Zum Auftakt des CDU-Bundesparteitags in Leipzig hat Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer die Delegierten zu einer Programm-Debatte aufgerufen.
Die CDU hat ihren zweitägigen Bundesparteitag in Leipzig begonnen. "Es sind und es waren 14 gute Jahre für Deutschland, und darauf können wir alle miteinander stolz sein", sagte Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Grundsatzrede. Für die CDU und ihre Wahlkämpfer sei es schädlich, "wenn man den Bürgern sagt, es war alles schlecht in den letzten 14 Jahren". Sie reagierte damit auf Aussagen ihres innerparteilichen Rivalen Friedrich Merz, der unlängst die Arbeit der Bundesregierung als "grottenschlecht" bezeichnet hatte.
Ein "schwieriges Jahr" - aber kein Ruin
Kramp-Karrenbauer räumte ein, dass die CDU seit ihrem Amtsantritt ein "schwieriges Jahr" durchgemacht habe - "das gebe ich ganz offen zu". Zugleich warnte sie aber vor Schwarzmalerei: Vor dem Parteitag sei in vielen Medienberichten die Rede davon gewesen, dass in Leipzig eine "Revolution, ein Aufruhr" bevorstehe.
"Wir lassen uns nicht in den Ruin hineinschreiben." Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Vorsitzende
Absage an Personaldebatten
Die CDU-Chefin rief ihre Partei auf, sich Personaldebatten zu verkneifen. "Was wir tun müssen", sei die Frage, die die Menschen interessiere. Das interessiere "wesentlich mehr", als "wer was werden kann", sagte sie unter dem Applaus der Delegierten.
Bereits bei der Begrüßung der Delegierten hatte die CDU-Chefin zur inhaltlichen Programm-Arbeit ermuntert: Sie sei "nicht nur offen" für eine programmatische Debatte, "ich fordere diese Debatte heute von uns allen ein". Sie freue sich "auf jeden Beitrag, der uns weiterbringt, der unser programmatisches Profil schärft, der dabei hilft, unser Land noch besser zu machen". Zugleich betonte Kramp-Karrenbauer, der Parteitag solle ein Arbeitsparteitag werden.
"Zu arbeiten haben wir genug." Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Vorsitzende
Mit ihrem Appell nahm Kramp-Karrenbauer Bezug auf Personalspekultionen vor dem Parteitag, die für viel Unruhe in der CDU gesorgt hatten. Im Vorfeld des Leipziger Treffens war gefragt worden, inwieweit es zu einer Debatte über Kramp-Karrenbauers Position als CDU-Vorsitzende kommen könnte und ob Friedrich Merz sie in Bezug auf eine künftige Kanzlerkandidatur herausfordern würde. Er soll im Anschluss an Kramp-Karrenbauer auf dem Parteitag sprechen, seine Erwiderung auf die Rede der Parteichefin wird mit Spannung erwartet
Nur eine Wahl steht an
Eine Abstimmung über den Parteivorsitz steht in Leipzig allerdings nicht an. Es gibt nur einen einzigen Wahlgang, bei dem am Nachmittag die Bundestagsabgeordnete Silvia Breher zur stellvertretenden Parteichefin gewählt werden soll. Die Niedersächsin übernimmt das Amt von der bisherigen Vizechefin Ursula von der Leyen, die als EU-Kommissionspräsidentin nach Brüssel wechselt.
Im Mittelpunkt des Parteitages soll nach der Planung der CDU-Führung daher tatsächlich die inhaltliche Arbeit stehen: Nach der Aussprache der Delegierten im Anschluss an die Rede der Parteichefin will die CDU-Spitze zwei Leitanträge zur Debatte und Abstimmung stellen: Sie enthalten Positionierungen zur Zukunft der sozialen Marktwirtschaft und zur Digitalisierung.
Sozialleistungen sollen "auf den TÜV"
Kramp-Karrenbauer bezog zu diesem Themen in ihrer Rede bereits Stellung: Sie sprach sich für die Schaffung eines Digitalministeriums aus und betonte die Differenzen zum Koalitionspartner SPD.
"Das ist der größte Unterschied zur Sozialdemokratie: Wir wollen Wohlstand für alle, aber nicht Wohlfahrt für alle. Nicht jeder ist ein Bedürftigkeitsfall." Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Vorsitzende
Pro Jahr würden eine Billion Euro für den Sozialstaat ausgegeben. Man könne nicht immer mehr Geld zur Verfügung stellen, sondern müsse auch sehen, wie das Geld zielgerichteter ausgegeben werde könne. Mit Blick auf die Generationengerechtigkeit müsse man "diese Leistungen auf den TÜV stellen".
Beifallskundgebung für Merkel
Stehenden Applaus der Delegierten für etwa zwei Minuten gab es in Leipzig für Kanzlerin Angela Merkel: Sie wurde vor genau 14 Jahren zum ersten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt. Merkel wirkte angesichts des Beifalls fast verlegen, strahlte und machte schließlich Zeichen, mit dem Applaus aufzuhören. Sie war im vergangenen Jahr nach 18 Jahren vom Parteivorsitz zurückgetreten, nachdem die CDU mehrere Landtagswahlen verloren hatte. Daraufhin war Kramp-Karrenbauer beim Parteitag in Hamburg im Dezember 2018 zur neuen Vorsitzenden gewählt worden.
Klare Abgrenzung zur AfD
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer vollzog in seinen Begrüßungsworten erneut eine scharfe Abgrenzung zur AfD. Dort säßen "Neonazis", sagte Kretschmer: "Das muss man auch wirklich so benennen." In der CDU/CSU gebe es dagegen keinen Rechtsextremen, "und wenn er da wäre, wäre er nicht mehr lange da".
Es sei zwar richtig, dass nicht jedes AfD-Mitglied ein Neonazi oder ein Rechtsextremist sei. Aber wenn man solche Leute in seiner Partei oder Fraktion dulde, müsse man sie sich auch zurechnen lassen, sagte Kretschmer und fügte hinzu: "Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun." Die CDU schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD und der Linkspartei aus.