Bundeswehr im Kosovo: "Alles im grünen Bereich"
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Deutsche Soldaten der Kosovo-Schutztruppe KFOR bewachen am 20.12.2012 in Zupce im Kosovo eine Straße.

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Bundeswehr im Kosovo: "Alles im grünen Bereich"

Es ist der längste Einsatz der Bundeswehr im Ausland, im Kosovo, seit 1999, jährlich verlängert. Mehrere tausend deutsche Soldaten zuerst, jetzt nur noch knapp 70, um ein friedliches Nebeneinander von Kosovo-Albanern und Serben zu sichern.

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Um schnell bis zum "Auge" hochzukommen, musste sich die Bundeswehr von den Schweizern helfen lassen. Nur die hatten einen Puma-Hubschrauber, der dafür gut war, halbwegs sicher zu landen, auch im strömenden Regen, mit dem neugierigen Gast an Bord.

Oben durfte sich die Frau aus Berlin dann anhören, von einem Gebirgsjäger-Hauptmann aus Berchtesgaden, dass die Bundeswehr nicht gut genug gerüstet sei für den Einsatz im Kosovo. Sie hörte sich alles geduldig an, denn: Sie hoffte, sie würde das, was ihr hier erzählt wurde, später gut gebrauchen können. Nach dem nächsten Karriereschritt. Vier Monate später war die neugierige Frau aus Berlin Bundeskanzlerin: Angela Merkel.

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Wie im Bayerischen Wald - nur nicht so friedlich

Beim Truppenbesuch in Pristina und Prizren war Angela Merkel noch Kanzlerkandidatin. Bei den Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz, im Kosovo. Das war ihr wichtig im Wahlkampf. 2.600 Männer - vor allem - und einige Soldatinnen waren im Kosovo stationiert, viele aus Bayern, aus Berchtesgaden, aus Weiden in Oberpfalz. Die Hügel hinter Prizren gleichen denen im Bayerischen Wald. Es war nur deutlich weniger friedlich hier. 2005 war Merkel da, sechs Jahre nach dem Kosovo-Krieg. Seit 1999 war die KFOR-Truppe im Kosovo-Krieg. Kosovo war noch nicht unabhängig.

Frieden schaffen durch Präsenz

Der Auftrag: Den Abzug bewaffneter serbische Kräfte zu überwachen, die Entmilitarisierung der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo. Sicherheit möglich zu machen, für die Mehrheit der Kosovo-Albaner, aber auch für die Minderheit der im Kosovo lebenden Serben. 2.600 Bundeswehrsoldaten - damals, 2005 - als Teil der internationalen KFOR-Mission, im Auftrag der Vereinten Nationen, unter Führung der Nato.

Von halbwegs friedlichem Nebeneinander-Leben von Albanern und Serben im Kosovo war 2005 noch keine Spur. Zu frisch noch der Krieg in den Köpfen. Alte ethnische Konflikte. Im Jahr zuvor waren drei albanische Kinder im Fluss Ibar bei Mitrovica ertrunken, angeblich von Serben verfolgt. 50.000 albanische Demonstranten gingen danach Kosovo-weit wütend auf die Straßen, 19 Menschen starben, elf Albaner, acht Serben.

Bundeswehr bedingt gerüstet?

Auch in Prizren brannte die serbisch-orthodoxe Kirche. Die Bundeswehr war da, fühlte sich aber falsch gerüstet. Sie hätten schießen können. Was fehlte, war Polizeiausrüstung, Gummiknüppel, Tränengasgranaten - um dazwischengehen zu können, ohne scharf zu schießen, um die tobende Menge möglichst unblutig zu trennen. Bis Angela Merkel vorbeischaute, war aber nachgerüstet: Es gab eine Task Force, mit Polizeiausrüstung, um die 56 verbliebenen Serben in Prizren zu schützen. Seitdem hat sich viel getan.

