Das Signal, dass die Türkei nicht zu Europa gehöre, schwäche die demokratischen Kräften in der Türkei, die dort versuchten die Demokratie zurückzugewinnen. "Union und SPD tun im Bundestagswahlkampf so, als ob die Türkei nur aus Erdogan und seinen Anhängern besteht", so Gökay Sofuoglu. Dabei sei die Mehrheit in der Türkei demokratisch gesonnen. "Die deutsche Regierung muss auch bedenken, dass es eine Zeit nach Erdogan geben wird."
Grüne gegen Abbruch der Verhandlungen, Linke dafür
Aus dem gleichen Grund sind auch die Grünen dagegen, die Beitrittsverhandlungen endgültig zu beenden. Die Gespräche lägen zu Recht vorerst auf Eis, sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt am Montagabend im ZDF. Aber: "Den demokratischen Kräften in der Türkei schließen wir nicht die Tür. Herrn Erdogan, ja. Aber den demokratischen Kräften ganz bestimmt nicht."
Sie kritisierte wie Linke-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch, dass die Bundesregierung andere möglich Maßnahmen gegen die Türkei nicht umsetze. Es würden weiter Waffen an Ankara exportiert und Hermes-Bürgschaften für Geschäfte mit der Türkei gewährt. "Sie reden viel, aber machen nichts, und damit stärken sie definitiv Herrn Erdogan", sagte Bartsch an die Adresse der Regierung. Anders als die Grünen ist die Linke aber für einen Abbruch der Verhandlungen.
Grünen-Chef Cem Özdemir gab in der "Rhein-Neckar-Zeitung" auch zu bedenken: "Ein Abbruch der Beitrittsverhandlungen würde Erdogan nicht treffen, sondern ihm neues Futter für seine Propagandamaschine geben."
Beim Fernsehduell am Sonntag hatten sich sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz für einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit Ankara ausgesprochen.