Das Güteverfahren im Genderprozess am Landgericht Ingolstadt ist gescheitert. Die Audi AG wird keinen Vergleich schließen, heißt es vom Anwalt des Autobauers - der Prozess geht also weiter.
Kläger ist ein Volkswagen-Mitarbeiter, der sich gegen die Gendersprache bei der Konzerntochter Audi wendet. Er sieht durch einen neuen Sprach-Leitfaden seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte verletzt. Vor dem Landgericht Ingolstadt zitierte der Kläger aus Arbeitsanweisungen von Audi an ihn mit Formulierungen wie:
"Der_die BSM-Expert_in ist qualifizierte_r Fachexpert_in".
Der Vorsitzende Richter schlug zur gütlichen Einigung vor, den Kläger künftig in herkömmlicher Sprache anzuschreiben. Die Audi-Anwälte lehnten dies aber kategorisch ab. Laut Richter soll die Entscheidung nun am 29. Juli verkündet werden.
Audi: Individuelle Lösung nicht praktikabel
Audi argumentiert, es sei nicht möglich, jeden Mailverteiler daraufhin zu kontrollieren, ob der Kläger aufgeführt ist, und die Inhalte dann für ihn individuell zu verändern. Zudem fürchte man, dass sonst weitere Personen ebenfalls eine solche Regelung erstreiten und man dann bei immer mehr Kontaktpersonen auf die Kommunikation achten müsste. Das sei bei der Größe des Konzerns nicht stemmbar.
Einzelfall oder Grundsatzentscheidung?
Im Gericht war es zuvor zu teils hitzigen Diskussionen zwischen den Parteien gekommen. Laut den Aussagen der Anwälte des Klägers gehe es um die individuelle Betroffenheit ihres Mandanten. Daran hatte der Vorsitzende der Zivilkammer erhebliche Zweifel und zitierte aus der örtlichen Tageszeitung, wonach einer der Anwälte in einem Interview von einer Grundsatzentscheidung spricht.
Dirk Giesen, Anwalt des Klägers, erwiderte, es sei immerhin ein Prozess mit Signalwirkung. Er betonte jedoch, sie würden sich nicht als "Robin Hood der deutschen Sprache" sehen und wollten nur für die Bedürfnisse des Mandanten eintreten.
Für Verwunderung beim Richter sorgte zudem, dass Medienberichte zum Verfahren bereits vor Klageeinreichung kursierten. Er stellt in den Raum, ob die Anwälte das Verfahren medial inszenieren wollten. Zudem wird die Klage vom Verein Deutsche Sprache unterstützt, der das Gendern als "Ideologie" ablehnt.
Diese Zeilen aus einem Audi-Dokument hat der Kläger vor Gericht vorgelesen.
Umstritten: "Gendersensible Formulierungen" bei Audi
Audi führte den Leitfaden "zur besseren Sichtbarkeit geschlechtlicher Vielfalt" im März 2021 ein und erklärte, das Unternehmen wolle "gendersensible Formulierungen von nun an in der internen und externen schriftlichen Audi Kommunikation allgegenwärtig machen".
In allen internen und externen Schreiben des Unternehmens seien gendersensible Formulierungen notwendig. Dazu dienten neutrale Formulierungen (Führungskraft statt Chef) oder der sogenannte Gender Gap, der männliche und weibliche Formen mit einem Unterstrich verbindet (Mitarbeiter_innen).
Kläger von VW möchte "in Ruhe gelassen werden"
Klägeranwalt Dirk Giesen sagte, sein Mandant sei klar für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Aber: "Er möchte in Ruhe gelassen werden mit dieser Gendersprache." Audi solle ihm keine Mails, Mailanhänge und Anweisungen mit Vorgabe des Gender Gaps mehr schicken. Der Richter fasste den Unterlassungsantrag so zusammen: "Der Gender Gap muss weg."
Blick in den Gerichtssaal
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