Annalena Baerbocks erster Besuch in Neu Delhi begann mit einer Huldigung: Barfuß und mit roten Rosenblütenblättern in den Händen trat die deutsche Außenministerin an jene Gedenkstätte heran, die dem im Jahr 1948 an genau dieser Stelle ermordeten Friedens- und Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi gewidmet ist. Es ist ein fast schon erstaunlich ruhiger, friedlicher Ort inmitten der sonst so lauten, trubeligen 21-Millionen-Metropole. Klanglich begleitet wird Annalena Baerbock nur vom Zwitschern der Vögel und dem Klicken der Kameras.
Baerbock betont Verbundenheit mit Indien
Dass die Grünen-Politikerin ihren Antrittsbesuch mit einer tiefen Verneigung vor dem indischen Nationalhelden einleitet, ist auch eine Verbeugung vor jenem Land, das weltpolitisch immer bedeutsamer wird – und für Deutschland als Partner ebenfalls: "Obwohl dies mein erster offizieller Besuch in Indien ist, fühlt es sich gar nicht nach einem ersten Besuch an, sondern eher, als würde man einen guten Freund besuchen", bekundete die Grünen-Politikerin nach dem Treffen mit ihrem indischen Amtskollegen Subrahmanyam Jaishankar.
Streitpunkt Russland-Politik
Doch auch das Gefühl des Willkommen-Seins und die Betonung von Seiten Baerbocks, dass Deutschland und Indien die gleichen Werte teilten, kann eins nicht überdecken: Im Umgang mit Russland sind Deutschland und Europa auf der einen und Indien auf der anderen Seite derzeit in entgegengesetzten Richtungen unterwegs. Kauft doch Neu Delhi in größerem Stil vergünstigtes russisches Öl als zuvor.
Außenminister Jaishankar muss bereits lächeln, als ihn die deutschen Journalisten danach fragen. Er kennt den Vorwurf: "Zwischen dem 24. Februar und dem 17. November hat die Europäische Union mehr fossile Energie aus Russland importiert als die nächsten zehn Länder zusammengerechnet", wehrt sich der indische Außenminister. Und stellt damit klar, dass sich sein Land nicht vorschreiben lassen will und wird, wie es mit Russland umzugehen habe.
Baerbock: Partnerschaft mit Indien vertiefen
Was die deutsche Außenministerin auch gar nicht erst versucht. Beide betonen, wie sehr sie eine engere Zusammenarbeit auch und gerade im Indo-pazifischen Raum wünschen. Womit man schnell bei China ist. Das Indien als Rivalen betrachtet. Ob Deutschland denn vorhabe – was ein nicht so fernliegender Gedanke ist – aus Indien einen "Ersatzpartner" für China zu machen, wird Annalena Baerbock gefragt: Nein, lautet die kurze Antwort auf "Ersatzpartner". "Denn Indien war schon immer Partner für Deutschland und die Europäische Union. Aber diese Partnerschaft wollen wir weiter vertiefen."
Engere Zusammenarbeit also – nicht nur mit Blick auf China. Auch beim Klimaschutz, beim Ausbau der Erneuerbaren, will Deutschland noch intensiver mit Indien kooperieren. Und die beiden unterzeichneten in Delhi eine sogenannte "Migrations- und Mobilitäts-Partnerschaft", die es Fachkräften oder Auszubildenden erleichtern soll, nach Deutschland zu kommen. Ziel ist es auch, die bisweilen elend langen Wartezeiten für ein deutsches Visum zu verkürzen.
Ausklang in der Altstadt Delhis
Im Anschluss an ihr Treffen mit ihrem indischen Außenministerkollegen ging es für Annalena Baerbock mit der hochmodernen Metro in die ebenso laute wie hektische Altstadt, nach Old Delhi also. Was klanglich das krasse Gegenprogramm zum eher ruhigen Start in den Tag an der Gedenkstätte für Mahatma Gandhi darstellte.
In der Altstadt besuchte Baerbock einen Gurdwara, einen von der Religionsgemeinschaft der Sikhs betriebenen Tempel. Beim bloßen Anschauen und Staunen blieb es nicht: Die Ministerin wurde gebeten, beim Herstellen von Chapatis, also indischem Brot zu helfen und griff also zur Teigrolle. Traditionell verköstigen die Sikhs ihre Tempelbesucher kostenlos. Ein solcher Besuch wäre übrigens ganz im Sinne Mahatma Gandhis gewesen- der stets für Toleranz und friedliches Zusammenleben der Religionen eintrat.

Baerbock in Indien: Gedenken an Gandhi und globale Probleme
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