Unterricht am Strand von Los Nietos
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Corona-Krise in Spanien: Mathe am Strand

In Spanien freuen sich die Schulkinder über halbwegs normalen Unterricht - die meisten Schulen im Land sind offen. Einige Schüler haben es besonders gut: Sie dürfen am Strand lernen.

Der Strand "Los Nietos" bei Cartagena an der Mittelmeerküste ist nicht allzu breit. Gerade so passen vier Reihen Stühle und Tische in den Sand, sodass zwischen den Plätzen immer noch zwei Meter Sicherheitsabstand bleiben und die äußerste Reihe nicht schon im Wasser steht. Kinder im Grundschulalter haben hier Freiluftunterricht der besonderen Art.

"Ich bin lieber hier am Strand, es ist entspannter hier. Ich fühle mich wohler", sagt ein Schüler. Eine Schülerin: "Anstatt im Klassenzimmer zu lernen, ist es besser, hier zu sein - an der sauberen Luft."

Klassen sind abwechselnd zum Lernen am Strand

Verschiedene Klassen der Schule haben abwechselnd Unterricht am Strand - damit jeder einmal drankommt. Für Lehrer Juan Francisco Martinez geht es dabei nicht nur um den Infektionsschutz: "Die Kinder haben großen Spaß und sie lernen unglaublich gut. Denn: Was sie hier lernen, vergessen sie nicht mehr so leicht. Es ist kaum zu glauben."

Das Pilotprojekt macht Schlagzeilen auf der ganzen Welt - und sorgt für Neid im Rest Spaniens. Der elfjährige Miguel aus Madrid hätte auch gerne Mathe- oder Geschichtsstunden im Freien, erzählt er.

Aber die spanische Hauptstadt liegt im Landesinneren, der nächste Strand ist gut 300 Kilometer entfernt. An Miguels Schule, dem Colegio Arquitecto Gaudí, läuft klassischer Unterricht im Klassenzimmer. Immerhin: Frischluft spielt eine große Rolle, mehrmals pro Stunde werden Fenster und Türen geöffnet.

Ein kleiner Apparat im Raum misst außerdem den CO2-Gehalt in der Luft und schlägt Alarm, wenn wieder Lüften angesagt ist. Schulleiterin Silvia Prieto hat die Klassenstärke reduziert: Maximal 20 Kinder werden zusammen unterrichtet. Eine Klasse sei eine Burbuja, sagt sie, eine Blase."

Zäune verhindern zu viele Kontakte unter Schülern

Auf dem Schulhof und im Speisesaal sollen die Burbujas zusammenbleiben und sich die Klassen nicht durchmischen. Dafür haben wir die Schule in bestimmte Bereiche getrennt und mit Bändern abgesperrt. Andere Schulen haben dafür Zäune aufgebaut", so Prieto. "So wollen wir verhindern, dass die Kinder zu viele Kontakte auf dem Gelände haben und andere infizieren könnten."

Auch der Schulhof ist mit Bändern in verschiedene Abschnitte unterteilt. In jedem Abschnitt macht eine andere Klasse, eine Burbuja, Pause. Innerhalb der Burbuja haben die Schüler Kontakt zueinander. Wird ein Kind positiv auf das Coronavirus getestet, geht nicht gleich seine ganze Klasse in Quarantäne.

Miguel erinnert sich an zwei Mitschüler, die seit dem Herbst infiziert waren. "Nur diejenigen mussten zu Hause bleiben, die in der Klasse oder im Speisesaal in ihrer Nähe gesessen haben. Die anderen nicht. Denn wir halten ja immer den Abstand ein und die anderen Regeln."

Maskenpflicht für Kinder ab sechs Jahren

Dazu zählt auch eine strenge Maskenpflicht für alle Schüler ab sechs Jahren. Miguels Vater Javi reichen die Schutzvorkehrungen nicht aus. Er wünscht sich mehr Corona-Tests. Selbsttests wie an deutschen Schulen gibt es in Spanien kaum."

Es wäre wohl gut, wenn bei einem positiven Fall zumindest die Schüler der Klasse getestet werden. Das passiert nicht", so Javi. "Nur diejenigen, die wirklich engen Kontakt zum Positivfall hatten, bekommen einen Test. Wenn alle Schüler getestet würden, könnte man eventuell verhindern, dass es weitere Fälle gibt."

Auch einige Lehrer wünschen sich mehr Sicherheit im Unterricht. Lehrerin Maria Leonardo erzählt, dass etliche ihrer Kolleginnen und Kollegen ein mulmiges Gefühl hätten. Ein paar von ihnen kämen möglichst selten in die Schule. "Viele haben sich krankschreiben lassen. Oder fehlen drei Tage am Stück, wofür man kein Attest braucht. So geht das immer wieder."

Halbwegs normale Schultage

Die meisten Schüler nehmen die Situation gelassen. Sie freuen sich darüber, nach der monatelangen Ausgangssperre im Frühjahr 2020 jetzt wieder halbwegs normale Schultage zu haben und ihre Freunde zu sehen. An Maske, Abstand und die Trennung der Klassen habe er sich gewöhnt, sagt Miguel, er findet es inzwischen normal.

Und seine Mitschülerin Lola sagt: "Angst mich anzustecken, habe ich überhaupt nicht. Aber ich habe Angst, das Virus mit nach Hause zu bringen und vielleicht meine Großeltern anzustecken."

Die Gefahr scheint im Moment zumindest gering zu sein, die Maßnahmen der Schule wirken offenbar. Auch wenn es alles andere als strenge Regeln sind. Alle Schulen in der Region Madrid gehen ähnlich vor. Das Colegio Arquitecto Gaudi hat gut 300 Schüler; seit September gab es unter ihnen eine Handvoll Corona-Fälle, aber keine Infektion von Kind zu Kind.

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