Nur mehr knapp 70 deutsche Soldaten im Kosovo-Einsatz

Hauptmann Arne - Familiennamen sind im Auslandseinsatz geheime Verschlusssache - beschreibt, Ende des Jahres 2022 - wie es inzwischen ist, als Bundeswehrsoldat im Kosovo:

"Man ist hier schon sehr willkommen. Das spürt man schon sehr als Soldat. Das ist keine akute Bedrohungslage mehr." (Hauptmann Arne, KFOR-Hauptquartier Pristina)

Er ist nur mehr einer von knapp 70 deutschen Soldaten und Soldatinnen im KFOR-Kosovo-Einsatz. Deutlich weniger als zu Beginn.

Bisher längster Auslandseinsatz der Bundeswehr

Das deutsche Kontingent wurde zunehmend und deutlich zurückgefahren, das Feldlager Prizren aufgelöst: Mission erfüllt. Deutsche Bundeswehr-Teams fahren kaum mehr Patrouille, die kosovarische Polizei hat inzwischen einiges selbst im Griff. Trotzdem will und soll die Bundeswehr noch im Kosovo bleiben, ihren bisher längsten Auslandseinsatz verlängern. Jedes Jahr seit 1999 hat die Bundesregierung das befürwortet, hat der Deutsche Bundestag mit Mehrheit zugestimmt. Es ist gerade wieder so weit.

Ende 2022 eskalierte Konflikt zwischen Serben und Kosovo-Albanern

Knapp 70 Köpfe stark, die geschrumpfte Bundeswehr-Truppe im Kosovo. Es dürfte mehr sein, bis zu 400, so weit reicht das Mandat auch jetzt noch. Diese Obergrenze soll auch beibehalten werden, um, so die Bundesregierung, "schnell und flexibel auf etwaige Lageveränderungen reagieren zu können." "Lageveränderungen" wie Ende vergangenen Jahres, als der schwelende Konflikt zwischen Serben und Kosovo-Albanern im Norden des Landes, an der Grenze zu Serbien, eskalierte.

KFOR zeigt Stärke, wenn's brennt

Schnell zeigte die KFOR Präsenz, als Kieslaster die Grenze zu Serbien blockierten, als erste Barrikaden brannten. Einige Hardliner legten auf Twitter schnell nach, Brandbeschleuniger, sie beschworen einen neuen "Krieg". Es blieb, nach ein, zwei unruhigen Nächten und Tagen, beim "Twitter-Krieg". Der Ausbruch der Emotionen damals im Winter machte aber klar, was Oberst Wolfgang Joppich nach seinem Einsatz als Führungsoffizier der kleinen deutschen Kosovo-Truppe im vergangenen Jahr schon zu Protokoll gab: "Einige Serben und Kosovaren stehen sich in vielen Bereichen noch unversöhnlich gegenüber."

Alles "im grünen Bereich"?

Im Moment aber sei wieder alles "im grünen Bereich", sagt Hauptmann Arne im KFOR-Hauptquartier in Pristina. Die Diplomaten und Unterhändler bemühen sich, Deutschland hat mit Frankreich einen Plan auf den Tisch gelegt, der schon mal funktioniert hat. Ohne den - sehr langfristig gesehen - Angela Merkel nie gesamtdeutsche Bundeskanzlerin geworden wäre. Ein Abkommen zwischen Serbien und Kosovo frei nach Motiven des deutsch-deutschen Abkommens, in dem sich die Bundesrepublik Deutschland und die DDR auch nicht gegenseitig aberkannten, aber begonnen haben, anstelle von Botschaftern eben "ständige Vertreter" auszutauschen. Viele Jahre später fiel die Mauer zwischen den beiden verfeindeten Staaten.

Es bewegt sich (vielleicht) doch

Noch wird um Klein- und Großgedrucktes gerungen, zwischen Serbien und Kosovo, dem kleinen Land, der Ex-Provinz, die Serbien nicht als unabhängigen Staat anerkennen mag. Die EU vermittelt, die USA ebenfalls, Deutschland spielt eine hervorgehobene Rolle. Die KFOR-Truppe passt auf, dass niemand stört. So lange es nötig ist.

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