Erzbischof Georg Gänswein.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Peter Kneffel

Der aus dem Erzbistum Freiburg stammende Georg Gänswein war lange Jahre Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. Nun braucht er eine neue Aufgabe.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Botschafter, Bischof oder Ruheständler: Was wird aus Gänswein?

Wie sieht die Zukunft des Benedikt-Vertrauten Georg Gänswein aus - wird der Erzbischof Vatikan-Botschafter oder Ortsbischof? Vielleicht kehrt er auch als Seelsorger in seine Heimat Freiburg zurück. Papst Franziskus will, dass er den Vatikan verlässt.

Über dieses Thema berichtet: B5 Hintergrund am .

Seit dem Tod von Benedikt XVI. ist die berufliche Zukunft seines langjährigen Privatsekretärs Georg Gänswein ungewiss. Kürzlich sagte Papst Franziskus einem Journalisten aber, dass Gänsweins Karriere im Vatikan beendet sei. Dabei erinnerte er an ein berühmtes Beispiel, nämlich den Sekretär von Papst Johannes Paul II., Stanisław Dziwisz. Der ging nach dem Tod des Papstes zurück nach Polen. Kommt also Georg Gänswein zurück in seine Heimat, nach Deutschland?

Während Stanisław Dziwisz bei seiner Rückkehr nach Polen Erzbischof von Krakau wurde, dürfte sich Georg Gänswein eher wenig Hoffnung auf den Bischofsstuhl in seiner Heimatdiözese Freiburg machen. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger ist fast sechs Jahre jünger als Gänswein und erst seit 2014 im Amt.

Gänswein muss Vatikan in ein paar Monaten verlassen

20 Jahre verbrachte Gänswein an der Seite des verstorbenen Papstes Benedikt im Vatikan. Nach dem Tod seines Dienstherrn ist seine Zukunft bisher unklar. Klar ist nur: Gänswein wird nicht im Vatikan bleiben. Er müsse den Vatikan in ein paar Monaten verlassen, sagte Franziskus einem argentinischen Journalisten.

"Kleriker können in der Regel selten was für sich entscheiden, weil sie zum Gehorsam verpflichtet sind", erklärt der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. "Das war lange Zeit Johannes Paul II. Dann war es Benedikt XVI., zu dem Gänswein eine besondere Beziehung hatte. Und nun ist es Papst Franziskus, der ihm sagen kann, was er zu tun und zu lassen hat." Das sei nicht vergleichbar mit einem bürgerlichen Leben, dass jemand nach dem Ende eines Jobs einfach frei entscheidet, was er als nächstes machen will, meint Schüller. "Hier entscheidet der Papst und man wird jetzt sehen, was Franziskus mit ihm vorhat."

Gänswein könnte immer noch Vatikan-Botschafter werden

Wohin es Georg Gänswein verschlägt, entscheidet also nicht er. Trotzdem gibt es schon seit Benedikts Tod Spekulationen, welche Aufgabe der enge Benedikt-Vertraute übernehmen wird. Im März berichtete das spanischsprachige Religionsportal "Religion Digital", Gänswein werde Vatikanbotschafter im zentralamerikanischen Costa Rica. Gänswein wies die Berichte aber als "Fake News" zurück. Dass er aber doch noch vielleicht irgendwo auf der Welt Botschafter des Heiligen Stuhls werde, sei noch nicht ausgeschlossen, meint Thomas Schüller: "Er brächte einiges dafür mit. Er ist promovierter Kirchenrechtler, hat allerdings nicht die klassische Ausbildung der päpstlichen Diplomatenakademie durchlaufen. Das ist aber kein Hinderungsgrund", meint Schüller.

Eine zweite Möglichkeit wäre es, Erzbischof Gänswein an die Spitze einer Diözese zu berufen. "Bamberg ist ja im Moment frei", sagt Schüller. Nach dem bayerischen Konkordat ernenne der Papst frei nach den Vorschlägen des Domkapitels und der bayerischen Bischöfe. "Dann müsste er bei den Vorschlägen dabei sein", so Schüller.

