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Koalitionsverhandlungen

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Koalitionsverhandlungen: Guter Wille und keine roten Linien

Koalitionsverhandlungen: Guter Wille und keine roten Linien

Union und SPD sind zur entscheidenden Runde der Koalitionsverhandlungen zusammen gekommen. Im Willy-Brandt-Haus wollen die drei Parteien die letzten Hürden überwinden. Es könnte wieder eine lange Nachtsitzung werden. Von Anita Fünffinger

Martin Schulz wirkt ein wenig aufgeregt, nervös blickt er in die Runde der versammelten Journalisten. Der SPD-Parteichef ist Gastgeber der möglicherweise letzten Runde der Koalitionsverhandlungen mit der Union.

„Wir wollen der Bundesrepublik Deutschland eine stabile Regierung geben. Und deshalb muss man sich am Ende auch die notwendige Zeit nehmen, die man braucht.“ (Martin Schulz, SPD-Parteichef)

Müde wirkende Parteichefs beteuern ihren Willen zur Einigung

Abgekämpft sieht er aus, morgens um 10 Uhr, dabei muss er vermutlich noch lange durchhalten:

Es werde ein harter Verhandlungstag, der vielleicht auch bis in den späten Abend oder in die Nacht geht, so Schulz. Angela Merkel wirkt ähnlich müde wie Schulz. Sie fasst sich sehr kurz, auch die Kanzlerin spricht von der „entscheidenden Runde“:

„Ich gehe mit gutem Willen, aber auch mit einer gewissen Erwartung, dass noch schwere Verhandlungsstunden auf uns zukommen, in die heutige Sitzung.“ (Angela Merkel, CDU-Vorsitzende)

Mieten, Arbeitsmarkt und Zweiklassenmedizin letzte Knackpunkte

Martin Schulz sieht insbesondere in sozialpolitischen Fragen noch Diskussionsbedarf. Die Zweiklassenmedizin wolle die SPD abbauen, sagt Schulz. Der SPD-Chef weiß, dass es hier nur noch um punktuelle Verbesserungen für gesetzlich Versicherte gehen kann. Denn die Bürgerversicherung, so wie die SPD anfangs gefordert hatte, wird mit der Union auf keinen Fall durchzusetzen sein:

„Wir haben keine roten Linien, wir wollen möglichst viel rote Politik durchsetzen.“ (Martin Schulz, SPD-Parteichef)

Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen liegt der SPD schwer im Magen. Die Sozialdemokraten wollen weg vom Prinzip, dass sich vor allem Berufsanfänger von einem Arbeitsvertrag zum nächsten hangeln müssen. Die Union argumentiert dagegen, eine Befristung gebe den Arbeitgebern die nötige Flexibilität. In der Mietpolitik ist den Verhandlern klar, dass sie etwas gegen die aus dem Ruder laufenden Mieten vor allem in Großstädten tun müssen. Die bereits bestehende Mietpreisbremse erwies sich als nahezu wirkungslos.

Schulz und Merkel stehen unter Druck

Ganz gleich, worauf sich Union und SPD heute einigen, über der SPD-Führung schwebt noch ein Damokles-Schwert. Das sind die 440.000 Parteimitglieder. Ihnen wird der Koalitionsvertrag am Ende vorgelegt. Niemand kann voraussagen, ob sie am Ende nicht doch mit NEIN stimmen, denn die Skepsis gegenüber einer dritten Großen Koalition unter der Führung von Angela Merkel ist groß. Allerdings kann sich die Kanzlerin ebenfalls nicht entspannen. Scheitern nach den Jamaika-Gesprächen auch die Verhandlungen mit den Sozialdemokraten, dürfte das Ende ihrer Kanzlerschaft besiegelt sein.