Es gebe Antisemitismus in Deutschland, und zwar nicht nur in "dumpfen Hetzparolen", sondern auch intellektuell in Nebensätzen. "Alles das dürfen wir nicht hinnehmen", mahnte er. "Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass es Antisemitismus von denjenigen gibt, die seit Generationen hier wohnen und Zuwanderern, die ihn mitbringen".
"Antisemitismus zerstört am Ende Heimat für alle und deshalb sind öffentliche Einrichtungen, auch die Polizei und die Justiz, dazu aufgerufen, Antisemitismus zu bekämpfen." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Man dürfe diesen Kampf aber nicht nur den öffentlichen Einrichtungen überlassen, sondern: "Wir müssen auch den Mut und die Courage im Alltag selbst zeigen", forderte Steinmeier.
Skepsis gegenüber Söders Kreuz-Erlass
Steinmeier ließ darüber hinaus Skepsis erkennen gegenüber dem Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, in allen Landeseinrichtungen christliche Kreuze anzubringen. Das Bundesverfassungsgericht habe schon 1995 entschieden, dass das Kreuz den Wesenskern des Christentums symbolisiere und der nicht vom Staat sondern von der Kirche zu füllen sei. Das sei etwas, was die Länder zu berücksichtigen hätten. Im Übrigen sage er als bekennender Christ: "Was uns sonntags in der Kirche fehlt, das wird das Kreuz in den Behörden eigentlich nicht ersetzen können".
Sorge wegen wachsender Distanz zu den USA
Besorgt äußerte sich der Bundespräsident über die wachsende Distanz im Verhältnis zu den USA. "Mir macht die Entwicklung im transatlantischen Verhältnis (...) wirklich Sorge", sagt er. Dabei gehe es ihm weniger um den US-Präsidenten Donald Trump mit "manchen irritierenden Twitter-Meldungen". Vielmehr verändere sich in diesem Verhältnis gerade etwas substanziell. Zudem sehe er eine neue amerikanische Administration, "die uns nicht mehr als Teil einer Wertegemeinschaft begreift, in der wir miteinander handeln". Vielmehr sehe sie die Welt offenbar mehr als eine Arena, in der jeder irgendwie zurechtkommen müsse. Wenn es nur noch um die Kraft des Stärkeren gehen sollte, dann entspreche das nicht den hiesigen Vorstellungen. Dann würde ein "wichtiger Eckpfeiler auch unseres Verständnisses fehlen".
Steinmeier: Iran-Abkommen aufrechterhalten
Steinmeier bekannte sich in diesem Zusammenhang zur Aufrechterhaltung des Iran-Atomabkommens, aus dem US-Präsident Donald Trump womöglich aussteigen wird. Sein früherer US-Außenministerkollege John Kerry habe seinerzeit bei dessen Unterzeichnung gesagt, dass man damit wahrscheinlich einen Krieg verhindert habe. "Das ist ein wichtiger Satz", sagte Steinmeier. Der mittlere Osten könne nicht noch eine neue Auseinandersetzung vertragen, warnte der frühere deutsche Außenminister.