwurf nicht in den Akten des U-Ausschusses gelandet, wir wüssten jetzt gar nicht, dass die Stellungnahme im Entwurf anders aussah, als das, was die Staatsanwaltschaft bekommen hat".
Eine Antwort darauf, wie die Staatsanwaltschaft München I diese Korrektur sieht, steht wegen der Ferienzeit noch aus. Das bayerische Gesundheitsministerium wollte sich auf BR-Anfrage zunächst nicht äußern, "da für uns der Kampf gegen die Corona-Pandemie weiterhin Priorität hat", so eine Sprecherin.
Inzwischen bestreitet das Gesundheitsministerium, die Aussage der Beamtin "entschärft" zu haben. Auch die Beamtin selbst betont laut einer Ministeriumssprecherin, "dass von keiner Seite in irgendeiner Form Einfluss auf ihre Stellungnahme genommen wurde". Die Sprecherin teilt weiter mit, der Hinweis auf Hohlmeier sei nicht etwa aus der finalen Stellungnahme verschwunden, sondern finde sich "lediglich unter einem anderen Gliederungspunkt". Also nicht da, wo es um die Vertrauenswürdigkeit des Maskenangebotes ging.
Die Befragung von Andrea Tandler, die an den Emix-Masken-Deals mit staatlichen Stellen rund 48 Millionen Euro Provision verdient hat, soll noch kommen. Zweimal fehlte sie bisher vor dem Untersuchungsausschuss aus Krankheitsgründen.
(Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel gibt den Recherchestand vom 9.6.2022 wieder. Nach neueren Informationen arbeitet die Beamtin Tanja Decker nicht mehr im Gesundheitsministerium sondern in der Bayerischen Staatskanzlei.)

Das Gesundheitsministerium hat offenbar die politisch brisante Aussage einer Mitarbeiterin gegenüber der Staatsanwaltschaft entschärft.
In einer früheren Version des Artikels war ein Bild des ehemaligen bayerischen Ministeriums für Umwelt und Gesundheit zu sehen. Die Redaktion hat das Bild geändert.
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