Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bleibt hart. Sie lehnt weiterhin Obergrenzen für die Aufnahme Geflüchteter in Deutschland ab. Doch Städte und Gemeinden dringen weiter auf mehr Geld und hoffen auf konkrete Beschlüsse beim Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern am 10. Mai. Der Streit um Geld und Moral dauert nun schon Monate.
In einem Interview mit der Funke Mediengruppe machte Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetags, Druck: "Die Städte sind weiter bereit, geflüchteten Menschen Schutz zu bieten und ihnen zu helfen". Aber es fehle inzwischen an Wohnungen, Kita- und Schulplätzen und an Personal - "das alles brauchen wir für die Integration der Geflüchteten".
Herrmann: Flüchtlingspolitik Anreiz für irreguläre Migration
Schon am Donnerstag hatten sich auch Vertreter aus Bayern zu Wort gemeldet. Man müsse Sorge tragen, dass die Flüchtlingspolitik bei einer breiten positiven Akzeptanz in der Bevölkerung bleibe, sagte etwa der Miltenberger Landrat Jens Marco Scherf. "Die Leute gehen auf dem Zahnfleisch", so der Landrat. Weder Einrichtungen noch das Personal fielen vom Himmel. Auch die Integrationsplätze seien in seinem Landkreis zu 95 Prozent belegt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warf Faeser vor, Anreize für weitere irreguläre Migration zu setzen.

Joachim Herrmann, Bayerns Innnenminister
Jung: Bund soll sich an Flüchtlingszahlen orientieren
Der Flüchtlingsgipfel, zu dem sich Bund und Länder am 10. Mai treffen wollen, müsse konkrete Ergebnisse liefern, forderte Burkhard Jung: "Wir erwarten auch die klare Aussage, dass sich die finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern dynamisch an die steigenden Flüchtlingszahlen anpasst."
Die derzeitige Beteiligung des Bundes basiere auf der Vereinbarung von November 2022, erklärte Jung. "Mittlerweile ist klar, dass viel mehr Flüchtlinge bei uns Schutz suchen als damals angenommen." Aus der Ukraine seien mittlerweile 1,1 Millionen Menschen registriert, zugleich stiegen auch die Zahlen der Asylanträge aus anderen Ländern.
"Die Kommunen brauchen keine pauschale Beteiligung des Bundes oder der Länder, sondern eine, die sich an der Entwicklung der Flüchtlingszahlen orientiert", sagte der Vizepräsident des Städtetages. So eine Regelung habe es bis 2021 gegeben.
Faeser: Es gibt keine Höchstgrenze für Menschlichkeit
Innenministerin Faeser hatte am Donnerstag darauf verwiesen, dass acht von zehn Geflüchteten aus der von Russland angegriffenen Ukraine kämen. "Da kann es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie wisse, dass die Kommunen gerade sehr belastet seien, sagte Faeser. Der Bund habe im vergangenen Jahr 4,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. "Außerdem haben wir die Sozialleistungen für die Flüchtlinge aus der Ukraine übernommen", rechnete die Ministerin vor. Für das laufende Jahr seien den Ländern und Kommunen frühzeitig 2,75 Milliarden Euro an zusätzlicher Unterstützung zugesagt worden. Sie finde es seltsam, wenn schon Anfang April gesagt werde, dass das Geld für dieses Jahr nicht ausreichen werde.
Boris Palmer sagte dazu in der Sendung "RTL Direkt" am Donnerstagabend: "Wenn die Bundesinnenministerin meint, die Kommunen hätten doch keine Probleme und könnten noch gar nicht wissen, was noch alles auf sie zukommt, dann fühle ich mich wirklich nicht ernst genommen und fast schon veralbert." Die Kommunen seien mit der Lage überfordert. "Im Bildungssystem, in den Kitas, auf dem Wohnungsmarkt, selbst in der medizinischen Versorgung sind wir am Anschlag."
Union attackiert Faeser
Notwendig seien mehr Unterstützung aus Berlin und eine Begrenzung der irregulären Migration, forderte Palmer. "Mehr als die Hälfte derjenigen, die jetzt zu uns kommen, haben gar keinen Asylanspruch." Wenn es keine europäische Regelung bei der Begrenzung der Flüchtlingszahlen gebe, müsse Deutschland reagieren, sagte der Oberbürgermeister. "Das heißt, wir müssen in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder trennen.
Wer Schutzanspruch hat, kommt in die Kommunen. Das werden wir schaffen. Wer keinen Schutzanspruch hat, verbleibt in den Aufnahmeeinrichtungen der Länder, bekommt nur Sachleistungen, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Dann ist der Anreiz, die Einreise zu erzwingen, ganz schnell weg. Und dann werden wir die Sache wieder in den Griff bekommen", so Palmer.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), übte ebenfalls scharfe Kritik an Faeser (SPD) und forderte eine Verdoppelung der Bundesmittel auf 5,5 Milliarden Euro. "2022 sind mit 1,3 Millionen Menschen mehr Schutzsuchende nach Deutschland gekommen als in den beiden Migrationskrisenjahren 2015 und 2016 zusammen", sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Samstag).
Die Kommunen hätten das bisher glänzend hinbekommen. "Dafür brauchen sie aber mindestens doppelt so viel Unterstützung als die bisher für dieses Jahr vorgesehenen 2,75 Milliarden Euro", mahnte der CDU-Politiker.
"Frau Faeser scheint auf einem anderen Planeten zu leben. Ihre Äußerungen zur Bewältigung der Migrationsherausforderungen in den Städten, Gemeinden und Landkreisen hat nichts, aber auch gar nichts mit der Realität vor Ort zu tun", sagte Frei. Er kritisierte auch das Nein der Ministerin zu einer Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme, weil acht von zehn Geflüchteten aus der Ukraine kämen und es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben könne. "Inzwischen kommen kaum mehr Ukrainer, dafür aber monatlich 30.000 Asylbewerber."
Mit Informationen von KNA und epd
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