Wie kann die Energiewende funktionieren? Zu dieser Frage hat sich die Landtagsfraktion der Grünen bei ihrer Klausur in Bad Wörishofen im benachbarten Fuchstal ein Vorzeigeprojekt angesehen.
Fuchstal: Mit Windkraft 20 Prozent Rendite
Seit 2016 betreibt dort die Bürgerwindkraft Fuchstal vier Windräder. Eine win-win-Situation, wie Bürgermeister Erwin Karg versichert. Noch in diesem Jahr sollen drei weitere dazu kommen. Für die Landtags-Grünen ein Vorzeigeprojekt nach dem Motto "Mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben".
Immerhin hat die Anlage laut Karg im vergangenen Jahr 20 Prozent Rendite gebracht. Die Hälfte nutzte die Gemeinde zum Bau eines Sportheims und der Verbesserung der Kinderbetreuung, die andere Hälfte ging an die beteiligten Bürger.
Hartmann: Für Windausbau muss man nicht auf die Staatsregierung warten
"Allerdings war der Weg dahin nicht leicht", sagt Karg. Wenn er gewusst hätte, was da auf ihn zukommt, hätte er "lieber eine Flasche Bier aufgemacht". Gut, dass er an seinem Weg festgehalten hat. Er weiß auch, warum er so viel Erfolg hat: "Wir waren mit die Ersten in dem Bereich", erzählt Karg.
Fraktionschef Ludwig Hartmann möchte in Bayern möglichst viele Nachahmer für die Windkraft finden: "Es geht darum zu zeigen: Es geht! Man muss nicht auf die Staatsregierung warten." Allein im Allgäu wären riesige Flächen für Windkraft vorhanden.
Grüne positionieren sich für Landtagswahl
Für die Grünen ist es auch wichtig, eine möglichst gute Ausgangsposition für die anstehende Landtagswahl im Herbst herauszuholen. Die aktuellen Meinungsumfragen deuten nicht auf eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen in Bayern hin. Aber diesen Kummer sind die Grünen im Freistaat gewohnt.
Diesmal wollen sie davon profitieren, dass die Energiewende auf der Tagesordnung steht und möglichst schnell umgesetzt werden soll: Die Söder-Regierung scheue Veränderung und verharre in ihrem alten Denken, heißt es bei den Grünen. Das sei inzwischen zum Standortnachteil für Bayern geworden.
"Regierungszentrum" soll Klimaschutz und Energie sichern
Um die Rückschläge in der Klimapolitik beispielsweise durch den Ukraine-Krieg auszugleichen, wollen die Grünen ein "Regierungszentrum Energie und Klimaschutz" gründen. Die Gesellschaft könne nicht wegen des Ukraine-Krieges den Klimaschutz auf die lange Bank schieben, so Hartmann.
Das Regierungszentrum soll unabhängig sein wie der Rechnungshof, aber mit weitreichenderen Kompetenzen. Es soll auch überwachen, ob die Klimaziele erreicht werden.
Grüne fordern zehn Milliarden in Bayern für Klimaschutz
In den kommenden fünf Jahren wollen die Grünen außerdem zehn Milliarden Euro im Freistaat in die Energiewende stecken und mit einem 70-Punkte-Maßnahmen-Katalog gleich loslegen. Dazu gehören laut Hartmann flächendeckende Energieagenturen als Anlaufstelle für energetische Sanierungen sowie Klimaschutzmanager in den Regionen.
Und Hartmann zählt auf, was er sich davon verspricht: "Mehr Wertschöpfung in der Region, mehr Klimaschutz und mehr Freiheit." Wenn es den Grünen gelinge, den Einzelnen für die Energiewende zu gewinnen, dann sei ihm auch um die Landtagswahl im Herbst nicht bange, so Hartmann.
Wahlziel: Möglichst viel über 20 Prozent
Als Wahlziel gab Hartmann "20 Prozent plus sehr, sehr dickes x". In Bayern soll an den Grünen vorbei nicht mehr regiert werden können. Seine Mitvorsitzende, Katharina Schulze, gab sich kämpferisch: Vor der vergangenen Wahl hätten die Grünen 14 Prozent in den Umfragen gehabt, seien am Ende bei fast 18 Prozent rausgekommen: "Wir werden in den Bierzelten sein, auf den Marktplätzen sein, dort sein, wo man uns vielleicht im ersten Moment nicht erwartet, aber wo wir genauso hingehören."
Bundesvorsitzende Lang: Bayern war eher Teil des Problems
Zum Abschluss der Klausur kam auch die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang. Auch sie setzte darauf, dass die Grünen in Bayern künftig mitregieren. Zur Lösung der aktuellen Probleme sei die Bundesregierung auch auf die Landesregierungen angewiesen: "Ehrlicherweise muss man sagen, da war Bayern in den letzten Jahren eher Teil des Problems als Teil der Lösung." Das soll sich im Herbst ändern.
Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze im BR-Interview
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