Ein eisiger Sturm hat großen Teilen der USA ein Weihnachten mit Blizzards, Eisregen, Überschwemmungen und lebensgefährlichen Temperaturstürzen beschert. Der Wetterdienst sagte für das Feiertagswochenende Eiswindböen in der Mitte und im Osten des Landes voraus. Für etwa 60 Prozent der Bevölkerung galten Warnungen vor Winterwetter. Der Sender NBC berichtet von insgesamt 17 Toten. Die Ursache seien in fast allen Fällen wetterbedingte Verkehrsunfälle, hieß es.
Mehrere Bundesstaaten verhängten den Notstand, darunter New York, Oklahoma und Kentucky. Fluggesellschaften sagten bisher mehr als 5.700 Flüge ab. Zahlreiche Straßen wurden gesperrt. Auf vielen Straßen kam der Verkehr komplett zum Erliegen. Wegen der winterlichen Bedingungen wurden auch in Kanada am Freitag zahlreiche Flüge gestrichen, in den Provinzen Ontario und Québec wurden Schulen geschlossen.
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Hunderte Menschen in Notunterkünften
Die Behörden empfahlen dringend, Vorkehrungen zu treffen, sich um ältere Menschen, Obdachlose und Vieh zu kümmern und - wenn möglich - auf Reisen zu verzichten. In Detroit holten Helfer Obdachlose aus der Kälte. In der einer Unterkunft mit normalerweise 100 Plätzen drängten sich am Freitag fast 170 Kinder und Erwachsene. Man könne die Leute ja jetzt nicht fortschicken, sagte Faith Fowler vom Betreiber Cass Community Social Services. In Portland suchten Unterkunftsbetreiber wegen des Ansturms nach Freiwilligen.
Im Staat New York rief Gouverneurin Kathy Hochul den Notstand aus. In Teilen von New York City setzte die Flut Straßen, Häuser und Geschäfte unter Wasser. Auch in Boston überschwemmte Regen in Kombination mit einer starken Gezeitenflut Straßen in der Innenstadt.
Frostwarnungen bis in den Süden nach Florida
Der US-Wetterdienst (NWS) sprach von einem "historischen" Ereignis. Die Temperaturen seien inzwischen auf bis zu minus 48 Grad Celsius gestürzt. Auch die Größe der arktischen Kaltfront sei außergewöhnlich. Die Kältezone reichte von den Großen Seen bis hinunter zum Rio Grande an der mexikanischen Grenze. Selbst im sonnigen Florida gab es Frostwarnungen.
Zwischen den Rocky Mountains und den Appalachen fielen die Temperaturen weit unter die sonst üblichen Werte. Unter diesem Umständen könne man sich im Freien binnen Minuten Erfrierungen holen, warnte der Wetterdienst. An der Pazifikküste im Nordwesten überzog gefrierender Regen Oberflächen mit einer Eisschicht. An der Ostküste bestand die Gefahr von Überschwemmungen.
Temperaturen sinken auf bis zu minus 46 Grad Celsius
Auf Mount Washington, dem höchsten Gipfel im Nordosten der USA, peitschte der Wind mit einer Geschwindigkeit von über 150 Stundenkilometern. Im Staat Montana sanken die Temperaturen bereits auf minus 46 Grad Celsius. In South Dakota gab es mehr als drei Meter hohe Schneeverwehungen.
Der örtliche Wetterdienst in Minnesota warnte vor Reisen. "Dieses Ereignis könnte lebensbedrohlich sein, wenn Sie bei Windstärken zwischen 30 und 45 Grad unter Null stranden", erklärte er. Die Polizei berichtete dort von Dutzenden Unfällen und von der Straße abgekommenen Fahrzeugen.
Meteorologen warnten vor einem "Bomben-Zyklon" an den Großen Seen nahe der Grenze zu Kanada, der entsteht, wenn der Luftdruck in einem Tiefdruckgebiet ungewöhnlich schnell abfällt. Die Folge seien wüste Schneestürme - Blizzards - und Temperaturstürze um mehrere Dutzend Grad innerhalb einiger Stunden.
