Bei ihren Ermittlungen zu den Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 hat die Bundesanwaltschaft im Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen lassen. Das teilte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde auf Anfrage mit. Es bestehe der Verdacht, dass das Schiff zum Transport von Sprengsätzen verwendet worden sein könnte, die am 26. September 2022 an den Pipelines explodiert waren.
"Verdächtige Schiffsanmietung" im Fokus
Laut Bundesanwaltschaft fand die Durchsuchung vom 18. bis 20. Januar "im Zusammenhang mit einer verdächtigen Schiffsanmietung" statt. Bei den weiteren Ermittlungen werde sämtlichen Hinweisen zur Aufklärung des Sachverhalts nachgegangen. Ein Tatverdacht gegen Mitarbeiter des deutschen Unternehmens, welches das Schiff vermietet habe, bestehe nicht.
Die Auswertung der sichergestellten Spuren und Gegenstände dauere an, so die Sprecherin. "Die Identität der Täter und deren Tatmotive sind Gegenstand der laufenden Ermittlungen", hieß es weiter. "Belastbare Aussagen" hierzu, insbesondere "zur Frage einer staatlichen Steuerung" der Anschläge auf die Pipelines, könnten derzeit nicht getroffen werden.
Pro-ukrainische Gruppe unter Verdacht
ARD, SWR und die "Zeit" hatten am Dienstagabend über neue Erkenntnisse der Ermittler berichtet. Dort hieß es unter Berufung auf geheimdienstliche Hinweise, eine pro-ukrainische Gruppe könnte für die Explosionen verantwortlich sein. Beweise dafür, wer diese in Auftrag gegeben habe, seien bislang aber nicht gefunden worden.
Nach diesen Berichten wurde die fragliche Jacht von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet, welche "offenbar zwei Ukrainern gehört". Ein sechsköpfiges Team, bestehend aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten und einer Ärztin, habe den Sprengstoff damit zu den Tatorten gebracht. Welche Nationalitäten diese Leute hätten, sei unklar. Sie hätten offenbar gefälschte Pässe verwendet.
Bundesregierung reagiert zurückhaltend
Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend zu den Berichten. Eine Regierungssprecherin in Berlin erklärte, der Generalbundesanwalt ermittle seit Anfang Oktober 2022 in der Sache und verwies darüber hinaus auf laufende Untersuchungen in Schweden und Dänemark zu den Explosionen.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte im Deutschlandfunk, er habe die Recherche-Ergebnisse mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Man müsse aber abzuwarten, was sich davon wirklich bestätige. Schließlich könne es sich genauso gut um eine "False-Flag-Aktion" handeln, um pro-ukrainischen Gruppierungen etwas in die Schuhe zu schieben. "Die Wahrscheinlichkeit für das eine wie für das andere ist gleichermaßen hoch", erklärte Pistorius.
Regierung in Kiew bestreitet jede Beteiligung
Über die Frage, wer hinter der mutmaßlichen Sabotage steckt, hatte es viele Spekulationen gegeben. Die USA vermuten einem Bericht zufolge inzwischen aber, dass eine pro-ukrainische Gruppe hinter dem Anschlag steckt. Es gebe jedoch keine Beweise, dass Präsident Wolodymyr Selenskyj daran beteiligt gewesen sei oder dass Einzeltäter auf Geheiß ukrainischer Regierungsvertreter agiert hätten, berichtete die "New York Times" am Dienstag.
Die Ukraine streitet eine Beteiligung entschieden ab. Die Regierung in Kiew sei "absolut nicht verwickelt" in den Sabotage-Akt, sagte Präsidentenberater Michailo Podoljak der Nachrichtenagentur Reuters.
Schwere Sabotage führte zu vier Lecks an Nord-Stream-Pipelines
Ende September waren nach Explosionen nahe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Pipelines von Russland nach Deutschland entdeckt worden. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Die schwedischen Sicherheitsbehörden hatten im November festgestellt, dass es sich um schwere Sabotage gehandelt habe - ohne jedoch einen Schuldigen zu benennen.
Mit Informationen von dpa und Reuters

Aufnahme des Gaslecks an der Pipeline Nord Stream 1 vom 28. September 2022
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