Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Verkündung der Wirtschaftsprognose der Bundesregierung.
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Bundesregierung: Inflation geht 2023 weiter

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Bundesregierung: Inflation geht 2023 weiter

Durch Krieg und Energiepreiskrise schwächelt die Wirtschaft und die Inflation ist gestiegen. Dabei soll es auch im kommenden Jahr bleiben - so die Herbstprognose der Bundesregierung am Mittwoch.

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Es bleibt bei schwacher Konjunktur und Inflation - auch im nächsten Jahr. Davon geht die Bundesregierung derzeit aus. Wegen der Krise der Energiepreise habe man die Konjunkturprognose deutlich gesenkt. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der Herbstprojektion von "ernsten Zeiten".

"Wir erleben derzeit eine schwere Energiekrise, die sich immer mehr zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise auswächst." Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister

Kleines Wachstum heuer - nächstes Jahr sogar Minus

Laut Prognose erwartet die Regierung in diesem Jahr nur noch ein kleines Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent, im kommenden Jahr dürfte die Wirtschaft um 0,4 Prozent schrumpfen. Für 2024 wird mit einem Wachstum von 2,3 Prozent gerechnet.

In der Frühjahrsprojektion hatte die Bundesregierung noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,2 Prozent in diesem Jahr und um 2,5 Prozent im nächsten Jahr gerechnet.

Hohe Energiepreise sorgen weiter für hohe Inflation

Auslöser dieser Krise sei sei unmittelbar der Stopp russischer Gaslieferungen. Dadurch befänden sich die Energiepreise weiterhin auf einem sehr hohen Niveau, so das Ministerium. Die hohen Preise bremsten die Industrieproduktion. Der Kaufkraftverlust hinterlasse auch Spuren im preisbereinigten privaten Konsum, der im nächsten Jahr rückläufig sein dürfte.

Die Bundesregierung geht von weiter steigenden Verbraucherpreisen und einer Inflationsrate von 8,0 Prozent im laufenden Jahr und von 7,0 Prozent im kommenden Jahr aus.

Lindner: Deutschland schlechter als andere Industrienationen

Finanzminister Christian Lindner hat eingeräumt, dass Deutschland wirtschaftlich deutlich schlechter durch die Inflations- und Energiekrise kommt als viele andere Länder. "Deutschland kann nicht zufrieden sein damit, wie wir im nächsten Jahr uns wirtschaftlich entwickeln", so der FDP-Politiker.

"Im Vergleich zu anderen Industrienationen hat Deutschland offensichtlich große Hausaufgaben mitzunehmen aus Washington nach Deutschland", sagte Lindner. "Wir können jedenfalls nicht damit zufrieden sein, dass wir von den Industrienationen jetzt die schwächste wirtschaftliche Entwicklung haben, parallel zu sehr hohen Inflationsraten."

Dass Deutschland so schlecht durch die Krise komme, liege zwar zum einen an der besonderen energiepolitischen Abhängigkeit und der internationalen Exponiertheit als Exportnation. Zugleich aber gebe es auch "länger bestehende Defizite unserer Wettbewerbsfähigkeit, an denen wir systematisch in den nächsten Jahren werden arbeiten müssen". Dabei gehe es nicht nur um die Industrie, sondern auch um den Mittelstand.

IWF: Höchste Inflation seit Jahrzehnten

Unterdessen spricht der Internationale Währungsfonds (IWF) von der höchsten Inflation seit Jahrzehnten und warnt darum vor einer zu lockeren Finanzpolitik. Die Haushaltsdefizite müssten reduziert werden, um die Inflation nicht noch zusätzlich anzuheizen, hieß es in einer Analyse des IWF, die am Mittwoch in Washington veröffentlicht wurde.

So könne verhindert werden, dass die wegen der Inflation nötigen Zinserhöhungen noch kräftiger ausfielen. Für die Staaten würde dies weniger stark steigende Kosten bedeuten, um die Schulden zu bedienen. Diese sind in den meisten Ländern in der Coronavirus-Pandemie sprunghaft gestiegen.

Kritik an Großbritannien wegen Steuersenkungen

Die britische Regierung steht derzeit in der Kritik, weil sie schuldenfinanzierte Steuersenkungen und hohe Ausgaben zur Dämpfung der Energiepreise plant. Das hat für Turbulenzen an den Finanzmärkten gesorgt, weswegen die Notenbank mit Anleihekäufen eingegriffen hat. Außerdem hat sie die Zinsen zuletzt kräftig angehoben.

IWF: Staaten sind zu hoch verschuldet

Für dieses Jahr prognostiziert der IWF einen globalen Schuldenstand der Staaten von 91 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Das sei immer noch ein erhöhtes Niveau, wenn auch unter dem Rekordwert von 2020. Im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie habe es einen Zuwachs um 7,5 Prozentpunkte gegeben, vor allem wegen gestiegener Ausgaben.

Anfällig seien vor allem Entwicklungsländer. Fast 60 Prozent der ärmsten Staaten hätten Probleme, ihre Schulden noch zu bedienen oder seien kurz davor. Hier müsse es Schuldenerleichterungen durch die Gläubiger geben, so der IWF.

Maßnahmen vieler Länder laut IWF zu ineffektiv

Die Maßnahmen in 174 Ländern durch den Ukraine-Krieg im ersten Halbjahr 2022 richteten sich meist nicht gezielt an die Bedürftigsten, so der IWF. Pauschale Maßnahmen zur Subventionierung von Preisen seien teuer und wenig effektiv. Sie müssten vermieden werden.

Gaspreisbremse in Deutschland nach "Prinzip Gießkanne"

In Deutschland hat die von der Regierung eingesetzte Expertenkommission gerade Vorschläge zur Senkung der Gaspreise gemacht. Kritiker bemängeln dabei, dass mit dem "Prinzip Gießkanne" gearbeitet wird und reiche Haushalte auch profitieren würden.

Die Bundesregierung hatte einen Abwehrschirm von bis zu 200 Milliarden Euro angekündigt, um Verbraucher und Unternehmen wegen der stark steigenden Energiepreise zu unterstützen. Davon soll auch die geplante Gaspreisbremse finanziert werden. Diese dämpft laut Prognose Habecks den Anstieg der Verbraucherpreise im kommenden Jahr.

Mit Informationen von dpa, Reuters, AFP

Geteiltes Echo auf Vorschläge zur Gaspreisbremse
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Geteiltes Echo auf Vorschläge zur Gaspreisbremse

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