Millionen Reisende gestrandet
In der Kälte saßen Millionen Weihnachtsurlauber fest, weil Straßen gesperrt waren, Flüge abgesagt wurden und Züge nicht mehr fuhren. Dazu kamen zahlreiche Stromausfälle. Mindestens vier Menschen starben bei einer Massenkarambolage mit mindestens 50 beteiligten Fahrzeugen im Staat Ohio. In Kansas City, im Staat Missouri, starb ein Fahrer, nachdem sein Auto am Donnerstag in einen Fluss schlitterte. Drei weitere Menschen kamen bereits am Mittwoch bei Unfällen auf vereisten Straßen im Staat Kansas ums Leben.
Rettungskräfte kommen nicht mehr zu eingeschneiten Menschen
Im benachbarten South Dakota fror bei minus 40,5 Grad Celsius in Räumgeräten die Hydraulikflüssigkeit ein, so dass sie nichts mehr gegen die meterhohen Schneeverwehungen ausrichten konnten. Am Mittwoch seien die Rettungskräfte bei 15 Rettungseinsätzen noch zu in ihren Häusern eingeschlossenen Menschen durchgekommen, jetzt hätten sie die Arbeit einstellen müssen, sagte Einsatzleiter Robert Oliver. Gegen dieses Wetter reiche die Ausrüstung einfach nicht aus.

Der Osten der USA leidet weiter unter strenger Kälte und Schneestürmen.
Unwetterwarnung an mehr als 200 Millionen Menschen verschickt
Mehr als 200 Millionen Menschen hatten am Vorweihnachtstag Unwetterwarnungen erhalten. Betroffen waren zunächst vor allem der Norden und der mittlere Westen des Landes. Doch auch in Bundesstaaten im Süden des Landes gab es Warnungen vor extremem Frost. In der Nacht zum Samstag sollte sich der Sturm mehr in den östlichen Teil der USA verlagern. In den östlichen zwei Dritteln des Landes werde zum Feiertagswochenende "gefährliche Kälte" erwartet, warnte der US-Wetterdienst.
"Ich bitte alle, heute Abend nicht auf die Straße zu gehen, da sich die Bedingungen verschlechtern werden, wenn die Temperaturen im ganzen Bundesstaat weiter sinken. Packen Sie sich warm ein, bleiben Sie drinnen und passen Sie dieses Wochenende auf sich auf", rief die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, die Einwohner auf.
US-Präsident Biden warnt: "Nicht wie ein Schneetag aus Kinderzeiten"
US-Medien warnten unter Berufung auf Wetterexperten vor der möglichen Entstehung eines besonderen und schweren Sturms, eines sogenannten "Bombenzyklons". In den Bundesstaaten Montana, South Dakota und Wyoming seien bereits Werte um minus 45 Grad Celsius gemessen worden. In Denver im US-Bundesstaat Colorado fielen die Temperaturen laut Meteorologen beim Durchzug der arktischen Kaltfront innerhalb von 24 Stunden um rund 40 Grad. "Dies ist nicht wie ein Schneetag aus Kinderzeiten", warnte US-Präsident Joe Biden.
Tausende Flüge annulliert - Chaos an den Flughäfen
Chaotische Szenen gab es bereits am Freitag an den Flughäfen. Vor allem Passagiere im Norden, rund um die großen Seen, mussten Reisen absagen. Die Flughäfen in Chicago und Detroit gehören zu den wichtigsten Drehkreuzen des Landes. Auf einem Video, das der TV-Sender Weather Channel auf seiner Webseite veröffentlichte, war zu sehen, wie eine ganze Armada von Schneepflügen versuchte, das Rollfeld des Chicago O'Hare International Airport freizuschaufeln.
Mit Informationen von dpa, AFP, AP und Reuters
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