Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erteilte einer Verschärfung des Waffengesetzes im BR24-Interview eine indirekte Absage: "Mir ist nicht klar, was dabei rauskommen soll." Bereits jetzt würden alle, die einen Waffenschein bekommen möchten, verfassungsrechtlich überprüft, versicherte der Innenminister. In Bezug auf die Reichsbürger müsse man vielmehr abwarten, was die laufenden Vernehmungen der Verdächtigen sowie die Hausdurchsuchungen ergeben. "Und erst, wenn wir die Auswertung vorliegen haben, können wir auch vernünftige Schlüsse daraus ziehen."
Herrmann kündigt verstärkte Waffen-Kontrollen in Bayern an
Für die Zukunft hat Herrmann mehr Waffenkontrollen in Bayern angekündigt. Diesbezüglich würden auch die Kommunen nochmal gebrieft. Dass dies in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt wurde, ergab im Juli 2021 eine Recherche des BR-Politikmagazins kontrovers. Demnach fanden im Jahr 2019 nur 9.243 Kontrollen statt. Bei 216.885 Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzern in Bayern heißt das, dass diese im Schnitt nur alle 23 Jahre mit einer Kontrolle rechnen müssen.
Schützenverband: Waffengesetz-Verschärfung löst nicht Hauptproblem
Beim Bayerischen Sportschützenverband, Vertreter der rund 470.000 Sportschützinnen und Sportschützen in Bayern, ist man ebenfalls über eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts nicht erfreut. "Wir wissen im Detail noch nicht, was verschärft werden soll", sagt Christian Kühn, der erste Landesschützenmeister des Bayerischen Sportschützenbunds (BSSB). Eine "pauschale Verschärfung" lehnt er ab: "Weil das Hauptproblem dadurch ja nicht gelöst wird, nämlich der illegale Waffenbesitz." Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht im illegalen Waffenbesitz das größte Problem. "Dem komme ich allein durch eine Verschärfung des Waffenrechts nicht bei", so Herrmann.
Seit 2020: Verfassungsrechtliche Überprüfung
Zuletzt wurde das Waffenrecht im Jahr 2020 verschärft. Seither müssen laut Bayerischem Innenministerium Besitzerinnen und Besitzer eines Waffenscheins alle fünf Jahre nachweisen, dass sie ein "waffenrechtliches Bedürfnis" haben - also zum Beispiel, weil sie Sportschützinnen, Jäger oder Polizistinnen sind. Außerdem werde seither jeder, der im Besitz einer Waffe ist oder dies sein möchte, verfassungsrechtlich überprüft, und zwar regelmäßig.
Auch müssen seit 2020 alle wesentlichen Teile von Schusswaffen gekennzeichnet werden – das heißt: Rohr, Griff, Abzug, Munition und Verschluss bekommen in der Regel eine Nummer und einen Beschussstempel. Zudem wurden sogenannte "große Magazine" (mit mehr als 20 Patronen für Kurz- und 10 Patronen für Langwaffen) verboten. Für alte Magazine gilt allerdings weiterhin ein Bestandsschutz.
Illegale Waffen kommen meist aus ehemaligen Kriegsgebieten
Oft gerieten Waffen während eines Krieges in falsche Hände und würden Jahre später geschmuggelt. Derzeit kommen viele illegale Waffen aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens, sagt Ludwig Waldinger vom Bayerischen Landeskriminalamt (LKA). "In den 90er-Jahren wurden unglaublich viele Waffen dort hergestellt."
Gut zwanzig Jahre nach dem Ende der Balkan-Kriege werde mit diesen Waffen noch immer gehandelt. "Diese Waffen sind vorhanden und wollen Abnehmer, da gibt es fast eine Art Waffen-Mafia, die weltweit diese Waffen wieder verkauft." Ein ähnliches Problem könnte Waldinger zufolge möglicherweise im aktuellen Ukraine-Konflikt aufkommen. Nach dem Jugoslawien-Krieg habe "auch nicht unmittelbar danach der Waffenschmuggel angefangen, sondern das hat viele Jahre gedauert und geht immer noch, das kann uns natürlich auch passieren."
Europol bestätigt Waffenhandel in der Ukraine
Tatsächlich bestätigte die europäische Polizeibehörde Europol im Juli dieses Jahres gegenüber der Deutschen Presseagentur, dass es Erkenntnisse auf einen Waffenhandel in der Ukraine gebe – vor allem mit schweren militärischen Waffen.
Nach den Worten des Europol-Sprechers Jan Op Gen Oorth wurde auch beobachtet, dass Einzelpersonen die Ukraine mit Schusswaffen verließen. Weiterhin bestehe die Sorge, dass Waffen und Munition entlang der Grenze gelagert würden, um in die EU geschmuggelt zu werden.
LKA hat Darknet im Visier: "Jede illegale Waffe ist eine zu viel"
Die Bekämpfung des illegalen Waffenhandels sei beim Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) einer der Schwerpunkte. "Wir sind natürlich stark interessiert, dass es keine illegalen Waffen in Bayern oder in Deutschland gibt", sagt LKA-Sprecher Waldinger. Wer im Darknet eine Waffe bestelle, sollte nicht glauben, anonym unterwegs zu sein.
Das LKA verfolge nicht nur den Weg des Geldes zurück, sondern die Polizei versucht auch mit verdeckten Ermittlern, die Wege illegaler Waffen aufzudecken. "Ob man tatsächlich an einen richtigen Verkäufer kommt oder ob man an einen Polizisten kommt, der einem eine Falle stellt, diese Gefahr muss man immer betrachten", so Waldinger.

Nach den Reichbürger-Razzien diskutierte heute der Innen- und Rechtsausschuss des Bundestags härtere Maßnahmen.
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