Zu Beginn der Corona-Pandemie sagten viele Urlauber ihre Reise wieder ab - und zahlten dafür teils Stornogebühren. Könnte es die nachträglich zurückgeben und wenn ja, unter welchen Umständen? Damit befasst sich jetzt der Bundesgerichtshof.
Kläger storniert Reise und zahlt Stornogebühr
Es ist der erste Fall zu den Corona-Folgen für das Reiserecht, der die obersten Zivilrichter erreicht hat. Der Kläger hatte bei einem Münchner Veranstalter für mehr als 6.000 Euro eine Japan-Reise gebucht, die im April 2020 stattfinden sollte.
Am 1. März 2020 trat er wegen der sich zuspitzenden Lage von der Reise zurück und bezahlte vertragsgemäß 25 Prozent Stornokosten- also knapp 1.540 Euro. Ende März erging dann für Japan ein Einreiseverbot und deshalb will der Mann das Geld zurück. Das Amtsgericht München gab ihm recht, auf die Berufung des Reiseveranstalters hin wies das Landgericht die Klage aber zurück.
Reiseland verhängt Einreiseverbot - Kläger sieht Recht auf vollständige Rückzahlung
Ein gesetzliches Recht auf kostenlose Stornierung gibt es nur dann, wenn "unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände" die Reise erheblich beeinträchtigen. Umstritten ist, ob es hierbei ausschließlich auf den Zeitpunkt des Rücktritts ankommt oder auch die spätere Entwicklung zu berücksichtigen ist.
In diesem Spannungsfeld bewegt sich nun auch der Bundesgerichtshof. Es stellten sich nun zwei Fragen, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Bacher in der Verhandlung: Erstens, ob am 1. März 2020 bereits solche außergewöhnlichen Umstände vorlagen. Und zweitens, ob das überhaupt der entscheidende Zeitpunkt war - oder ob es nicht vielmehr auf die spätere Entwicklung ankam. "Wäre der Rücktritt am 27. März erfolgt, säßen wir jetzt nicht hier", fasste Bacher zusammen.
Den Zehnten Zivilsenat am BGH störte, dass das Landgericht sich vor allem auf die Infektionszahlen konzentrierte. Vielleicht habe schon die Ungewissheit, ob eine große Gefahr drohe, die Reise unzumutbar gemacht, sagte Bacher.
Fall geht womöglich zurück ans Landgericht
Eine Entscheidung, die eigentlich bereits für den heutigen Verhandlungstag angekündigt war, wurde ohne weitere Angabe von Gründen auf August verschoben. Womöglich werden die Argumente der beiden Anwälte noch genauer besprochen.
Bacher deutete aber bereits an, dass der BGH den Fall nicht selbst entscheiden, sondern zur neuen Verhandlung an das Landgericht zurückverweisen könnte. Womöglich wenden sich die Karlsruher Richterinnen und Richter aber auch an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg: Deutschland hat mit seiner Regelung nämlich eine europäische Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Bei Unklarheiten, wie genau zu entscheiden ist, können nationale Gerichte den EuGH um Auslegung des EU-Rechts bitten.
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