Eine Auslagerung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union wäre möglich, aber praktisch nicht so einfach umzusetzen. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesinnenministerium (BMI) in seinem Abschlussbericht zum sogenannten Drittstaatenmodell, den die Ministerpräsidentenkonferenz im November 2023 erbeten hatte.
Entscheidend bei Kooperationen mit Drittstaaten sei "ein eng abgestimmtes gemeinsames Vorgehen der Europäischen Union", folgerte die scheidende Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die den Bericht am Sonntag vorlegte.
Untersuchung zeigt: Alle Modelle wären theoretisch rechtlich möglich
Betrachtet wurden drei Varianten:
- Das von Großbritannien inzwischen verworfene "Ruanda-Modell". Das sah vor, Asylbewerber in ein anderes Land zu bringen – in diesem Fall Ruanda –, wo sie dann ein Asylverfahren durchlaufen sollten.
- Das durch mehrere Gerichtsurteile verhinderte "Albanien-Modell", bei dem Italien bestimmte Bootsmigranten bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag in albanischen Lagern unterbringen wollte.
- Sogenannte "Hinweg-Modelle", bei denen ein Schutzersuchen, bevor jemand europäischen Boden erreicht, in einem Transitstaat geprüft wird.
In dem Bericht heißt es: "Alle Modelle erscheinen – teilweise nach wesentlichen Rechtsänderungen – grundsätzlich rechtlich möglich", in praktischer Hinsicht seien sie aber mit teils erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
Umsetzung "unrealistisch"
Eine Anwendung von Drittstaatsmodellen auf eine Vielzahl von Asylantragstellern sei "unrealistisch", weil "erhebliche Hürden, insbesondere mit Blick auf den Menschenrechtsschutz und Rechtstaatlichkeit im Drittstaat" bestehen, wie es in dem Bericht heißt. "Die Erfahrungen anderer Staaten sowie die im Bericht (...) ausführlich dargelegten Herausforderungen und Schwierigkeiten führen dazu, dass die Anwendung des Drittstaatenkonzepts nicht als Massenverfahren taugt", führt der Bericht weiter aus. "Es kann allenfalls einen Baustein von vielen zur Migrationssteuerung darstellen. Hierfür wäre es notwendig, seine Anwendung auf bestimmte Fall- oder Personengruppen zu beschränken."
Eine Umsetzung sicherer Drittstaatenkonzepte könne dem Bericht zufolge allenfalls auf europäischer Ebene gelingen. Weiter heißt es jedoch: "Allerdings gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass diese Drittstaaten bereit wären, über eine entsprechende Kooperation zu verhandeln." Über mögliche politische Schlussfolgerungen aus dem Bericht werde die künftige Bundesregierung zu entscheiden haben, teilte das Innenministerium mit.
Faeser warnt vor "immensen Kosten"
"Kooperationen mit Drittstaaten können ein weiterer Baustein sein, um irreguläre Migration zu begrenzen", sagte Faeser, deren Amt in wenigen Tagen der CSU-Politiker Alexander Dobrindt übernehmen soll. Die Erfahrungen Großbritanniens zeigten aber, "dass solche Versuche auch immense Kosten verursachen und auf ganzer Linie scheitern können". Dies müsse in eine realistische Betrachtung einfließen.
Der von der früheren konservativen britischen Regierung mit Ruanda geschlossene Asylpakt hat den Steuerzahler nach Angaben der neuen britischen Innenministerin Yvette Cooper mehr als 700 Millionen Pfund (etwa 830 Millionen Euro) gekostet. Die neue Labour-Regierung unter Premierminister Keir Starmer kippte den Asylpakt, nachdem seine Partei am 4. Juli die Parlamentswahl gewonnen hatte.
Mit Informationen von dpa, AFP, Reuters und epd
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