Es gibt aber auch noch ein anderes Erzbistum, das im Gespräch ist: das Erzbistum Vaduz in Liechtenstein. Papst Johannes Paul II. gründete es im Dezember 1997, um den umstrittenen konservativen Bischof Wolfgang Haas dorthin zu versetzen. Er steht kurz vor dem Ruhestand. Das Bistum halten Beobachter für ein Sammelbecken erzreaktionärer Priester. Obwohl Gänswein mit 67 Jahren zu jung für den Ruhestand ist, für die Berufung zum Ortsbischof ist er eher zu alt. Denn mit 75 Jahren müssen Bischöfe ihren Rücktritt einreichen. Seine Zeit im Amt wäre also relativ kurz.

Laien in Freiburg und Bamberg halten sich zurück

Viele Kirchenvertreter und Laien sind eher zurückhaltend, wenn es um die Zukunft Gänsweins geht. Man wolle sich nicht einmischen oder an Spekulationen beteiligen, heißt es von Laienvertretern aus den Erzbistümern Freiburg und Bamberg. "Es ist allein Erzbischof Gänsweins Sache, wie er seine Zukunft regelt", sagt Martin Müller, Geschäftsführer des Diözesanrates in Freiburg. Die Ansicht eines Diözesanrates sei in dieser Frage nicht maßgebend und man wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen. Auch aus dem Erzbistum Bamberg heißt es, man stehe "allem neutral gegenüber".

Gänsweins mögliche Berufung vom Leiter einer Diözese sieht die Initiative "Wir sind Kirche" kritisch. "Das wäre eine Entscheidung, die in Deutschland nicht verstanden wird", glaubt Christian Weisner vom Bundesteam. "Gänswein steht noch zu sehr für den Kurs von Papst Benedikt." Der Benedikt-Vertraute in der deutschen Bischofskonferenz würde das Gremium eher spalten als zusammenführen, meint Weisner. "Das würde den synodalen Weg, den wir gerade mühsam zu Ende gebracht haben, infrage stellen."

Gänswein als Ruheständler oder Seelsorger in Freiburg

Eine weitere Alternative wäre, Georg Gänswein kehrte als Seelsorger zurück in sein Heimatbistum, das Erzbistum Freiburg. "Dort müsste er sich bei seinem amtierenden Chef, Erzbischof Stephan Burger, erst mal vorstellen", sagt Kirchenrechtler Schüller. Denkbar wäre außerdem, dass sich Gänswein in den Ruhestand verabschiedet, auch wenn er dafür mit 67 Jahren eigentlich noch zu jung ist. Kirchenrechtler Schüller glaubt allerdings, dass es finanziell für den Erzbischof dann etwas eng werden könnte. "Er bekommt eine kleine Rente aufgrund seiner sehr langen Tätigkeit in Rom. Die ist aber äußerst bescheiden", meint Schüller.

Trotzdem könnten auch seine Bücher einen kleinen finanziellen Beitrag zur Rente leisten. Bereits einen Tag nach Benedikts Tod wurde Georg Gänsweins Buch "Nichts als die Wahrheit" angekündigt, das im März 2023 dann auch auf Deutsch veröffentlicht worden ist.

"Wir sind Kirche" hofft nicht auf Gänsweins Rückkehr

"Es wird wahrscheinlich eine Kombination aus beiden Einkünften sein. Er ist ja ein bisschen auch Schriftsteller. Er hat jetzt eine Homestory geschrieben, die sich ganz gut verkauft. Aber der Reiz der Kolportage wird auch irgendwann vorbei sein", glaubt Schüller. Mit theologischen Büchern alleine werde man dagegen nicht reich.

Gerade wegen Gänsweins Enthüllungsbuch hofft Christian Weisner von "Wir sind Kirche", dass der Erzbischof keine wichtige Rolle in der katholischen Kirche in Deutschland einnehmen wird. Gänswein beziehe im Buch klar Partei. "Wenn man sich die einzelnen Formulierungen anschaut, die ganze Problematik der sexualisierten Gewalt und der Vertuschung auf Bischofsebene, das wird von ihm überhaupt nicht gesehen", kritisiert Weisner. Gänswein habe ein ganz anderes Kirchenverständnis und die Kirchenkrise sei bei ihm noch gar nicht angekommen. "Das wird alles weggedeutet. Er bringt die Kirche nur zurück und nicht nach vorne."

Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.