Wie ernst die Lage ist, machte Burkhard Jung (SPD) in seinem Statement nach dem Flüchtlingsgipfel deutlich. "Die Situation ist vergleichbar mit der im Jahre 2015", sagte der Vizepräsident des Städtetags. Viele Kommunen, so der Leipziger Oberbürgermeister, hätten bereits ihre Belastungsgrenze erreicht. Es gehe nicht allein um die Flüchtlinge aus der Ukraine, auch über die Balkanroute kämen wieder mehr Menschen nach Deutschland.
Den Vergleich mit 2015 wollte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nicht teilen, sie sprach stattdessen von einer Situation, die ihre Sorgen bereitet, und hat weitere Unterstützung durch den Bund angekündigt. 56 Bundesimmobilien sollen den Ländern und Kommunen für die dauerhafte Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung gestellt werden. Sie bieten laut Faeser Platz für 4.000 Menschen. Einige der Häuser seien allerdings nicht sofort beziehbar, sie müssten erst noch renoviert werden. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU), sagte, die Bereitstellung weiterer Immobilien des Bundes müsse angesichts der akuten Engpässe mit hohem Tempo vorangetrieben werden.
Faeser: "Begrenzung nötig"
Innenministerin Faeser sprach sich auf dem Flüchtlingsgipfel mit Vertretern von Ländern und Kommunen dafür aus, die Flüchtlingszahlen auf der Balkanroute zu begrenzen. Sie kündigte an, dass die Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich um ein halbes Jahr verlängert werden sollen. Außerdem gebe es vermehrt Schleierfahndung an der Grenze zu Tschechien. Wegen der Flüchtlingsbewegungen sei man zudem in einem engen Kontakt zu Tschechien und Österreich, die ihre Grenzen zur Slowakei wieder kontrollierten. Man merke mittlerweile die Auswirkungen der Grenzkontrollen, so die Innenministerin.
Herrmann: Inakzeptables Verhalten Serbiens
In diesem Zusammenhang kritisierte Nancy Faeser das Agieren Serbiens. Sie forderte die serbische Regierung im Namen der Bundesregierung auf, die visumsfreie Einreise für Staatsangehörige vieler Drittstaaten zu stoppen. Diese habe zu einer Zunahme der unerlaubten Einreisen in die EU geführt. Noch deutlicher wurde Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Er sprach von einem inakzeptablen Verhalten. "Ein Land, das in die EU will, kann sich nicht so verhalten."
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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU
"Gemeinden am Limit"
Herrmann betonte im Gespräch mit BR24, die allermeisten Gemeinden in Deutschland seien am Limit. "Da ist kaum noch Spielraum, größere Zahlen an Flüchtlingen aufzunehmen. Deshalb müssen wir jetzt alles tun, um den Flüchtlingszugang zu begrenzen. Das hat heute auch die Bundesinnenministerin klar so gesagt."
Der bayerische Innenminister begrüßte es, dass der Bund weitere 4.000 Plätze in seinen eigenen Liegenschaften anbieten möchte. Allerdings werde das nicht ausreichen. Hinzu komme die aktuelle Wirtschaftskrise, welche die Länder unter Druck setze. "Wir wollen den Ukrainern auf jeden Fall helfen, aber es können nicht beliebig viele Flüchtling aus anderen Teilen der Welt zu uns kommen", so der bayerische Innenminister.
Mehr Austausch bei Unterkünften
Bund, Länder und Kommunen verabredeten auf dem Gipfel, eine digitale Plattform zu schaffen, um sich künftig besser austauschen zu können – beispielsweise im Hinblick auf die Unterbringungsmöglichkeiten und die Auslastung in einzelnen Regionen.
Einig zeigten sich alle Vertreter darin, dass es hinsichtlich der Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine kaum Planungssicherheit gebe, da die Kriegssituation zu unklar ist. Sie wollen sich deshalb künftig einmal im Monat über die aktuelle Situation austauschen.
Keine finanziellen Zusagen
Ein strittiger Punkt in der Flüchtlingsfrage wurde weitgehend ausgeklammert – das Geld. Faeser machte keine finanziellen Zusagen. Das soll im November geschehen. Dann soll in einem Treffen zwischen dem Bund und den Ländern geklärt werden, wie sich die Bundesregierung finanziell an den Flüchtlingskosten beteiligen will. Bayerns Innenminister Hermann sagte, es sei nicht zu erwarten gewesen, dass Nancy Faeser das Scheckbuch dabei haben würde, es sei aber dringend notwendig, dass es im November zu klaren Vereinbarungen kommt. "Städte und Gemeinden müssen wissen, worauf sie finanziell hoffen dürfen."